BGH: Das Ende der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung

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veröffentlicht am 16. September 2019

 

§ 2 Abs. 3 VOB/B regelt, dass die vertraglich vereinbarte Vergütung eines Werkvertrages anzupassen ist, wenn der Unternehmer (merklich) mehr leistet, als ursprünglich vorgesehen. Kommt eine Einigung über den neuen Einheitspreis nicht zustande, hilft die Vorschrift allerdings nicht weiter. Die VOB/B legt die Verantwortung für die neue Preisbestimmung vielmehr in die Hände der Vertragsparteien. Diese sollen unter Berücksichtigung der geänderten Umstände einen neuen Preis aushandeln. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 8.8.2019 (Az.: VII ZR 34/18) eine wegweisende Entscheidung über die Bestimmung des neuen Preises ausgesprochen.

 

Wichtige Hinweise für die Praxis:

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs gilt für die Preisbestimmung folgendes:

 

  • Die Vertragsparteien können sich sowohl bei Vertragsschluss für den Fall, dass Mengenmehrungen eintreten, als auch nachträglich, sobald aufgrund konkret eingetretener Mehrmengen ein neuer Einheitspreis verlangt wird, über einzelne Teilelemente der Preisbildung verständigen.

 

  • Sie können etwa einen bestimmten Maßstab beziehungsweise einzelne Kriterien oder Faktoren festlegen, nach denen im konkreten Fall der neue Einheitspreis bestimmt werden soll.

 

  • Haben sich die Parteien nicht hinsichtlich der Preisbildung geeinigt, enthält der Vertrag eine Lücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.

 

  • Dabei entspricht es der Redlichkeit und dem bestmöglichen Ausgleich der wechselseitigen Interessen, dass durch die unvorhergesehene Veränderung der auszuführenden Leistungen keine der Vertragsparteien eine Besser- oder Schlechterstellung erfahren soll.

 

  • Die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien nach Treu und Glauben ergibt, dass für die Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehrmengen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich sind. Eines Rückgriffs auf die vorkalkulatorische Preisfortschreibung bedarf es nicht.

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Dr. Julia Müller

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