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Verlängerung der Rückzahlungsfristen von Verbindlichkeiten  kann als Rechtsmissbrauch gelten

Das Oberste Verwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil vor kurzer Zeit mit den steuerlichen Aspekten der Verlängerung (Verschiebung) der Rückzahlungsfristen von Verpflichtungen nach einem Vertrag befasst, der zwischen einer GmbH als Schuldner und deren geschäftsführenden Gesellschaftern (natürli­chen Personen) als Gläubigern abgeschlossen wurde. Die Verbindlichkeiten (aus Lieferungen von Waren, Anlagen und aus Vermietung) waren in den Jahren 1999 bis 2006 zurückzuzahlen und wurden von der Gesellschaft nur teilweise erfüllt. Die Vertragsparteien haben in den Jahren 2005 und 2008 schriftliche Verträge über die Verlängerung der Rückzahlungsfristen restlicher Verbindlichkeiten – in beiden Fällen bis zum 31.Dezember 2020 – abgeschlossen.
 
Das Finanzamt, dass die Körperschaftsteuer der Gesellschaft für die Jahre 2008 und 2009 geprüft hat, hat festgestellt, dass die Verträge über die Verlängerung der Rückzahlungsfristen von Verpflichtungen abgeschlossen wurden, weil die Gesellschafter ihre Einkommensteuerzahlung verschieben wollten. Am Vertrag aus dem Jahre 2008 war auch die Gesellschaft interessiert, die versucht hat, Verbindlichkeiten, die mehr als 36 Monate überfällig waren, nicht zu besteuern (von mehr als 36 Monaten überfällige Verbindlichkeiten waren zum ersten Mal im Jahre 2008 steuerpflichtig). Das Finanzamt hat die vertraglichen Regelungen als Rechtsmissbrauch beurteilt, wobei Steuernachzahlungen aus überfälligen Verbindlichkeiten nach § 23 Abs. 3 Buchst. a) Pkt. 12 EStG  festgesetzt wurden. 
 
Das Oberste Verwaltungsgericht hat zuerst allgemein festgestellt, dass der unzulässige Rechtsmissbrauch auch im Steuerrecht gilt – nicht nur dann, wenn eine Verhandlung mit dem Ziel geführt wird, einem Dritten einen Schaden zuzufügen, sondern auch dann, wenn es aus objektiven Umständen ersichtlich ist, dass eine Verhandlung mit dem Ziel einer Steuervergünstigung geführt wird. Nach dem Obersten Verwaltungsgericht muss bei der Besteuerung sorgfältig unterschieden werden, ob eine steuerlich optimale Variante aus mehreren einzeln begründeten Möglichkeiten ausgewählt wird (was legitim und gesetzlich zulässig ist) oder eine Entscheidung getroffen wird, dessen einziges Ziel gesetzwidrige Steuervorteile sind. Da die Geschäfte zwischen nahe stehenden Personen oder verbundenen Unternehmen nach der Auffassung des Obersten Verwaltungsgerichtes allgemein oft als Steueroptimierungsmaßnahme dienen, muss jeweils geprüft werden, ob die Geschäfte nicht nur für die Steueroptimierung abgewickelt worden sind.
 
Das Oberste Verwaltungsgericht hat des Weiteren geprüft, ob durch den o.g. Vertragsabschluss nicht ein Rechtsmissbrauch erfolgt ist. Das Oberste Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Lieferungen und Leistungen von der Gesellschaft nach Handels- und Steuerrecht richtig mit dem Liefer- und Leistungszeitpunkt verbucht wurden. Die Gesellschaft war buchführungspflichtig. Sollten auch die Gesellschafter buchführungspflichtig sein, müssten sie Lieferungen und Leistungen mit ihrer Ausführung verbuchen und besteuern, wobei sie steuerrechtliche Wertberichtigungen  nicht bilden konnten. Unter diesen Umständen wäre die Nichterfüllung von Verbindlichkeiten steuerlich neutral, es würden keine Steuervorteile erzielt und es wäre kein Rechtsmissbrauch erfolgt. Da die Nichterfüllung von Verbindlichkeiten in diesem Falle steuerlich neutral wäre, wären die Verträge über die Verlängerung der Rückzahlungsfristen auch steuerlich zulässig, wobei die Erträge aus überfälligen Verbindlichkeiten nach § 23 Abs. 3 Buchst. a) Pkt. 12 EStG (steuerpflichtige Erträge aus überfälligen Verbindlichkeiten) nicht steuerpflichtig wären.
 
Sollten die Gläubiger jedoch nicht buchführungspflichtig sein, wobei sie den Gewinn mit der Einnahmeüberschussrechnung ermitteln, wäre die abweichende Verbuchung der Lieferungen und Leistungen bei der Gesellschaft und den Gläubigern nicht steuerlich neutral. Unter diesen Umständen müssten die Verträge über die atypisch lange Verlängerung der Rückzahlungsfristen von Verbindlichkeiten als Rechtsgeschäfte zwischen nahe stehenden Personen betrachtet werden, deren  einziges Ziel die Erzielung der Steuervorteile war (der Gesellschaft sind Betriebsausgaben mit der Ausführung der Lieferungen entstanden, die Gläubiger erzielten steuerpflichtige Erträge erst mit der Bezahlung). Unter diesen Umständen kann auch nicht damit argumentiert werden, dass die Liquiditätslage der Gesellschaft für ihre weitere Entwicklung verbessert werden sollte, da die Vermögensvorteile des Steuerpflichtigen nicht zu steuerlichen Nachteilen des Fiskusses führen können. Das Oberste Verwaltungsgericht hat darauf hingewiesen, dass die Verlängerung der Rückzahlungsfristen von Verbindlichkeiten atypisch lang war und bei Dritten nicht in Frage kommt. Bei der abweichenden Verbuchung der Verbindlichkeiten beim Schuldner und Gläubiger würde das Oberste Verwaltungsgericht die Verträge über die Verlängerung der Rückzahlungsfristen als unlautere Handlung betrachten, die unbegründet ist und den Grundsatz des Rechtsmissbrauches verletzt.  

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JUDr. Monika Novotná

Attorney at Law (Tschechische Rep.)

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