Umfangreiche Novelle des tschechischen Baugesetzes

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Einleitend:​

Am 1. Januar 2018 trat das Änderungsgesetz Nr. 225/2017 Sb. in Kraft, das die wesentlichste Vorschrift des öffentlichen Baurechts in der Tschechischen Republik, das Gesetz Nr. 183/2006 Sb. über die Raumplanung und die Bauordnung (Baugesetz), wesentlich abänderte. Neben den Änderungen im Baugesetz selbst wurden durch die Novelle auch zahlreiche weitere Gesetze beeinflusst, die das Bauwesen mehr oder weniger betreffen (z.B. das Grundsteuergesetz, das Denkmalpflegegesetz, das Eisenbahngesetz, das Natur- und Landschaftsschutzgesetz etc.). Der Gesetzgeber verspricht sich von der neuen rechtlichen Regelung eine Beschleunigung der Umsetzung von Bauvorhaben, vor allem dank einer Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Welche wichtigsten Änderungen die letzte Novelle des Baugesetzes mit sich bringt, wird im nachstehenden Aufsatz kurz dargelegt.

​Neue Rechtslage für neue Fälle

Im Zusammenhang mit der Verabschiedung der Novelle können natürlich keine Änderungen von einem Tag auf den anderen erwartet werden. Dies vor dem Hintergrund, dass es im Interesse der Aufrechterhaltung der Rechtssicherheit von Bauherren und der Einhaltung der Anforderungen an die Vorhersehbarkeit des Vorgehens der öffentlichen Organe nicht möglich ist, Prozessvorschriften während eines Bauverfahrens zu ändern. Das Verhältnis der neuen Rechtslage zu bisher laufenden Verfahren wird durch Übergangsbestimmungen der Novelle (Art. II) geregelt. Die Grundregel lautet, dass Verfahren, die vor Bauämtern vor dem 1. Januar 2018 liefen und bis zu diesem Tag nicht rechtskräftig beendet wurden, von den Bauämtern nach den bisherigen Rechtsvorschriften zu Ende zu führen sind. Die neue Rechtslage wird in vollem Umfang erst in Fällen und auf Verfahren angewendet, die nach dem 1. Januar 2018 eingeleitet wurden bzw. werden.
 

Schnellere Änderungen der Raumplanungsdokumentation

Mit Wirkung vom 1. Januar 2018 sollen auch Entscheidungsprozesse im Bereich Raumentwicklung zügiger umgesetzt werden. Eine Beschleunigung ist auch bei Änderungen eines Raumordnungs- und eines sog. Regulierungsplans zu erwarten. Das beschleunigte Änderungsverfahren kann bei der Dokumentation Anwendung finden, falls im Zusammenhang mit der beabsichtigten Änderung keine sog. „Variantenlösung“ zu erstellen ist. Eine Aktualisierung können die zuständigen Behörden auch weiterhin sowohl aus eigener Initiative vornehmen, als auch aufgrund eines Antrags berechtigter Personen und Behörden. Eine Vereinfachung besteht bei den neuen verkürzten Verfahren darin, dass es nicht mehr erforderlich ist, Änderungsvorschläge mit den betroffenen Behörden zu verhandeln. Die Stellungnahmen dieser Behörden werden erst in der Phase der Erstellung der entsprechenden Raumplanungsdokumentation eingeholt.
 

Gesamtverfahren

Das wahrscheinlich größte Echo bei der Öffentlichkeit riefen die sog. Gesamtverfahren hervor. Künftig stehen gemäß dem Baugesetz drei Gruppen an Gesamtverfahren zur Verfügung: ein Raumordnungsverfahren in Verbindung mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), ferner ein kombiniertes Raumordnungs- und Bauverfahren und schließlich ein kombiniertes Raumordnungs- und Bauverfahren in Verbindung mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Diese Gesamtverfahren sollen vor allem das Vorgehen der zuständigen Behörden nach dem Baugesetz mit Verfahren nach dem UVP-Gesetz kombinieren.

