Whistleblowing ist Management-Thema

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veröffentlicht am 19. Mai 2017

 

Neben der Enthüllung von großen Missständen wie in den Beispielen Edward Snowden, Julian Assange, oder der Panama-Papers, gibt es täglich viele kleine Fälle von Whistleblowing in Unternehmen, Organisationen oder Behörden. Vielfach werden Whistleblower dabei als Denunzianten oder sogar Verräter beschimpft. Dabei werden die Vorteile von (internem) Whistleblowing oftmals verkannt. ​

 

 

Insider berichten bspw., dass es auch beim VW-Abgas-Skandal mehrere Whistleblower gegeben habe, ihre Hinweise aber nie in der Führungsetage angekommen seien. Als der Skandal dann öffentlich wurde, war der wirtschaftliche Schaden für das Unternehmen unermesslich, der Imageverlust kaum zu beziffern.

 

Internes Whistleblowing ist ein durchaus – wenn auch noch verkanntes – nutzenstiftendes Compliance-Instrument und sollte als Programm für den Umgang der Unternehmen mit Risiken angesehen werden. Als Teil der unternehmenskulturellen Fortentwicklung und sollte es als Managementthema behandelt werden. Das Stichwort könnte hierbei „Risikokommunikation” lauten.

 

Mitarbeiter sind infolge ihrer unmittelbaren Eingliederung in die unternehmensinternen Prozesse häufig am ehesten in der Lage, Missstände im Unternehmen frühzeitig zu identifizieren. Durch interne Hinweise und eine anschließende gewissenhafte und effiziente Überprüfung der Meldung, kann ein Fehlverhalten im Unternehmen frühzeitig aufgedeckt und ohne Beteiligung von Öffentlichkeit und v.a. (Ermittlungs-) Behörden beseitigt werden. So können Straf- und Schadensersatzzahlungen sowie Reputationsschäden verhindert werden.

 

Ohne ein internes Whistleblowing-System besteht dagegen die Gefahr, dass Hinweise über Fehlverhalten und Missstände verspätet oder gar nicht an die zuständigen Stellen im Unternehmen gelangen. Somit ist internes Whistleblowing im Sinne der Risikokommunikation als bedeutender Bestandteil eines effizienten Compliance-Management-Systems zu betrachten.

 

Dass dem Whistleblowing heutzutage ein immer größerer Stellenwert zukommt, zeigen auch folgende internationale Entwicklungen, die sich teilweise auch auf deutsche Unternehmen auswirken:

  • Das französische Parlament hat ein Gesetz zur Transparenz, Korruptionsbekämpfung und Modernisierung des Wirtschaftslebens verabschiedet (Sapin II). Leider sind – auch in Deutschland – zahlreiche Initiativen, die Bedeutung von Whistleblowing für das Gemeinwohl gesetzlich anzuerkennen und einen arbeitsrechtlichen Schutz für Hinweisgeber zu schaffen, bisher im Bundestag immer gescheitert.

  

  • Allerdings hat die Finanzaufsicht BaFin im Juli 2016 mit Wirkung zum 01. Januar 2017 eine Hinweisgeberstelle um ein elektronisches System erweitert. Damit sollen „die Rahmenbedingungen weiter verbessert [werden], in denen potenzielle Hinweisgeber bereit sind, ihr Wissen preiszugeben, und die BaFin in der Lage ist zu überprüfen, ob Hinweise aufsichtsrechtliche Bedeutung haben” (Quelle: BaFin).

  

  • Die US-Börsenaufsichtsbehörde (SEC) hat bereits am 25. Mai 2011 Regelungen zur Schaffung eines Whistleblower-Programms erlassen. Natürliche Personen, die der Behörde sachgemäße Hinweise geben und damit letztlich zu erfolgreichen Vollstreckungsmaßnahmen beitragen, sollen belohnt werden. Um für eine Belohnung in Frage zu kommen, setzen die Regelungen der SEC folgendes voraus: Ein Informant (also ein Whistleblower) muss der SEC freiwillig originäre Informationen liefern, die zu einer erfolgreichen Durchsetzung eines Verfahrens vor einem Bundesgericht oder eines behördlichen Verfahrens durch die SEC führen, in dem die SEC Geldstrafen von insg. mehr als 1 Mio. US-Dollar erhält. Das Programm sieht in dem Zusammenhang vor, dass Whistleblower 10 bis 30 Prozent der eingenommenen Geldbußen erhalten, wenn die Höhe der Strafe 1 Mio. US-Dollar übersteigt. Bislang hat die Behörde Prämien von insgesamt 107 Mio. US-Dollar an 33 Tippgeber gezahlt. Die höchste Summe betrug 30 Mio. US-Dollar.

  

  • Interessant sind auch die geplanten Änderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex. In der geänderten Fassung soll er Firmen dazu anhalten, Beschäftigten und Dritten verstärkt die Möglichkeit einzuräumen, auf geeignete Weise Hinweise auf Fehlverhalten im Unternehmen geben zu können.

  

  • Last, but not least gerät häufig in Vergessenheit, dass bereits seit Januar 2014 alle EU-Institutionen verpflichtet sind, Regeln zum Schutz von internen Informanten einzuführen.

 

Private und öffentliche Unternehmen sollten daher – trotz der immer noch bestehenden Abneigung – proaktiv über die Einrichtung eines internen Whistleblowing-Systems im Sinne einer internen Risikokommunikation nachdenken. Die Ausgestaltung eines Whistleblowing-Systems sollte aber immer individuell sowie abhängig von der Unternehmensgröße und -organisation erfolgen. Dabei sind jedoch zwingend arbeitsrechtliche Vorgaben, insb. die Einbeziehung eines Betriebsrates, zu beachten.

 

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