Unser Gespräch mit dem stellvertre-tenden Finanzminister – neues Rech-nungslegungsgesetz

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In der letzten Ausgabe unseres Newsletters haben wir Sie informiert, dass die Re-gierung der Tschechischen Republik am 5. Oktober 2020 den Referenzentwurf des neuen Rechnungslegungsgesetzes gebilligt hat.

 
Unsere Kanzlei Rödl & Partner prüft den Gesetzgebungsprozess und ist an Erstel-lung des neuen Gesetzes aktiv beteiligt. In diesem Zusammenhang bringen wir Ihnen einen Teil unseres Interviews mit dem stellvertretenden Finanzminister Sta-nislav Kouba.

 
Das Interview haben wir mit dem stellvertretenden Minister geführt, der den Refe-renzentwurf des neuen Gesetzes mit der Fachöffentlichkeit kommuniziert. Es han-delt sich keinesfalls um eine verbindliche Beurteilung oder verbindliche Auslegun-gen des Finanzministeriums.

 

CIZL: Ing. Ladislav Čížek
KOUS: Ing. Mgr. Stanislav Kouba, Ph.D.

 
CIZL: Nach dem Referenzentwurf des Rechnungslegungsgesetzes sollte eine er-weiterte Anwendung von IFRS-EU möglich sein. Dafür müsste jedoch wahrschein-lich auch das Einkommensteuergesetz geändert werden. Ist es Ihnen schon be-kannt, welche Auswirkungen z.B. der Wechsel einiger Unternehmen von der Bilan-zierung nach tschechischem Recht zur Bilanzierung nach IFRS auf Steuereinnah-men des Staates hat?

 
KOUS: Die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens bei Anwendung von IFRS wurde bereits besprochen. Es ist jedoch nicht vorstellbar, den handelsrechtlichen Jahresüberschuss nach IFRS zum Steuergewinn ohne Anpassungen zu überleiten. Wie bei der aktuellen Überleitungspraxis müssen außerbilanzielle Korrekturen vorgenommen werden (z. B. der Ansatz mit dem beizulegenden Stichtagswert wird bis auf Ausnahmefälle außerbilanziell korrigiert).

 
Die Korrekturen des handelsrechtlichen Ergebnissens zielen dann insbesondere darauf ab, bei Unternehmen, die nach IFRS bilanzieren, zu hohe Schwankungen des Steuergewinns und unerwünschte Steueroptimierungen zu vermeiden. Aus diesen Gründen sollte sich die Bilanzierung nach IFRS auf den Steuergewinn nicht dauerhaft auswirken. Rein theoretisch kann nur die Liquiditätslage geändert wer-den. Dieses Risiko soll durch eine stufenweise Überleitung des Jahresüberschus-ses nach IFRS zum Steuergewinn gesteuert werden – da die Bilanzierung nach IFRS bei den betroffenen Unternehmen etappenweise eingeführt wird, werden nicht nur potenzielle positive oder negative Liquiditätseffekte auf spätere Jahre verlegt, sondern hoffentlich schon während des Wechsels zu IFRS ausgeglichen.

 
CIZL: Sollen wir bei Annäherung der tschechischen Bilanzierungsvorschriften an IFRS bzw. im Zusammenhang mit der erwünschten internationalen Vergleichbar-keit von Jahresabschlüssen Instrumente oder Kategorien wie Diskontierung, Ge-samtergebnis, Anpassungen von Jahresabschlüssen in hyperinflationären Ländern, Anpassungen von Schlussbilanzen bei Unternehmen, die mit Abwicklung aufgelöst oder, oder Anpassungen von Werkverträgen erwarten? Oder wieso nicht?

 
KOUS: Die Anpassung von Diskontierungs- und ähnlichen Instrumenten führt zu einer teilweisen Präzisierung des aus den Büchern abgeleiteten Jahresergebnis-ses. Andererseits ist sie mit einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand verbunden, der diese Bilanzierungspraxis erfordert. Zurzeit, da die Inflation niedrig ist, sollten diese Anpassungen meiner Ansicht nach vermieden werden.

 
CIZL: Der Referenzentwurf geht von der Beibehaltung der Tschechischen Rech-nungslegungsstandards aus. Beim Seminar des Instituts für Buchhalter in Tsche-chien im Jahre 2019 erklärte Herr Bauer  jedoch, dass bei der Besprechung des Gesetzesentwurfes eine Diskussion über das Fortbestehen des Instituts für Buch-halter in Tschechien zu erwarten sei. Welche Richtung wird die tschechische Ge-setzgebung in dieser Hinsicht einschlagen?

 
KOUS: Anstelle der Frage, ob Tschechische Rechnungslegungsstandards weiter-hin bestehen, ist es meiner Ansicht nach notwendig, ihre künftige Rolle - für die Buchführung, das Handelsrecht und die Bilanzierungspraxis - zu prüfen. Ich per-sönlich bin überzeugt, dass sie einer buchtechnischen Anweisung sehr nahe kom-men - sie werden von öffentlichen Behörden herausgegeben, stellen keine gesetz-lichen Vorschriften dar, werden von öffentlichen Behörden akzeptiert und enthal-ten viele Ermessensspielräume. 

