Rechtssichere Vertragsgestaltung beim Softwarekauf

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veröffentlicht am 20. März 2019 

 

Eine rechtssichere Vertragsgestaltung beim Softwarekauf erweist sich zunächst aufgrund verschie­dener rechtlicher Bestimmungen und der Aufspaltung in den Erwerb der „Sache” Software und der Einräumung entsprechender Nutzungsrechte an dieser zunächst als schwierig. Diese Unsicherheit verleitet das erwerbende Unternehmen (z.B. Krankenhaus oder Pflegeeinrichtung), die gestellten Vertragsmuster zu akzeptieren. Dabei sollte man Softwarelieferungsverträge nicht auf die leichte Schulter nehmen und aktiv mitgestalten, um mögliche böse Überraschungen im Nachgang zu vermeiden. Die nachfolgenden Praxistipps zeigen die Besonderheiten auf und bieten erste Umsetzungsschritte an.

 

Bunte Tüten
 

 

In der heutigen Zeit ist der Einsatz von softwarebasierten Lösungen zur Unterstützung von Prozessen innerhalb der Gesundheitswirtschaft selbstverständlich. So kommen Krankenhäuser an der Einführung digitaler Tools oder Systeme nicht mehr vorbei. Vereinfacht dargestellt, ist das Vorgehen in der Praxis hierzu meist wie folgt: Zunächst entsteht das Bedürfnis für den Einsatz einer bestimmten Software, um beispiels­weise die Prozesse innerhalb des Hauses zu vereinfachen; die zuständigen Mitarbeiter befassen sich mit gewünschten technischen Funktionen und der richtigen Softwarelösung hierzu, daraufhin erfolgt die Beschaffung und schließlich wird die Software eingeführt und in die vorhandene Struktur integriert. In diesem Beschaffungs- und Einführungs­prozess werden rechtliche Aspekte zumeist entweder nicht bedacht oder nur unzureichend umgesetzt.

 

Die Scheu vor eingehender rechtlicher Befassung liegt darin, dass Unternehmen häufig beim Erwerb einer Software vor erheblichen rechtlichen Herausforderungen stehen – denn die Thematik des Softwarekaufs lässt sich nicht unter ein eigenes Rechtsgebiet subsumieren, sondern erstreckt sich auf die allgemeinen Normen und Bestimmungen des Zivilrechts sowie auf solche des Urheberrechts, die in die Vertragsge­staltung Eingang finden müssen. Hierdurch ergibt sich eine gewisse Rechtsunsicherheit, worauf denn konkret bei der Gestaltung von Softwarekaufverträgen zu achten sei, hinzu kommt noch personelle und strukturelle Knappheit.

 

Vertragsgestaltung: Softwareüberlassung oder Softwarepflege

Zu Beginn der Vertragsgestaltung muss die Beschaffung der Standardsoftware unter einen bestimmten Vertragstyp eingestuft werden. Handelt es sich um eine Überlassung der Software gegen Einmalzahlung und auf Dauer, also um Softwarekauf, sind in großen Teilen die Regelungen des Kaufrechts einschlägig. Fehlt es dagegen an der dauerhaften Überlassung oder an der Einmalzahlung, sind entweder die mietrechtlichen Regelungen oder die des Pachtrechts anwendbar. Zu unterscheiden ist weiterhin die Erstellung von Software (Softwareerstellungsvertrag) von der Software-Überlassung. Eine reine Neu-Erstellung findet in der heutigen Zeit kaum noch statt, stattdessen wird eine Zusammenstellung, Verknüpfung und Weiterentwicklung vor­han­dener Bausteine vorgenommen. Zum Softwareerstellungsvertrag zählt auch die Anpassung der Software, soweit diese dabei verändert, bearbeitet oder weiterentwickelt wird. Diese Thematiken fallen unter die werkvertraglichen Regelungen. Weiter kommen Mischkonstellationen in Betracht, die sauber in der jeweiligen Vereinbarung voneinander zu trennen sind. Zudem sollte aufgrund der vielfältigen Einordnungs­möglichkeiten die jeweilige Konstellation einzelfallbezogen betrachtet werden.

