Novelle des tschechischen Handelsgesellschaftsgesetzes tritt bald in Kraft

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Das tschechische Handelsgesellschaftsgesetz wird nach siebenjähriger Wirksamkeit grundlegende Änderungen erfahren. Die am 13. Februar 2020 in der Sammlung der Gesetze der Tschechischen Republik veröffentlichte Änderung (Novelle) tritt bereits am 1. Januar 2021 in Kraft, mit Ausnahme des Teils zur Novellierung des Gesetzes über die Grundregister, der sechs Monate später in Kraft tritt.

 

Obwohl ein wesentlicher Teil der Änderungen eher legislativ-technischer Natur ist, bringt die Novelle auch eine Vielzahl an Änderungen inhaltlicher Natur mit sich, von denen wir Ihnen einige zur Kenntnis geben möchten.

 

Die Funktion geschäftsführender Direktoren endet automatisch zum 31. Dezember 2020

Eine der radikalen Änderungen im Zuge der gegenständlichen Novelle ist die Reform des monistischen Systems einer tschechischen Aktiengesellschaft. Heute muss jede Aktiengesellschaft mit einem monistischen System neben der Hauptversammlung zwei weitere Organe errichten bzw. benennen - den Verwaltungsrat und den geschäftsführenden Direktor („statutarischen Direktor"). Infolgedessen dessen hat eine solche Gesellschaft die gleiche Anzahl an Organen wie eine Aktiengesellschaft mit einem dualistischen System, in dem der Verwaltungsrat und der Aufsichtsrat obligatorisch errichtet werden, was seit langem Gegenstand von Kritik ist. Mit der Novelle wird sich dies jedoch ändern. Ab dem 1. Januar 2021 muss eine Aktiengesellschaft mit einem monistischen System neben der Hauptversammlung nur noch ein Organ einrichten, nämlich den Verwaltungsrat.

 

Dies bedeutet, dass zum 31. Dezember 2020 alle geschäftsführenden Direktoren ihre Funktion beenden. Leider sieht die Novelle keine besonderen Übergangsregelungen vor. Wenn eine Aktiengesellschaft diese Änderung im Vorfeld nicht berücksichtigt und sie ihre Satzung nicht rechtzeitig anpasst, ist es möglich, dass ihr geschäftsführender Direktor über Nacht „arbeitslos" wird, was zu Komplikationen bei der Vertretung der Gesellschaft nach Außen führen kann.

 

Juristische Person als Organmitglied in Kapitalgesellschaften

Mit der Rekodifizierung bzw. Aktualisierung des tschechischen Privatrechts nach dem Vorbild einiger ausländischer Rechtssysteme war es ab dem 1. Januar 2014 möglich, dass Mitglied eines gewählten Organs einer Kapitalgesellschaft nicht nur eine natürliche Person, sondern auch eine juristische Person, z.B. eine andere Gesellschaft, werden konnte. Wer vertritt eine solche juristische Person aber bei der Wahrnehmung der Funktion?

 

In Einklang mit der aktuellen Regelung konnte eine juristische Person durch eine natürliche Person vertreten werden, die ausdrücklich von der juristischen Person zur Vertretung ermächtigt wurde, anderenfalls von Mitgliedern des Vertretungsorgans der juristischen Person – dies konnte jedoch wiederum eine andere Handelsgesellschaft sein. Die bisherige Regelung warf gleich mehrere Fragen auf, insbesondere, wie viele solche Vertreter eine juristische Person ermächtigen kann und ob ihre gemeinsame Vertretung in Betracht gezogen werden kann. Darüber hinaus wird die derzeitige Regelung kritisiert, da sie eine Verkettung von juristischen Personen, die Organmitglieder sind, ermöglicht, was im Extremfall dazu führen kann, dass die konkrete verantwortliche natürliche Person in der Kette nicht einmal zurückverfolgt werden kann.

