Palettenumlauf und Einsatz von Paletten bei Güterbeförderung

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Die Einführung bzw. der Einsatz von handelsüblichen Europaletten (sowie ein verstärkter Einsatz von Containern) haben den Logistik-Bereich grundlegend verändert. Die Standardmaße von Europaletten ermöglichten eine einfachere Planung und Umsetzung der Beladung und Handhabung von auf Paletten gepackten Waren. Der Vorteil von handelsüblichen bzw. Standardpaletten besteht ohne Zweifel auch in der Möglichkeit ihrer Wiederverwendung zu weiteren Transporten, soweit sie nicht beschädigt oder verunreinigt werden. Gerade die Tatsache, dass Europaletten als unverzichtbares Transporthilfsmittel gelten, das in der Logistikkette mehrfach einsetzbar ist, führt dazu, dass die beteiligten Subjekte in der Logistikkette versuchen, deren Umlauf in ihren Verträgen ausführlicher zu regeln, um zu gewährleisten, dass ihnen dieses Transporthilfsmittel in ausreichender Menge und entsprechender Qualität zur Verfügung steht. Leider sind die Pflichten der Vertragsparteien in Bezug auf den Palettenumlauf nicht immer klar genug definiert, wodurch nicht unerhebliche Schäden entstehen können.

 

Aktuelle rechtliche Regelung

Die rechtliche Regelung des Palettenumlaufs in der Tschechischen Republik weicht in vielen Aspekten nicht von der deutschen Rechtsregelung ab. Auch in der Tschechischen Republik besteht derzeit keine spezielle rechtliche Norm, welche den Palettenumlauf regeln würde. Im Gegensatz zu Deutschland mangelt es aber in der Tschechischen Republik an einschlägiger Rechtsprechung, da noch immer keine Entscheidungen höherer Gerichte verfügbar sind, die sich mit dem Thema Palettenumlauf näher auseinandersetzen würden. Zur Regelung dieses Themas bestehen in der Tschechischen Republik keine modellhaften Geschäftsbedingungen oder Klauseln. In Deutschland hingegen wurden in Zusammenarbeit mit den Wirtschafts-, Logistik- und Handelsverbänden Bedingungen zur Regelung der zwei häufigsten Modelle eines Palettentausches erarbeitet. Es handelt sich um den sog. Bonner Palettentausch (durch diese Klausel werden Fälle geregelt, wenn der Frachtführer zur Rückführung von genormten, tauschfähigen Mehrwegpaletten verpflichtet ist) und den sog. Kölner Palettentausch (diese Klausel regelt den sog. Doppeltausch bzw. Idealtausch von genormten tauschfähigen Mehrwegpaletten). Auch in der Praxis haben sich in der Tschechischen Republik bei Palettentauschen keine Geschäftsgepflogenheiten etabliert, auf die man sich berufen könnte. 

Es bleibt daher überwiegend den Parteien des jeweiligen Vertrages überlassen, den Palettenumlauf zu regeln, wobei die Bestimmungen bezüglich des Palettentausches insbesondere für die Parteien eines Transportvertrages von Bedeutung sind. Bestimmte Tücken birgt der Einsatz von Paletten auch für Spediteur, Lagerhalter oder andere Subjekte (z.B. Parteien eines Kaufvertrages). Die vertragliche Regelung des Palettentausches kann unterschiedlich ausgestaltet werden. In der Praxis kann es sich um Anlagen zu einem Vertrag, um selbständige Kapitel in den Geschäftsbedingungen handeln, in denen die Bedingungen des Palettentausches ausführlich geregelt werden (dies ist insbesondere bei großen Produktionsunternehmen, Großhändlern von Palettenware oder bei großen Speditionsunternehmen der Fall), ein Palettentausch kann auch durch einen oder zwei Sätze in einem Vertrag oder einem Beförderungsauftrag geregelt werden, der ohne Änderungen oder nähere Spezifizierung seitens des Transportunternehmens bestätigt wird.