 
Wenn wir auch in der Zukunft die Rechnungslegungsstandards als buchtechnische Anweisung akzeptieren (es ist schwer vorstellbar, dass für die komplizierte Buch-führung keine Grundsätze und Anweisungen bestehen), wird dies dem Konzept von öffentlichen Behörden entsprechen. Unabhängig davon, wie sich das oben Gesag-te herauskristallisiert, ist es sicherlich notwendig, einige in Rechnungslegungs-standards momentan enthaltenen Regelungen durch Gesetze oder Verordnungen zu regeln.

 
CIZL: Es ist eine gängige Praxis, dass beispielsweise die Bildung von betrieblichen Rückstellungen auf dem Aufwandskonto 554 verbucht wird und unter einem ge-sonderten GuV-Posten erscheint (F.4.). Die Auflösung oder Inanspruchnahme von Rückstellungen wird auf der anderen Seite dieses Aufwandskontos erfasst, wodurch die Aussagekraft einzelner Aufwandskonten deutlich vermindert wird. Einige Lohnkosten - zum Beispiel Tantiemen – werden unter dem GuV-Posten „F.4" „versteckt". In vielen Fällen suchen die Leser des Jahresabschlusses vergeblich im Anhang, welche Aufwendungen unter dem GuV-Posten „F.4". ausgewiesen sind. Es ist zu erwarten, dass die künftige Bilanzierungspraxis noch diskutiert wird. Denken Sie jedoch, dass in dieser Richtung, d.h. bei Buchungs- und Bilanzierungsmetho-den, gewisse Anpassungen beispielsweise an IFRS vorgenommen werden?

 
KOUS: Der Trend zu Anpassungen an IFRS besteht seit vielen Jahren. Dies zeigt sich vor allem dadurch, dass viele Änderungen tschechischer Rechnungslegungs-vorschriften durch IFRS inspiriert wurden. Die Bedeutung des Satzes "Wir erwarten keine wesentlichen Änderungen der Bilanzierungspraxis" geht dahin, dass bei Än-derungen der Bilanzierungspraxis die „Evolution" der Revolution vorgezogen wird.

 
CIZL: Verstehe ich es richtig, dass zum Beispiel die Verbuchung von Rückstellungen nicht geändert werden sollte?

 
KOUS: Wie bereits erwähnt, wird es eine Diskussion über einzelne Anpassungen geben, die Antwort auf Ihre Frage ist noch offen. Die angegebene Richtung lautet jedoch: Wenn es zwei qualitativ gleiche Buchungsmethoden gibt, sollte eher die bestehende Buchungsmethode angewandt werden.

 
CIZL: Zahlreiche Schwachstellen der aktuellen tschechischen Bilanzierungspraxis wurde erfolgreich durch Schreiben des Tschechischen Instituts für Buchhalter abgeschafft. Gehen Sie davon aus, dass der Inhalt (Rolle) dieser Schreiben in das neue Rechnungslegungsgesetz aufgenommen wird oder sind dies aus Ihrer Sicht de facto „Lösungen", auf die nicht mehr reagiert werden muss? Ich meine zum Bei-spiel das relativ neue Schreiben für Kundenbindungsprogramme (I-41) oder das Schreiben über Wertberichtigungen auf Fremdwährungsforderungen (I-42).

 
KOUS: Bei dem neuen Gesetzesentwurf ist vor allem die Gesetzgebung wichtig. Ich persönlich bin jedoch nicht dafür, Vorschriften, die sich aus einem allgemeinen Gesetz ergeben, detailliert zu regeln. Sollten jedoch Schreiben des Tschechischen Instituts für Buchhalter eine gewisse Gesetzeslücke schließen, ist es angebracht, sie ins neue Gesetz nicht aufzunehmen.
Die wichtigsten anderen Schreiben des Tschechischen Instituts für Buchhalter könnten beispielsweise im Begründungsbericht zum Gesetz berücksichtigt werden. Einerseits bedeutet dies eindeutig, dass ihre Schlussfolgerungen weiterhin gültig sind, andererseits wird eine teleologische Auslegung vorliegen, indem sie die Ab-sichten des Referenten/ Gesetzgebers zeigt.


Dies sollte de facto auch für andere Schreiben und Grundsätze gelten. 
 
Rödl & Partner wird die Entwicklung des neuen Rechnungslegungsgesetzes wei-terhin prüfen. Über alle Änderungen, die in diesem so wichtigen Gesetz zu erwar-ten sind, werden wir Sie auf dem Laufenden halten.

 
Das Interview wurde in der Zeitschrift Účetnictví (Buchführung) veröffentlicht und von unserer Redaktion gekürzt.

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