OLG Düsseldorf: Mindestsätze nach HOAI 1996/2002 bleiben wirksam

PrintMailRate-it

​veröffentlicht am 15. November 2021

 

In seiner Entscheidung vom 4.7.2019 (Rs. C-377/17) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland durch Beibehaltung von Mindestsätzen in § 7 Abs. 1 und 3 HOAI 2013 gegen die europäische Dienstleistungsrichtlinie verstoßen hat. Ob sich aus diesem Verstoß eine Unanwendbarkeit der Mindestsätze auch für bestehende Vertragsverhältnisse zwischen Privatpersonen ergibt, ist durch den Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14.5.2020 (Az: VII ZR 174/19) dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt worden. Inwieweit die bisherigen Erwägungen des EuGH in gleicher Weise für Sachverhalte nach der zeitlich früheren HOAI 1996/2002 gelten, hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 24.6.2021 (Az.: 5 U 222/20) beurteilt.


Die wichtigsten Inhalte im Überblick:

  • Begehrt ein Architekt in Abkehr von dem vereinbarten Pauschalhonorar die Aufstockung seiner Vergütung auf der Basis der Mindestsätze, ist § 4 Abs. 1 HOAI 1996/2002 anwendbar.
  • Diese Regelung verstößt nicht gegen die europäische Dienstleistungsrichtlinie, denn als die Umsetzungsfrist der Dienstleistungsrichtlinie am 28.12.2009 endete, war die HOAI 1996/2002 bereits durch die HOAI 2009 abgelöst.
  • Der Geltung des § 4 Abs. 1 HOAI 1996/2002 steht auch nicht per se das europäische Primärrecht in Form der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) oder der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) entgegen. Denn der hierfür erforderliche grenzüberschreitende Bezug ist beispielsweise dann nicht gegeben, wenn beide Parteien Inländer sind, das Bauprojekt nicht öffentlich ausgeschrieben war und kein solches Ausmaß oder Prestige aufweist, dass es eine grenzüberschreitende Attraktivität gezeigt hätte.
  • Stellt ein ausländischer Architekt fest, dass er sich einerseits mit günstigen Angeboten den Zugang zu dem deutschen Markt erschließen und andererseits „im Notfall” doch auf ein Mindesthonorar zugreifen kann, hat dies keine Wirkung, die den Markteintritt behindert.
  • Im Hinblick darauf, dass die HOAI 1996/2002 nicht mehr in Kraft ist, ist nicht ersichtlich, inwieweit Sachverhalte und Entscheidungen hierzu die Entscheidung beeinflussen können, ob sich ein Architekt aktuell in Deutschland niederlässt oder hier seine Dienstleistung erbringt.

 Aus dem Newsletter

Kontakt

Contact Person Picture

Dr. Julia Müller

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Vergaberecht

Partner

+49 911 9193 3566

Anfrage senden

Profil

Deutschland Weltweit Search Menu