​Das Oberste Gericht der Tschechi­schen Republik entschied über die Frist für den Ergebnis­verwendungs­beschluss

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Die Auslegung der früheren rechtlichen Regelung, konkret des Gesetzes Nr. 513/1991 Slg. der Tschechischen Republik, Handelsgesetzbuch, lief im Lichte der damaligen Recht­sprechung darauf hinaus, dass ein Beschluss über die Ergebnisverwendung spätestens binnen 6 Monaten nach Ablauf des letzten Tages des vorausgehenden Geschäftsjahres auf Grundlage des festgestellten Jahresabschlusses oder einer Sonderbilanz gefasst werden sollte. Wenn wir davon ausgehen, dass das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, musste über die Ergebnisverwendung bis zum letzten Tag des Monats Juni entschieden werden.
   
Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 90/2012 Slg. der Tschechischen Republik über Handelsgesellschaften und Genossenschaften (nachfolgend nur „Handelsgesellschaftsgesetz”) wurde diese Auslegung übernommen, obwohl die Fachöffentlichkeit geteilter Meinung war, insbesondere, was die sog. Prüfung der Insolvenzgründe anbelangt. Diese Prüfung besteht darin, dass keine Gewinnausschüttung erfolgen darf, wenn die Gesellschaft dadurch in Insolvenz geraten würde. Zwar war in der vorherigen rechtlichen Regelung keine Insolvenzprüfung verankert, aber es ist davon auszugehen, dass jedes satzungsmäßige Organ eine derartige Prüfung vorgenommen hat, da es gegen die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmanns verstoßen hätte, wenn die Gesellschaft wegen Gewinnausschüttung in Insolvenz geraten wäre. Auch der Standpunkt der Autoren des ersten Kommentars zum Handelsgesellschaftsgesetz (Verlag C.H. Beck) entsprach der Übernahme der bisherigen Auslegung und der bisherigen Praxis und nicht zuletzt auch der Rechtsprechung, die vor 1.1.2014 erschienen ist. Obwohl viele der Auffassung waren, dass die sechsmonatige Frist sehr einschränkend war, hat sich die faktische Vorgehensweise der Gesellschaftsorgane nach dem Inkrafttreten des Handelsgesellschaftsgesetzes kaum geändert.
 
Das Oberste Gericht der Tschechischen Republik kam jedoch in seinem kürzlich erlassenen Urteil (Aktenzeichen 27 Cdo 3885/2017, vom 27. 3. 2019) (nachfolgend nur „Urteil”) zu einem anderen Schluss: Ein Jahresabschluss oder eine Sonderbilanz können bis zum Ende des nachfolgenden Geschäftsjahres, d.h. bis zum Ende des Kalenderjahres - sofern sie nicht voneinander abweichen – als Grundlage für die Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung verwendet werden. Aus dem vorgenannten Urteil folgt, dass die bisherige Rechtsprechung nicht mehr angewendet werden kann und dass die Frist für die Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung von den bisherigen 6 Monaten auf 12 Monate verlängert wird.
  
Ein weiteres wichtiges Thema, mit dem sich das Oberste Gericht der Tschechischen Republik in seinem Urteil auseinandersetzt, ist die Frage, ob zulässig ist, dass auf der Gesellschafter­ver­sammlung über die Ausschüttung von Tantiemen (Gewinnbeteiligung der Gesellschaftsorgane) beschlossen wird, ohne dass gleichzeitig auch der zur Ausschüttung an die Aktionäre bestimmte Gewinn (Dividende) genehmigt wird. Auch in dieser Frage wich das Oberste Gericht von der bisherigen Rechtsprechung ab und ließ ausdrücklich zu, dass eine Gewinnausschüttung an die Gesellschaftsorgane (selbstverständlich nur, wenn die Satzung dies zulässt) möglich ist, auch wenn keine Gewinnausschüttung an die Aktionäre erfolgt. Da jedoch das Recht auf Gewinnbeteiligung ein grundlegendes Recht eines Aktionärs darstellt, kann über die Nichtausschüttung des Gewinns an die Aktionäre nur aus wichtigen Gründen und unter Beachtung des Verbots des Mehrheitsmissbrauchs entschieden werden. Als wichtiger Grund für die Nichtausschüttung eines Gewinns können unter anderem auch Bestimmungen der Satzung gelten, durch welche Ergebnisverfügungen geregelt werden. 
   