 

Handelt es sich womöglich gar nicht um eine Softwareüberlassung, sondern vielmehr um eine Software-Pflege, erweist sich die Einordnung unter einen Vertragstyp als schwierig; die Pflege deckt in der Regel eine Reihe zahlreicher Leistungsbereiche ab und ist somit unterschiedlichen Vertragstypen zuzuordnen. In Frage kommt aufgrund der mängelbezogenen Leistungen und der typischen SLA (Service Level Agreement) die Einordnung unter die werkvertraglichen Bestimmungen. Die Anbieter versuchen jedoch eine Einstufung unter einen Dienstleistungsvertrag zu erreichen, um der Gewährleistungsverpflichtung, die ein Werkvertrag nach sich ziehen würde, zu entgehen. Deshalb empfiehlt es sich nach Leistungsbereichen innerhalb der Softwarepflege zu unterscheiden: Ist eine erfolgsorientierte Mängelbeseitigung vereinbart, handelt es sich um einen Werkvertrag. Sind dagegen nur eine Unterstützung des Kunden bei der Mängelbeseitigung oder weitere Unterstützungsleistungen gefragt, erfolgt die Einstufung unter einen Dienstleistungsvertrag. Das Durchführen von Updates wiederum führt zur Anwendung von werkvertraglichen Vorschriften.  
 
Nachfolgend werden die Besonderheiten in der Vertragsgestaltung beim Softwarekauf, also bei einer dauerhaften Überlassung der Software gegen eine Einmalzahlung, näher beleuchtet.

 

Softwarekauf: Besonderheiten für den Vertrag

Aufgrund der Bezeichnung „Softwarekauf” wird zunächst nur die kaufvertragliche Komponente sichtbar. Auch besteht bei Softwareverträgen die Hauptleistungspflicht darin, die vereinbarte Software so zu liefern, sodass diese vertragsgemäß eingesetzt werden kann. Hierzu zählt nicht nur die Übereignung der Software, sondern auch die Einräumung der urheberrechtlichen Nutzungsrechte. Diese zwei Komponenten müssen sich in den jeweiligen Verträgen wiederfinden. Das bedeutet konkret, dass im ersten Schritt der Erwerb der Software als „Sache” und im zweiten Schritt gesondert die Übertragung der jeweils erforderlichen Nutzungs­rechte im Vertrag geregelt werden müssen.

 

Das bedeutet, dass der Vertragsgegenstand (z.B. Lieferung einer Software) sowie die Software genau beschrieben werden sollten. In der Regel erfolgt dies durch die Erstellung eines Pflichtenhefts. Die Be­schreibung der Software bildet im Nachgang den Maßstab dafür, ob diese fehlerhaft geliefert wurde oder nicht. Unterbleibt eine solche Beschreibung, fehlt damit eine vertragliche Vereinbarung der Software-Beschaffenheit, sodass im Streitfall auf die gesetzlichen Regelungen, die möglicherweise nachteilhaft oder für den konkreten Fall nicht passend sein könnten, zurückgegriffen werden muss. Weiter ist zu beachten, dass zum Mindestlieferumfang sowohl die Software selbst, als auch die Überlassung der Anwendungs­dokumentation zählt. Die Anwender­dokumentation ist besonders wichtig, um aus verschiedenen Pers­pektiven (Entwickler/Anwender/Benutzer) die Funktionen der Software allumfassend zu verstehen und einen optimalen Softwareeinsatz gewährleisten zu können. Darüber hinaus ist sie gemäß GoBD zwingend vorzuhalten.

 

Während die Überlassung der Anwendungsdokumentation sogar eine Hauptpflicht darstellt, besteht ein Anspruch auf die Herausgabe des Quellcodes bei Lieferung von Standardsoftware in der Regel nicht. Vielmehr müssen die Vertragsparteien die Herausgabe des Quellcodes gesondert vereinbaren. Mithilfe des Quellcodes können an dem Computerprogramm Änderungen vorgenommen werden, ohne die Hilfe des Herstellers in Anspruch nehmen zu müssen. Da der Quellcode im Rahmen eines Insolvenzverfahrens in die Insolvenzmasse fließt, muss der Anwender meist eine gesonderte Vergütung entrichten, um den Quellcode vom Insolvenzver­walter zu erwerben. Zum Teil gibt es Vereinbarungen, den Quellcode auf einem Datenträger regelmäßig bei einem Rechtsanwalt des Vertrauens zu hinterlegen, um so besser vor den Risiken einer Insolvenz des Softwarehauses geschützt zu sein.