Obwohl das Baugesetz ein gemeinsames Bau- und Raumplanungsverfahren kannte, konnte dieses Verfahren ausschließlich dann geführt werden, wenn für das Verfahren ein und dasselbe Bauamt zuständig war. Künftig kann jedoch dieses Verfahren auch dann Anwendung finden, wenn für die Verfahren unterschiedliche Bauämter zuständig sind. Von einem Gesamtverfahren kann auch bei der Genehmigung von mehreren Bauten Gebrauch gemacht werden – dann ist für das Verfahren jenes Bauamt zuständig, das für die Baugenehmigung des Hauptbaus zuständig ist. Bei einem gemeinsamen Raumordnungs- und Bauverfahren erlässt das Bauamt eine sog. Gesamtgenehmigung.

Es gilt zu beachten, dass Bauherren auch weiterhin Verfahren gemäß dem Baugesetz und gemäß dem UVP-Gesetz separat führen können. Bereits jetzt warnen einige Stimmen davor, dass ein kombiniertes Verfahren deutlich komplizierter und letztendlich auch länger sein könnte, als die Führung separater Verfahren. Daher ist die Beantragung von Gesamtverfahren anstelle separater Verfahren in jedem konkreten Fall gründlich abzuwägen.      
 

Bauabnahme

Das Baugesetz normierte bereits vor der Novelle Nr. 225/2017 Sb. zwei Typen einer Bauabnahme (in der tschechischen Terminologie „Kollaudierung“), wobei die Vornahme einer von diesen bei einigen Bauten Bedingung dafür war, dass der Bau genutzt werden konnte. Konkret war für die Nutzung dieser Bauten eine Anzeige an das Bauamt oder die Ausgabe einer sog. Bauabnahmegenehmigung notwendig. Das novellierte Baugesetz verlangt keine Anzeige über die Nutzung des Baus mehr, bei einigen Bauten ist jedoch nach wie vor eine Bauabnahmegenehmigung erforderlich; gleichzeitig wird erneut das Institut eines Bauabnahmebescheids eingeführt, das wir bereits aus dem „alten“ Baugesetz kennen (siehe § 79 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 50/1976 Sb.). Eine sog. Bauabnahmegenehmigung wird noch immer beispielsweise bei Bauten der öffentlichen Infrastruktur verlangt, bei denen ein Probebetrieb erforderlich ist, bei Kulturdenkmälern bzw. bei Bauten, deren Eigenschaften die künftigen Nutzer nicht beeinflussen können (Geschäfte, Krankenhäuser, Schulen, industrielle Bauten oder Wohnhäuser etc.). Bei diesen Bauten beantragt der Bauherr auch weiterhin die Ausgabe einer Bauabnahmegenehmigung. Neu wird nur die Frist verkürzt, in der das Bauamt die abschließende Kontrolluntersuchung vornehmen muss, und zwar von 60 auf 45 Tage. Erfüllt der Bau die gesetzlichen Vorgaben, hat das Bauamt binnen 15 Tagen ab der abschließenden Kontrolluntersuchung die Bauabnahmegenehmigung auszugeben. Kommt jedoch das Bauamt zu dem Schluss, dass die Bedingungen für den Erlass der Bauabnahmegenehmigung nicht erfüllt sind oder dass der Antrag auf Ausgabe einer Bauabnahmegenehmigung nicht vollständig ist, wird ein Bauabnahmeverfahren eingeleitet, dessen Beteiligte der Bauherr, der Eigentümer des Baus, falls er nicht mit dem Bauherrn identisch ist, und u.U. auch der Eigentümer des Grundstücks sind. In diesem Verfahren gibt das Bauamt einen Bauabnahmebescheid aus oder es weist den Antrag zurück. Die Bauabnahmegenehmigung bzw. der Bauabnahmebescheid werden jeweils von dem Bauamt ausgegeben, das den Bau genehmigte.     
 

Fazit

Die letzte Novelle des tschechischen Baugesetzes bringt umfangreiche Änderungen des Baurechts mit sich (das Baugesetz wurde in mehr als 300 Punkten novelliert). Inwieweit die Änderungen zur Erreichung der vom Gesetzgeber festgelegten Ziele führen werden, ist derzeit nur schwer abzuschätzen. Andererseits eröffnete die Novelle sicherlich bestimmte Möglichkeiten zu einer schnelleren Umsetzung von Bauvorhaben.

Für eine nähere Erörterung von Fragen des Baurechts stehen wir Ihnen jederzeit gern zur Verfügung.

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Olaf Naatz, LL.M.

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