Tücken des Palettentausches für Spediteure 

Auf Grundlage eines Speditionsvertrages ist der Spediteur unter anderem verpflichtet, sämtliche mit der Beförderung zusammenhängenden Leistungen zu besorgen und durchzuführen (§ 2471 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches der Tschechischen Republik Nr. 89/2012 Slg., nachfolgend nur „Bürgerliches Gesetzbuch”). Falls der Spediteur die mit der Beförderung zusammenhängenden Leistungen besorgt bzw. erledigt, hat dies unter bestmöglicher Wahrung der Interessen des Auftraggebers, die dem Spediteur bekannt sind, zu erfolgen. Wenn der Spediteur diese seine Pflicht verletzt, haftet er in der überwiegenden Anzahl der Fälle für den daraus entstandenen Schaden. Die Rechtsprechung hat dabei geschlussfolgert, dass in Fällen, in denen dem Spediteur bekannt ist, dass ein bestimmtes Interesse des Auftraggebers gegeben ist, dessen Inhalt der Spediteur jedoch nicht ausführlich kennt, der Spediteur verpflichtet ist, sich bei dem Auftraggeber nähere Informationen einzuholen (vgl. das Urteil des Obersten Gerichts der Tschechischen Republik in der Sache AZ 23 Cdo 1993/2013 vom 30.09.2015). Wenn wir diese Schlussfolgerung auf das Thema Palettentausch übertragen, kann leicht die Situation eintreten, dass der Auftraggeber einen Vertragsabschluss fordert, wobei er die Rückgabe der Paletten verlangt, die er dem Frachtführer zusammen mit der Ware übergibt. Wenn der Spediteur die Bedingungen des Palettentausches unter bestmöglicher Wahrung der Interessen des Auftraggebers vereinbaren soll, müsste er in einer solchen Situation unter anderem bei dem Auftraggeber nachfragen, bis wann die Paletten durch den Frachtführer zurückgegeben werden sollen, ob identische Paletten zurückgegeben werden müssen oder ob es ausreichend ist, wenn der Frachtführer Paletten derselben Art zurückgibt, wobei der Spediteur in dem letztgenannten Fall ohne Zweifel wissen sollte, in welcher Qualität ihm die Paletten durch den Frachtführer zurückgegeben werden sollen (damit hängt eventuell auch die Frage zusammen, nach welcher Klassifikationsmethode die Paletten-Qualität zu bestimmen ist). Gerade in Bezug auf die Interessen des Auftraggebers kann der Spediteur entscheiden, ob er mit dem Frachtführer einen sog. Doppeltausch von Paletten, oder nur die Gewährleistung der Rückführung der Paletten an den Absender vereinbaren wird (Näheres hierzu siehe unten).

Tücken des Palettentausches in vertraglichen Beziehungen mit dem Frachtführer

Im Rahmen eines Frachtvertrages ist insbesondere zu berücksichtigen, dass eine Palette eine Verpackung ist. Ein Mangel der Verpackung kann sich auch durch Entstehung eines Schadens am Frachtgut bemerkbar machen, wobei gerade ein Verpackungsmangel oft ein Grund ist, durch dessen Nachweis die Frachtführer versuchen sich von ihrer Haftung für einen Schaden am Frachtgut zu befreien. Auf den Zustand der Verpackung der jeweiligen Sendung ist dabei zu achten, noch bevor überhaupt ein Schaden entsteht. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 2566 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches ein Frachtführer von seiner Haftung für eine mangelhafte Verpackung nur befreit wird, wenn er auf diesen Mangel der Verpackung vor Übernahme der Sendung hingewiesen hat (und sofern für die Beförderung ein Frachtbrief oder ein Konnossement ausgestellt wurde, muss der Mangel darin vermerkt worden sein). Falls der Frachtführer nicht auf die mangelhafte Verpackung hinweist, hat er nachzuweisen, dass der Mangel in Bezug auf seinen Charakter bei der Übernahme der Sendung nicht erkennbar war. Weniger strikt zeigt sich das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR), (Nr. 11/1975 Slg. der Tschechischen Republik), dessen Bestimmungen ab dem 1. Januar 2019 teilweise auch auf den innerstaatlichen Güterverkehr Anwendung finden (§ 9a des Straßenverkehrsgesetzes der Tschechischen Republik Nr. 111/1994 Slg.). Das sog. CMR-Übereinkommen legt in Art. 9 Abs. 2 nämlich fest, dass sofern in dem Frachtbrief keine Vorbehalte des Frachtführers mit entsprechender Begründung angeführt sind, dieses „nur” die rechtliche Vermutung begründet, dass die Sendung und ihre Verpackung zum Zeitpunkt der Übernahme durch den Frachtführer in einem offenbar guten Zustand waren.