Das Urteil enthält nicht zuletzt Ausführungen zu den zwingenden Erfordernissen einer Einladung zur Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft. Die Einladung muss den Empfängern selbstverständlich hinreichende Informationen darüber gewähren, wann und wo die Hauptversammlung stattfindet und welche Angelegenheiten verhandelt werden. Die zu verhandelnden Angelegenheiten sollen angeführt werden, damit sich die Empfänger auf die Hauptversammlung ordentlich vorbereiten und sich ausreichende Unterlagen für ihre Entscheidungen beschaffen können. Die Einladung soll ferner auch die Beschlussanträge einschließlich einer Begründung beinhalten, wobei diese Begründung den Aktionären zumindest grundlegende Informationen geben sollte, die für die Beurteilung der Gründe für die Annahme des jeweiligen Beschlusses gemäß dem Antrag erforderlich sind. Der Beschluss­antrag muss in einer Form vorgelegt werden, über die ohne Weiteres abgestimmt werden kann. Die Begründung sollte kurz, klar und zutreffend sein. Wenn die Begründung nicht kurz geschildert werden kann, so ist im Text der Einladung auf ihre Anlage zu verweisen, in der sich der Empfänger mit der Begründung ausführlicher bekannt machen kann. Ähnliches gilt auch für den Beschlussantrag als solchen. Ist dieser zu umfassend, kann der Beschlussantrag bei einem entsprechenden Hinweis im Text der Einladung als Anlage beigefügt werden.

Wie aus dem oben Angeführten folgt, brachte der Beschluss in mehreren Fragen des tschechischen Gesellschaftsrechts eine neue Auslegung. Die größte Bedeutung für die Praxis hat offenkundig die Schlussfolgerung, dass ein Beschluss über die Ergebnisverwendung binnen einer Frist von einem Jahr ab dem letzten Tag des vorausgehenden Geschäftsjahres gefasst werden kann.
 
Wir sind der Auffassung, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung bzw. Hauptversammlung innerhalb dieses „nachträglichen” Zeitraums auch geändert werden kann: Wenn also die Gesellschafterversammlung bzw. Hauptversammlung beschlossen hat, keinen Gewinn auszuschütten, kann dieselbe also im Rahmen dieses „nachträglichen” Zeitraums eine vollständige oder teilweise Ausschüttung des Gewinns beschließen. 
 
Wegen dieser Auslegung ist davon auszugehen, dass dem Ergebnisverwendungsbeschluss der Haupt- bzw. Gesellschaftsversammlung der Jahresabschluss zu Grunde liegen wird, der von der Haupt- bzw. Gesellschaftsversammlung früher festgestellt wurde. Die Vorabgewinne werden eher für das aktuelle Geschäftsjahr ausgeschüttet, für das noch kein Jahresabschluss vorliegt. Wir weisen jedoch darauf hin, dass die sich aus dem Beschluss ergebenden Schlussfolgerungen nichts daran ändern, dass der Jahresabschluss durch die Gesellschafterversammlung bzw. Hauptversammlung spätestens binnen 6 Monaten ab dem letzten Tag des vorausgehenden Geschäftsjahrs verhandelt werden sollte. Falls wir davon ausgehen, dass das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, muss dies bis zum letzten Tag Monats Juni des Folgejahres vorgenommen werden.

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JUDr. Petra Budíková, LL.M.

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