 

Mit der Novelle werden diese Probleme gelöst, indem verlangt wird, dass Handelsunternehmen jeweils nur eine natürliche Person ermächtigen können, die sie in dem betreffenden Organ vertritt. Diese Person wird gleichzeitig mit der Registrierung der juristischen Person als Organmitglied im Handelsregister eingetragen. Die subsidiäre Regel, dass die juristische Person in dem Organ von Mitgliedern ihres Vertretungsorgans vertreten wird, wird ersatzlos aufgehoben. Wie aus dem Vorstehenden folgt, wird das Vier- oder Mehraugenprinzip bei dieser Vertretungsregelung keine Anwendung finden.

 

In diesem Zusammenhang ist jedoch auch auf eine Übergangsbestimmung hinzuweisen, nach der die Funktion einer juristischen Person als Organmitglied erlischt, wenn eine natürliche Person nicht innerhalb von drei Monaten ab dem Tag des Inkrafttretens der Novelle ermächtigt und innerhalb der gleichen Frist im Handelsregister eingetragen wird. Wenn das Unternehmen nicht rechtzeitig reagiert, kann dies erhebliche Auswirkungen haben, insbesondere in Fällen, in denen die juristische Person die Funktion eines Mitglieds des Vertretungsorgans wahrnimmt.

 

Neue Arten von Anteilen in Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften

Neben der Tatsache, dass die Novelle ausdrücklich die Möglichkeit der Ausgabe von Anteilen bzw. Aktien ohne Stimmrecht bestätigt, führt sie auch eine grundlegende Neuheit ein, nämlich die Möglichkeit, mit einem Anteil an einer GmbH das Recht zu kombinieren, einen oder mehrere Geschäftsführer zu bestellen und solcherart bestellte Geschäftsführer auch abzuberufen (sog. Entsendungsrecht). Mit der Novelle wird eine ähnliche Regelung auch für eine Aktiengesellschaft in Bezug auf Mitglieder des Vorstands, des Aufsichtsrates bzw. des Verwaltungsrates eingeführt. Das Institut des Entsendungsrechts kann ein weiteres Instrument zum Schutz der Interessen von Minderheitsaktionären werden.

 

Aufteilung von Gewinn und anderen Eigenmitteln

Die Novelle beantwortet vielleicht endgültig die Frage, bis wann ein Jahresabschluss als geeignete Unterlage für einen Gewinnverteilungsbeschluss gilt. In Anbetracht der jüngsten Rechtsprechung bestätigt die Novelle, dass Jahresabschlüsse bis zum Ende des Geschäftsjahres nach jenem Geschäftsjahr, für das sie erstellt wurden, eine geeignete Unterlage für derartige Beschlüsse darstellen (also dem Folgejahr).

 

Flexiblere Regelung des Wettbewerbsverbots

Der rigiden Regelung des Wettbewerbsverbots bei Kapitalgesellschaften wurde begegnet, indem im Gesellschaftsvertrag neu von der gesetzlichen Regelung abgewichen werden kann. Durch den Gesellschaftsvertrag oder die Satzung kann das Spektrum verbotener Tätigkeiten erweitert oder eingeschränkt werden, gegebenenfalls kann ein Wettbewerbsverbot vollständig ausgeschlossen werden. Es ist hinzuzufügen, dass das Spektrum an Aktivitäten, die einem Wettbewerbsverbot unterliegen und die ein Organmitglied nach der aktuellen rechtlichen Regelung ausüben darf, auch nach Inkrafttreten der Novelle ausgeübt werden kann.

 

Neue Anpassung von Gesellschaftsverträgen und Satzungen von Unternehmen

Abschließend möchten wir Sie darauf hinweisen, dass gemäß den Übergangsbestimmungen der Novelle mit Wirkung zum 1. Januar 2021 Bestimmungen von Gesellschaftsverträgen und Satzungen, die den zwingenden Bestimmungen der Novelle widersprechen, automatisch ihre Gültigkeit verlieren. Handelsunternehmen haben ein Jahr Zeit, um den Wortlaut ihrer Gesellschaftsverträge und Satzungen in der Urkundensammlung zu veröffentlichen.

 

Fühlen Sie sich von einem dieser Themen angesprochen? Wollen Sie mehr darüber erfahren? Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung.

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