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​Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erklärt Abgabenerhöhung und paralleles Finanzstrafverfahren für zulässig

Am 15. November 2016 sprach die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (nachfolgend nur „Gericht”) ein lang erwartetes Urteil in der Sache A. und B. gegen Norwegen. Die Beschwerdeführer wandten im beurteilten Fall eine Verletzung des Artikels 4 des Zusatzprotokolls Nr. 7 zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ein. Dieser Artikel verankert den Grundsatz ne bis in idem – nicht zweimal in derselben Sache, also das Verbot einer Doppelbestrafung.

Beide Beschwerdeführer gaben in Steuerklärungen hohe Einkünfte (in Höhe von umgerechnet mehreren Hunderttausend Euro) aus geschäftlichen Transaktionen nicht an. Die norwegischen Finanzbehörden bemaßen ihnen Steuern nach und verlangten hohe Säumniszuschläge. Zugleich wurden die beiden Beschwerdeführer auch für Steuerhinterziehung im Rahmen eines Strafverfahrens verurteilt. Da durch das Gericht in der Vergangenheit festgestellt wurde, dass auch eine Abgabenerhöhung für die Zwecke des durch Artikel 4 des Zusatzprotokolls Nr. 7 gewährten Schutzes als Strafe gelten könne, stand nun die Frage im Raum, ob die Beschwerdeführer hierdurch nicht tatsächlich zwei Mal bestraft wurden.

Das Gericht räumt jedoch ein, dass auch die Führung eines doppelten Verfahrens und die Auferlegung einer doppelten Strafe für dasselbe Vergehen unter bestimmten Umständen nicht als Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem zu verstehen ist. Wichtig sei, ob beide Verfahren in einem nahen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen und ob im Rahmen des einen Verfahrens das andere berücksichtigt wurde – und zwar sowohl bei der Beweisführung, als auch vor allem bei der Strafbemessung. Die nachfolgende Strafe darf dem Gericht zufolge für den Verurteilten nicht unvorhersehbar sein und darf keine unangemessene Belastung darstellen. Hierzu sei es jedoch in dem beurteilten Fall nicht gekommen, da das Strafgericht bei Auferlegung der Strafe die Tatsache berücksichtigt hatte, dass beiden Beschwerdeführern bereits hohe steuerliche Nebenleistungen auferlegt wurden.

Das gegenständliche Urteil hat große Bedeutung auch für die Tschechische Republik – mit einem ähnlichen Fall befasst sich aktuell auch das Oberste Gericht der Tschechischen Republik und das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte dürfte sich auch auf die große Novelle der Steuergesetzgebung auswirken, die das tschechische Ministerium für Finanzen für April 2017 plant.

Erneut obligatorische Vertretung von Arbeitnehmern in Aufsichtsräten von tschechischen Aktiengesellschaften

Der Entwurf einer Novelle des tschechischen Handelsgesellschaftsgesetzes (Gesetz über Handelskorporationen) sieht für Aktiengesellschaften erneut eine Beteiligung von Arbeitnehmern an der Leitung des Unternehmens durch Wahl von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat vor. Hierbei handelt es sich keineswegs um eine vollkommen neue Regelung, da diese bereits im alten Handelsgesetzbuch der Tschechischen Republik verankert war, die im Zuge der Neufassung des tschechischen Privatrechtes aufgegeben wurde.
 
Nach kaum drei Jahren ab Inkrafttreten des Handelsgesellschaftsgesetzes wird erneut die Verpflichtung gesetzlich geregelt, wonach Aktiengesellschaften ihren Arbeitnehmern ermöglichen müssen, ein Drittel des Aufsichtsrates durch die Arbeitnehmer selbst zu wählen. Gegenüber der alten Regelung des außer Kraft getretenen Handelsgesetzbuches wird sich diese Verpflichtung jedoch nur auf Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern in einem Arbeitsverhältnis beziehen (die alte Regelung bezog sich auf Unternehmen ab 50 Arbeitnehmern). Gesellschaften mit weniger als 500 Arbeitnehmern können sich der gegenständlichen Regelung freiwillig unterwerfen.
 
Die Arbeitnehmer werden Vertreter aus ihrer Mitte oder aber Arbeitnehmervertreter (in dem Unternehmen aktive Gewerkschafter) in den Aufsichtsrat wählen. Die gewählten Vertreter werden in der Regel ein Drittel der Mitglieder des Aufsichtsrates stellen. Dieses Verhältnis kann durch die Satzung der Gesellschaft abgeändert werden, jedoch darf die Anzahl der Arbeitnehmervertreter nicht unter ein Drittel sinken und darf zugleich nicht die Anzahl der durch die Hauptversammlung gewählten Aufsichtsratsmitglieder überschreiten.
 
Gegen die geplante Änderung sprach sich unter anderem der Verband für Industrie und Verkehr der Tschechischen Republik aus, der auf zu viel gesetzliche Änderungen und erhöhte Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Änderung von Satzungen und anderen Maßnahmen zur Anpassung bzw. Regelung der internen Verhältnisse verwies.
 
Dem Entwurf der Novelle stimmte bereits das Abgeordnetenhaus des Parlamentes der Tschechischen Republik zu, die Zustimmung der zweiten Kammer, des Senats, steht derweil noch aus. Nach Annahme und Inkrafttreten der gegenständlichen Regelung werden tschechische Aktiengesellschaften eine Frist von zwei Jahren haben, um ihre internen Strukturen an die geschilderte Gesetzesänderung anzupassen. Sollten Unternehmen dieser Pflicht nicht nachkommen, werden sie durch das Registergericht hierzu aufgefordert. Sollte eine Gesellschaft auch dieser Aufforderung nicht nachkommen, kann das Gericht über deren Auflösung befinden. Dies ist der aktuelle Kenntnisstand zu der gegenständlichen Gesetzesänderung.​

Kontakt

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JUDr. Petra Budíková, LL.M.

Attorney at Law (Tschechische Rep.)

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