Günstig einkaufen – Potenziale bei der Energiebeschaffung

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Die Folgen der Energiewende sind für Unternehmen insbesondere auch bei der Energiebeschaffung deutlich spürbar, da die zunehmende Vermarktung von Strommengen aus erneuerbaren Energien zu größeren Schwankungen der Großhandelspreise führt. Zudem müssen die Auswirkungen der aktuellen Energie- und Klimapolitik und sich daraus ergebende zukünftige konjunkturelle Entwicklungen prognostiziert und ihre Auswirkungen auf das eigene Unternehmen abgeschätzt werden. Durch die Optimierung der Beschaffungsvorgänge kann jedoch auf diese Entwicklungen reagiert werden.
 
Neben den Großhandelspreisen und der allgemeinen Konjunkturentwicklung spielt auch Nachhaltigkeit im Gesamtprozess der Unternehmen – und somit auch bei der Energiebeschaffung – eine immer wichtigere Rolle. Die veränderten Marktbedingungen führen dazu, dass sich die traditionellen Beschaffungswege und -arten ändern. Besonders Unternehmen mit erhöhtem Energiebedarf stehen vor neuen Herausforderungen.
 
Um eine optimale Beschaffungsstrategie zu entwickeln, müssen jedoch Fragen zu den bestehenden Risiken, der entsprechenden Risikoneigung des Unternehmens sowie des angemessenen Umgangs mit diesen Risiken geklärt werden. Folgende Risiken nehmen dabei die zentrale Rolle ein:
  • Marktpreisrisiko: Es beschreibt die Gefahr finanzieller Verluste aufgrund von nicht erwarteten und/oder nicht beachteten Marktpreisänderungen.
  • Mengenrisiko: Dieses Risiko liegt vor, wenn Abweichungen zwischen der Prognose bzw. der beschafften Menge und dem tatsächlichen Verbrauch auftreten.
  • Liquiditätsrisiko: Es beschreibt die Gefahr nicht ausreichender Zahlungsmittel für die Energiebeschaffung.
  • Prozessrisiko: Dieses Risiko schließt alle Gefahren ein, die während des gesamten Beschaffungsprozesses auftreten können, wie beispielsweise unzureichende Informationen oder Vertragsfehler.
 
Die Risikoanalyse sowie die entsprechende Positionierung des Unternehmens im Hinblick auf die Energiebeschaffung sollte im Rahmen des Risikomanagements im Risikohandbuch Berücksichtigung finden. Im Falle des Eintritts eines der genannten Risiken sind dann entsprechende Zuständigkeiten und anschließende Prozesse klar definiert.
 
Exemplarisch für den Bereich der Strombeschaffung stellen die folgenden drei Strategien die gängigsten dar, welche sich im Wesentlichen durch das Preis- und Mengenrisiko unterscheiden:
  • Vollstromversorgung
  • Tranchenbeschaffung
  • Vollständig strukturierte Beschaffung / Portfoliomanagement
 
Die Vollstromversorgung ist vor allem Bestandteil älterer Verträge. Gegenstand dieser Methode ist der vollständige Einkauf zu einem Zeitpunkt bei einem Lieferanten. Meist sind definierte Toleranzbänder enthalten, welche die Prognoseschwankungen ausgleichen. Vorteile dieser Beschaffungsstrategie sind die Preissicherheit sowie ein geringer Aufwand. Dem stehen jedoch geringe Einsparpotenziale, ein hohes Preisrisiko sowie ein geringes Maß an Risikodiversifizierung gegenüber. Da der Kaufpreiszeitpunkt bei dieser Art der Beschaffung ausschlaggebend ist, besteht das Risiko, zu einem „falschen” Zeitpunkt (d.h. einem Zeitpunkt in dem die Preise sehr hoch sind) die benötigte Strommenge zu kaufen.
 
Beim Tranchenmodell wird die prognostizierte Menge in Teilmengen bzw. Tranchen aufgeteilt und zu unterschiedlichen Zeitpunkten beschafft. Dabei reichen die Gestaltungsmöglichkeiten von identischen Volumina zu regelmäßigen Zeitpunkten bis hin zu Quartalsbeschaffung mit unterschiedlichen Tranchengrößen oder vollständig individuellen Größen und Bestellzeitpunkten. Im Vergleich zur Vollstromversorgung wohnt dem Tranchenmodell regelmäßig ein geringeres Preisrisiko inne, da unterschiedliche Kaufzeitpunkte gewählt werden, so dass saisonale Schwankungen direkt berücksichtigt werden können. Die damit verbundenen Verträge erweisen sich im Vergleich zu einer Vollstromversorgung als umfangreicher, darüber hinaus ist eine kontinuierliche Marktbeobachtung notwendig.
 
Im Rahmen des Portfoliomanagements wird der prognostizierte Verbrauch in standardisierte Großhandelsmarktprodukte aufgeteilt und beschafft. Gerade für sehr stromintensive Unternehmen (Strombedarf > 100 GWh/a) mit einer gleichmäßigen und gut prognostizierbaren Lastkurve bietet sich diese Beschaffungsart an. Die Flexibilität sowie die Möglichkeiten zur Kosteneinsparung sind bei dieser Beschaffungsart hoch. Allerdings ist entsprechendes Wissen innerhalb des Unternehmens notwendig, was wiederum mit hohem personellen Aufwand verbunden ist. Zudem gestaltet sich das Produktcontrolling komplexer, da nicht mehr mit einem fixen Preis kalkuliert werden kann.
 
Neben dem reinen Energiepreis nehmen Steuern und Abgaben eine immer wichtigere Rolle ein, da diese nicht durch ein angepasstes Verhalten oder eine entsprechende Strategie beeinflusst werden können. Entsprechende Befreiungsmöglichkeiten sollten daher geprüft werden, um finanzielle Vorteile geltend machen zu können.
 
Eine moderne Energiebeschaffung in einem mittelständischen Unternehmen ist demnach geprägt von einer klar definierten Beschaffungsstrategie, einer Risikoanalyse sowie einer kontinuierlichen Markt- und Preisinformationspolitik. Dabei sind diese drei Elemente nicht isoliert zu betrachten, sondern sie greifen im laufenden Beschaffungsprozess ineinander.
  
zuletzt aktualisiert am 11.03.2015
 

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Diana Basilio

M.Sc. Energie- und Finanzwirtschaft

Associate Partner

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