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​​Ein Verfahren zur Beseitigung von Zweifeln garantiert die Rechtssicherheit nicht

 

Das Oberste Verwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil vom 5. November 2015 unter anderem mit der Frage beschäftigt, inwieweit die Schlussfolgerungen, zu denen die Finanzverwaltung im Rahmen eines Verfahrens zur Beseitigung von Zweifeln kam, für sie zukünftig verbindlich sind. Im vorliegenden Fall hat die Finanzverwaltung bei einer Gesellschaft eine Betriebsprüfung der Mehrwertsteuer für mehrere Besteuerungszeiträume vorgenommen, bei der sie den Anspruch auf Vorsteuerabzug von steuerbaren Eingangsrechnungen nicht anerkannt hat, die zu Reparaturen gekaufter und zum (von der Steuer befreiten) Verkauf bestimmter älterer Immobilien genutzt wurden. Bei einem der geprüften Besteuerungszeiträume ist hierbei der Betriebsprüfung ein Verfahren zur Beseitigung von Zweifeln vorangegangen, bei der die Finanzverwaltung dieselbe Transaktion geprüft und den Anspruch auf Vorsteuerabzug zuerkannt hatte. Die Gesellschaft hat sich gegen die Steuernachbemessung vor allem damit gewehrt, dass sie sich bei der Geltendmachung des Anspruchs auf Vorsteuerabzug auf die Schlussfolgerungen der Finanzverwaltung im Rahmen des verlaufenen Verfahrens zur Beseitigung von Zweifeln verlassen habe. Deswegen sollte ihr dann aus demselben Grunde die Steuer nicht nachbemessen werden. Die Berufungsfinanzdirektion hat diese Einwendung lediglich in Bezug auf den Besteuerungszeitraum akzeptiert, der Gegenstand sowohl des Verfahrens zur Beseitigung von Zweifeln, als auch der späteren Betriebsprüfung war. Bei den sonstigen Besteuerungszeiträumen hat sie die Richtigkeit der Nachbemessung bestätigt.
 
Das Oberste Verwaltungsgericht hat der Auffassung der Berufungsfinanzdirektion zugestimmt. Im Allgemeinen hat es zu der Sache angeführt, dass die Verwaltungspraxis eine bestimmte normative Kraft hat, da das Gesetz im materiellen Sinne nicht nur durch den Text der Rechtsvorschrift, sondern auch durch ihre Auslegung und Anwendung in der Praxis gebildet wird. Die Verwaltungspraxis ist jedoch nicht unveränderlich und es ist möglich, sich von ihr abzuweichen, sofern diese Änderung für die Zukunft, aus rationellen Gründen und für alle Fälle getan wird, welche die durch die Praxis eingeführte Vorgehensweise der Verwaltungsbehörde betrifft. Im vorliegenden Fall konnte die Vorgehensweise der Finanzverwaltung nach Auffassung des Obersten Verwaltungsgerichts bei der Gesellschaft keine legitime Erwartung in Bezug auf die Vorgehensweise bei der Geltendmachung der Mehrwertsteuer begründen. Denn es handelte sich um keine ständige Verwaltungspraxis, da die Finanzverwaltung die Vorgehensweise der Gesellschaft lediglich im Rahmen eines Verfahrens zur Beseitigung von Zweifeln für einen Besteuerungszeitraum akzeptiert hatte. In Bezug auf die Gesellschaft handelte es sich daher um eine einmalige (und zudem falsche) Vorgehensweise, die zur Begründung einer legitimen Erwartung nicht ausreichend ist. Das Oberste Verwaltungsgericht hat die Sache mit der Feststellung abgeschlossen, dass es im vorliegenden Fall nicht möglich ist zuzulassen, dass der Grundsatz des Schutzes des Vertrauens der Gesellschaft das Interesse an der Herstellung der Legalität der Vorgehensweise der Finanzverwaltung überwiegt.

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JUDr. Monika Novotná

Attorney at Law (Tschechische Rep.)

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