Völlig neue Beurteilung des Umsatzsteuersatzes für Aufzugsreparaturen?

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Das Urteil C-218/21 DSR vom 5. Mai 2022 befasst sich mit einem Streit zwischen der Gesellschaft DSR und dem portugiesischen Finanzamt über die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Reparaturen und Renovierungen von Aufzügen in Wohngebäuden. Dieses Urteils stützt sich vor allem auf der Auslegung des Anhangs IV Nr. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie, die es den Mitgliedstaaten in Verbindung mit ihrem Art. 106 erlaubt, auf Reparaturen und Renovierungen von Privatwohnungen und Wohngebäuden - mit Ausnahme von Rohstoffen und Bauteilen, die einen wesentlichen Teil der steu-erpflichtigen sonstigen Leistung ausmachen - einen ermäßigten Umsatzsteuersatz anzuwenden.

Die Gesellschaft DSR ist ein portugiesisches Unternehmen, das Aufzüge, Hebezeuge und Fahrsteige erzeugt und auch Reparaturen und Wartungen dieser Geräte übernimmt. Im Jahr 2007 hat die DSR Reparaturen und Renovierungen von Aufzügen durchgeführt, auf die sie einen ermäßigten Umsatz-steuersatz angewandt hat. Die bei diesen Reparaturen angewandten Rohstoffe und Bauteile unterla-gen jedoch dem allgemeinen Umsatzsteuersatz. Das portugiesische Finanzamt stellte bei seiner Au-ßenprüfung im Jahr 2011 fest, dass der allgemeine Umsatzsteuersatz auf die gesamte Reparatur (d. h. nicht nur auf das Material, sondern auch auf die Leistungen von Mitarbeitern) hätte angewendet wer-den müssen.

Die DSR hat sich entschieden, die Steuerbescheide mit einer Klage anzufechten, der zunächst vom Verwaltungs- und Finanzgericht in Porto stattgegeben wurde. Das Gericht begründete seine Entschei-dung damit, dass die Aufzüge ein untrennbarer Bestandteil der betreffenden Gebäude sind und die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes daher nicht ausgeschlossen ist, sofern die Leistungen nach einem Werkvertrag erbracht werden und der ermäßigte Umsatzsteuersatz nicht auf das Material, das einen wesentlichen Teil dieser Leistungen ausmacht, sondern nur auf Leistungen der Mitarbeiter angewandt wird. Diese Voraussetzung wurde von der DSR erfüllt.

Das portugiesische Finanzamt legte gegen diese Entscheidung Berufung beim Obersten Verwaltungs-gericht ein, das dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zwei Vorabentscheidungsfragen vorlegte. Der Kern der beiden Fragen, die gemeinsam geprüft wurden, bestand darin, ob Anhang IV Nr. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Reparaturen und Renovierun-gen von Privatwohnungen und Wohnhäusern“ im Sinne dieser Vorschrift Reparaturen und Renovie-rungen von Aufzügen in Wohngebäuden betrifft.

Der EuGH stellte fest, dass die vorgenannte Vorschrift der Mehrwertsteuerrichtlinie nur dann erfüllt ist, wenn die Arbeiten tatsächlich als Reparaturen oder Renovierungen zu verstehen sind, d. h. keine Instandhaltung vorliegt, bei der es sich hingegen um regelmäßige und kontinuierliche Tätigkeiten han-delt (auf die der allgemeine Umsatzsteuersatz anzuwenden ist), sondern gelegentliche Leistungen erbracht werden. Darüber hinaus dürfen die erbrachten Leistungen nicht gewerblich genutzte Gebäu-de, Sozialwohnungen oder Hotels, sondern ausschließlich Privatwohnungen oder Wohnhäuser betref-fen, d. h. unbewegliche oder bewegliche Sachen, die zum privaten Wohnen bestimmt sind..

Bei Reparaturen und Renovierun-gen von Aufzügen in Mehrzwec-kgebäuden, die nicht nur für Wohnzwecke genutzt werden, sollte ein gemischter Umsatzsteuersatz angewandt wer-den 

Im Gegensatz zum portugiesischen Finanzamt ist der EuGH der Auffassung, dass die Gemeinschafts-bereiche von reinen Wohngebäuden, in denen sich in der Regel Aufzüge befinden, für die Nutzung der einzelnen Wohnungen wichtig, ja sogar unerlässlich sind, und die oben genannte Vorschrift der Mehrwertsteuerrichtlinie daher auch für Reparaturen und Renovierungen von Aufzügen in Wohnge-bäuden gilt. Bei Reparaturen und Renovierungen von Aufzügen in Mehrzweckgebäuden, d.h. solchen Gebäuden, die nicht nur für Wohnzwecke, sondern z.B. auch für gewerbliche Zwecke genutzt werden, sollte jedoch ein gemischter Umsatzsteuersatz angewandt werden (für die Anwendung des Umsatz-steuersatzes sollte eine angemessene Aufteilung des Entgeltes vorgenommen werden). 

Dies wirft die Frage auf, wie die einschlägigen Bestimmungen des tschechischen Umsatzsteuergeset-zes nach diesem Urteil auszulegen sind.

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