Ein Palettentausch kann mit dem Frachtführer grundsätzlich in zwei Varianten vereinbart werden. Bei dem sog. Doppeltausch bzw. Idealtausch von Paletten übergibt der Frachtführer dem Versender an der Beladestelle eigene Paletten und übernimmt die zu befördernden, auf Paletten gepackten Güter, wobei er die Paletten nachfolgend von dem Empfänger am Lieferort der Sendung zurückerhält. Eine solche Regelung entspricht einer Sachdarlehen im Sinne von § 2390 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches, wobei der Frachtführer als Darlehensgeber und der Absender als Darlehensnehmer gelten. Wesentlich ist, dass der Absender in diesem Fall mit dem Empfänger einen entsprechenden Vertrag abschließt, in dem sich der Empfänger zur Herausgabe der Paletten an den Frachtführer verpflichtet. Sofern die Paletten nicht an den Frachtführer herausgegeben werden, bleibt der Absender weiterhin aus dem Sachdarlehen verpflichtet. Der Frachtführer sollte in der vertraglichen Beziehung darauf achten, dass mit dem Absender klar vereinbart wird, zu welchem Zeitpunkt er die Paletten von dem Empfänger erhält. Anderenfalls ist die Fälligkeit des Sachdarlehens gemäß § 2393 des Bürgerlichen Gesetzbuches an die Kündigung des Vertrages geknüpft, wobei die Kündigungsfrist 6 Wochen beträgt.

Falls der Frachtführer bei dem Tausch keine eigenen Paletten einsetzt, verpflichtet er sich in der Regel, für den Absender bei dem Empfänger eine Übernahme von Paletten zu gewährleisten (manchmal handelt es sich um die gleichen Paletten, in der Regel handelt es sich jedoch „nur” um Paletten derselben Art). Eine solche Regelung hat unter Berücksichtigung der Bestimmung von § 2444 des Bürgerlichen Gesetzbuches den Charakter eines Auftrags. In diesem Fall ist oft strittig, ob dem Frachtführer für diese Leistungen eine Vergütung zusteht (insbesondere in Fällen, in denen die Herausgabe von Paletten bei dem Empfänger nicht reibungslos verläuft). Gemäß § 2438 Abs. 1 gebührt dem Auftragnehmer (vorliegend dem Frachtführer) eine Vergütung nur, wenn eine Vergütung vereinbart wurde oder wenn die Vergütung in Bezug auf die unternehmerische Tätigkeit des Auftragnehmers üblich ist. Soweit in dem Vertrag jedoch nichts anderes geregelt wird, hat der Auftragnehmer gemäß § 2436 des Bürgerlichen Gesetzbuches Anspruch auf den Ersatz der im Zusammenhang mit der Erledigung des Auftrags (hier: Palettentausch) zweckmäßig aufgewendeten Kosten, und dies auch, wenn dies zu keinem Ergebnis führte. 

Absicherung der Pflichten des Frachtführers durch Vertragsstrafe 

In diversen Fällen, in denen der Frachtführer zur Rückführung der vom Empfänger bei Lieferung der Ware zur Verfügung gestellten Paletten an den Absender verpflichtet ist, oder wenn der Frachtführer andere Paletten derselben Art und derselben Qualität zu liefern hat, wird die Nichterfüllung dieser Pflicht durch eine Vertragsstrafe abgesichert. Allgemein gilt, dass durch die Verletzung einer Pflicht, die durch eine Vertragsstrafe abgesichert ist, ein Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe unabhängig davon entsteht, ob der berechtigten Partei durch Verletzung dieser Pflicht ein Schaden entstand, und ob der entstandene Schaden die Höhe der Vertragsstrafe erreichte. In der Praxis vereinbaren daher Frachtführer und einige Absender Vertragsstrafen, die den Wert einer neuen Palette um ein Mehrfaches übersteigen. In solchen Fällen ist jedoch zu beachten, dass der Frachtführer gemäß § 2051 des Bürgerlichen Gesetzbuches dem Gericht im Falle eines Rechtsstreits eine Minderung der Vertragsstrafe vorschlagen kann, wobei das Gericht diesem Vorschlag entsprechen kann, wenn es zu dem Schluss kommt, dass die Vertragsstrafe in Bezug auf den Wert und die Relevanz der abzusichernden Verpflichtung des Frachtführers (hier die Rückführung der Paletten) und die Höhe des infolge der Pflichtverletzung entstandenen Schadens unangemessen hoch ist. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass eine zu hohe Vertragsstrafe für eine unterlassene Rückgabe von Paletten, die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart wurde, als für den Frachtführer überraschend oder sogar als unwirksam beurteilt werden kann (Näheres hierzu unten). Dieses kann nur verhindert werden, indem der Frachtführer diese Regelung der allgemeinen Geschäftsbedingungen in einen gesonderten Vertrag aufnimmt.