 

Weiter sollten die Einräumung sowie die Beschränkung der urheberechtlichen Nutzungsrechte geregelt werden. Hierbei ist besonders zu beachten, dass dem erwerbenden Unternehmen die sogenannten Mindest­rechte eingeräumt werden. Zu den Mindestrechten zählen insbesondere: Installationsrecht, Recht zum vertragsge­mäßen Gebrauch der Software, Möglichkeit Sicherungskopien zu erstellen, Durchführung von Testläufen und Beobachtung der Software, Laden und Laufenlassen der Software sowie das Recht zur Fehlerbeseitigung und zu Softwareänderungen bei neuen gesetzlichen Bestimmungen und neuer Hardware.

 

Zu einer ordentlichen Vertragsgestaltung gehören weiterhin Regelungen zum Lieferdatum und in welcher Form die Software geliefert werden soll; so kann die Lieferung eines körperlichen Vervielfältigungsstücks der Software oder die Möglichkeit, die Software von einem Server des Verkäufers herunterzuladen, vereinbart werden.    

 

Zusatzleistungen gesondert in den Vertrag aufnehmen

Im Zuge der Vertragsgestaltung entsteht oft das Bedürfnis Zusatzleistungen innerhalb des Software­kauf­vertrages zu vereinbaren. Unter Zusatzleistungen fallen alle Leistungen, die mit der Über­lassung der Software nicht im direkten Zusammenhang stehen, jedoch Teil desselben Lebenssachverhalts sind. Hierzu zählen beispielsweise die Installation, das Einrichten und die Anpassung der Software sowie die Einweisung der Nutzer, Datenmigration und Supportleistungen. Die Vereinbarung von Zusatzleistungen könnte sich jedoch bei Mängeln auf den rechtlichen Bestand der Softwareüberlassung auswirken oder die vertrags­typologische Einordnung der Softwareüberlassung verändern. Deshalb sollte das Vorliegen oder Fehlen von zusätzlichen Leistungen sowie deren Verhältnis zu der selbigen Softwareüberlassung möglichst klar geregelt werden.

 

Zuletzt empfiehlt sich die Aufnahme von Geheimhaltungsklauseln, da im Rahmen von komplexerem Soft­ware­erwerb ebenfalls Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ausgetauscht werden. Zudem sollten sich die Vertrags­parteien zur Einhaltung von datenschutzrechtlichen Bestimmungen verpflichten. Solche Regelungen dürfen vor allem bei grenzüberschreitenden Datenübermittlungen nicht fehlen. Hierbei ist gerade im Gesund­heitswesen zu beachten, dass Patientendaten besonders sensible Daten enthalten, sodass ein dementsprechend hohes Schutzniveau stets gewährleistet werden muss. 

 

Insgesamt sollten sich also nachfolgende Aspekte im Softwarekaufvertrag stets wiederfinden:

 

  • Vertragsgegenstand
  • Nutzungsumfang
  • Softwarelieferung
  • Kaufpreis und Zahlungsmodalitäten
  • Zusatzleistungen
  • Zu ergreifende Maßnahmen zum Schutz der Software
  • Käuferpflichten
  • Vorgehen bei Sach- und Rechtsmängel
  • Haftung
  • Geheimhaltung und Datenschutz

 

Fazit

Festzuhalten bleibt also, dass der Softwarekaufvertrag sehr viel Raum für vertragliche Ausgestaltung lässt. Dieser Raum sollte stets durch entsprechende Klauseln ausgefüllt werden, um böse Überraschungen nach dem Kauf und der Implementierung der Software zu vermeiden. Denn ist die Software bereits im Einsatz, zieht eine mögliche Abschaffung dieser nicht nur einen großen finanziellen sondern auch einen personellen Einsatz nach sich. Deshalb empfiehlt es sich bei Einführung einer neuen Software im Krankenhaus die Vertragsgestaltung nicht den Anbietern zu überlassen, sondern sich einen rechtlichen Rat einzuholen und die Softwareliefer­ungsverträge aktiv mitzugestalten.

Kontakt

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Norman Lenger-Bauchowitz, LL.M.

Mediator & Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachberater für Restrukturierung & Unternehmensplanung (DStV e.V.)

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