 

Regelung des Palettentausches in Geschäftsbedingungen 

Wenn ein Palettentausch in den Geschäftsbedingungen geregelt werden soll, ist zu beachten, dass die Geschäftsbedingungen Bestandteil des Vertrages werden, indem sie dem Vertrag beigefügt werden, oder wenn sie den Vertragsparteien bekannt sind. Eine Definierung eines Vertragsbestandteils durch Verweis auf vertragliche Bedingungen, die dem jeweiligen Angebot nicht beigefügt oder den Parteien nicht bekannt waren, ist nur in Beziehungen zwischen Unternehmern und in Situationen möglich, wenn die Bedingungen, auf die verweisen wird, durch eine Fach- oder Interessensorganisation erarbeitet wurden. In der Praxis kommt es häufig vor, dass die Parteien eines Vertrages im Angebot und in der Annahme eines Angebots jeweils auf die eigenen Geschäftsbedingungen verweisen (diese Tatsache wird begünstigt durch die Geschwindigkeit, mit welcher Verträge, insbesondere bei innerstaatlichen Transporten, abgeschlossen werden, und dadurch, wie schnell die jeweiligen Transportleistungen nach dem Abschluss des Vertrages erbracht werden sollen). In diesem Fall gilt der Vertrag als abgeschlossen und Bestandteil des Vertrages sind beide Geschäftsbedingungen, soweit sie einander nicht widersprechen (vgl. § 1751 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Sollten beide Geschäftsbedingungen Regelungen zu einem Palettentausch beinhalten, kann davon ausgegangen werden, dass das hieraus resultierende Ergebnis für die gewünschten Zwecke vollkommen unbrauchbar wäre. Es ist darauf hinzuweisen, dass diese Situation nicht durch eine Bestimmung in den Geschäftsbedingungen verhindert werden kann. Falls der ursprüngliche Antragsteller mit einem derartigen Vertragsabschluss nicht einverstanden ist, hat er dies der anderen Vertragspartei mitzuteilen, unverzüglich nachdem ihm die Annahme des Angebots mit den entsprechenden Geschäftsbedingungen zugestellt wurde.

    

Gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbuch gilt, dass eine Bestimmung von Geschäftsbedingungen (beliebige Bestimmungen, nicht nur jene zur Regelung einer Vertragsstrafe), von welcher die andere Vertragspartei vernünftigerweise nicht ausgehen konnte, gegenüber dieser Vertragspartei unwirksam ist, sofern sie durch dieselbe nicht ausdrücklich in einem Vertrag angenommen wurde. Ob eine Vertragspartei von einer Bestimmung der Geschäftsbedingungen ausgehen konnte oder nicht, ist nicht nur in Bezug auf den Inhalt der betreffenden Bestimmung, sondern auch auf ihre Ausdrucksform zu beurteilen (eine Klausel, die in kaum lesbarer Kleinschrift oder am Rande angeführt wird etc.).

 

Fazit

Der Einsatz von Paletten ist mit diversen anderen rechtlichen Problemen verbunden. Sowohl der Frachtführer als auch der Absender sollten daher unter anderem beachten, dass Paletten in größeren Mengen ein nicht unerhebliches Gewicht darstellen (umso mehr, wenn sie nass sind) und der Frachtführer somit für die Überschreitung der höchst zulässigen Achslast bzw. des maximalen zulässigen Gewichts der Fahrzeugkombination – soweit leere Paletten zusammen mit dem Frachtgut transportiert werden, sanktioniert werden kann. Eine Überlastung des Fahrzeugs kann auch im Falle eines Verkehrsunfalls relevant sein, da diese Einfluss auf die Bestimmung des für den Unfall Verantwortlichen haben kann. Bei einem Verkauf von Palettenware ergeben sich des Weiteren Fragen, die mit der Umsatzsteuer verbunden sind. In Bezug auf die Entsorgung von kaputten Paletten kann wiederum das Abfallgesetz Nr. 185/2001 Slg. der Tschechischen Republik ein Hindernis darstellen. Ein Palettentausch muss daher sorgfältig geregelt werden, und zwar nicht nur in Bezug auf die logistischen Prozesse, sondern auch auf die geltenden Gesetze.

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JUDr. Alice Kubová Bártková

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