DE: KWK-Chancen im Ländervergleich

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Es bestehen im europäischen und internationalen Umfeld interessante Marktchancen für Kraftwärmekopplungs-Projekte – die Rahmenbedingungen unterscheiden sich jedoch erheblich

Von Benjamin Hufnagel, Rödl & Partner Nürnberg
 
Die Zielerreichung des KWK-Strom-Anteils von 25 Prozent in 2020, erscheint äußerst fraglich. Das aktuelle Marktumfeld für größere KWK und G&D-Anlagen ist in Deutschland unter anderem durch die vermehrte und vorrangige Börsenvermarktung von Erneuerbaren Energien („Merit-Order-Effekt”) und durch einen häufig negativen „Clean-Spark-Spread” als schwierig einzustufen. Deutlich positiver bewertet werden kann der Bereich der kleineren und mittleren KWK-Anlagen, da der Endkundenstrompreis mit hohen Umlagen beaufschlagt ist, die bspw. im Falle der Eigenstromerzeugung umgangen werden können. Auch im europäischen Umfeld lassen sich Ansatzpunkte für solche KWK-Projekte erkennen – besonders in Ländern in denen das Verhältnis von substituierbaren Endkundenstrompreis und Brennstoffkosten ähnlich vorteilhaft ist wie in Deutschland.
 
Die deutsche Bundesregierung hat bereits mit der Verabschiedung des KWKG (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) im Jahre 2002 die Ausbauziele für die Stromerzeugung in Kraft-Wärmekopplung festgesetzt. Hiernach soll bis zum Jahr 2020 der KWK-Anteil an der Stromerzeugung mindestens 25 Prozent betragen. Da in den vergangenen Jahren die jährlichen Zubauraten hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind, wurde im Jahr 2012 im Zuge der KWKG-Novelle der Fördersatz für neue und modernisierte KWK-Anlagen erhöht sowie die Förderung für Netze, Wärme- und Kältespeicher ausgeweitet. Ob allein dadurch die geforderten Ziele erreicht werden erscheint jedoch fraglich, denn drei weitere Faktoren haben einen deutlich größeren Einfluss auf die Marktchancen von KWK-Anlagen. Der in den vergangenen Jahren und aktuell steigende Stromeigenverbrauch lässt künftig eine starke Marktentwicklung für kleine und mittlere BHKW (Blockheizkraftwerke) erwarten. Gegenteilig stellen sich die Erwartungen bezüglich der Entwicklungen im Segment der größeren KWK-Anlagen (Gasturbinen, G&D-Anlagen) dar. Hier schlagen vor allem der niedrige und zeitweilen negative „Clean-Spark-Spread” sowie der niedrige CO2-Emissionszertifikatepreis zu Buche. Im Folgenden werden diese Aspekte genauer betrachtet, für eine umfängliche Aussage zu den Marktentwicklungschancen von KWK-Anlagen müssen jedoch weitere Voraussetzungen wie bspw. Wärmebedarfe, Brennstoffverfügbarkeit, Fördermittel sowie weitergehende regulatorische Rahmenbedingungen analysiert werden.
 

Stromeigenerzeugung

Gerade bei mittleren und kleineren KWK-Anlagen, typischerweise BHKWs, ist die Stromerzeugung zum lokalen Eigenverbrauch als Alternative zur Netzeinspeisung in den Fokus gerückt. Die Gründe liegen im Wesentlichen an den stark gestiegenen Endkundenstrompreisen (getrieben durch steigende EEG-Umlage, steigende Netzentgelte etc.), verhältnismäßig niedrigen Erdgaspreisen sowie der zusätzlichen Förderung über das KWKG. Die Brutto-Endkundenpreise bewegen sich im Bereich von 20 bis 27 ct/kWh(el), die Gaspreise betragen ca. 5-7 ct/kWh(Hi) und aus der Förderung des KWKG kann (je nach Anlagengröße) mit weiteren Zuschlägen von 2-5,41 ct/kwH(el) gerechnet werden. Es ist somit offensichtlich, dass bei einem typischen, elektrischen Wirkungsgrad eines BHKWs von 40 Prozent oftmals ein wirtschaftlicher Anlagenbetrieb bereits ohne Berücksichtigung der Wärmeerlöse möglich ist. Ausschlaggebend ist folglich das Zusammenspiel des durch die Eigenerzeugung substituierbaren Endkundenstrompreises und dem (Endkunden-) Gaspreis.
 

Clean-Spark-Spread

Im Bereich der größeren KWK-Anlagen, deren Strom in den meisten Fällen über die Börse vermarktet wird, präsentiert sich indes ein nahezu umgekehrtes Bild. Der Zubau der Erneuerbaren Energien verursacht durch die vorrangige Einspeisung und Vermarktung an der Börse ein Absenken der Börsenstrompreise (auch bekannt als „Merit-Order-Effekt”). Der „Clean-Spark-Spread” als Kenngröße für die Differenz aus Börsenstrompreis, Energiekosten und CO2-Emission für die Stromerzeugung aus einem hocheffizienten G&D-Kraftwerk, wird hierdurch und durch den seitwärts tendierenden Gaspreis, niedrig bis negativ.
 

Formel


CSS = Strompreis(t) – (Gaspreis(t) / 0,4913*) – (CO2-Preis(t) x 0,411** t CO2/MWh)

*49,11% = unterstellter Wirkungsgrad für ein G&D-Kraftwerk
2/MWh = gas emissions intensity factor
 

 
 
 
 
 
 
 
 

Clean-Spark-Spread 2011 bis 2013

Clean-Spark-Spread 2011 bis 2013
 
Jahr 2012 sind einige G&D und Erdgas-KWK-Anlagen infolge dessen nur auf die Hälfte (entspricht Zeiten mit negativem CSS) der prognostizierten Jahresbetriebsstunden gekommen, neue Kraftwerksprojekte wurden zunächst auf Eis gelegt. Ohne eine gravierende Änderung der energiemarktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden die von der Bundesregierung geforderten Ausbauziele bis 2020 voraussichtlich nicht erreicht.
 

CO2-Emissionszertifikate

Verschärft wird die Situation weiter durch das Überangebot an CO2-Emissionszertifikaten. Ein niedriger CO2-Preis bedeutet, dass die kostenintensiveren, aber effizienteren und emissionsärmeren G&D und KWK-Kraftwerke keinen Vorteil aus den niedrigeren CO2-Emissionen ziehen können. Der Strom aus Braunund Steinkohlekraftwerken kann somit zu einem deutlich niedrigeren Preis angeboten werden, als der aus den Gaskraftwerken oder KWK-Anlagen. Das auf EU-Ebene diskutierte und mittlerweile beschlossene „Backloading” (Verschiebung der Herausgabe von CO2-Handelszertifikaten auf eine kommende Periode) könnte hier zumindest kurzfristig Besserung verschaffen. Mittelfristig ist aber das CO2-Handelssystem zu überarbeiten, da bisher die Lenkungswirkung hin zu einer CO2-ärmeren Wirtschaftsleistung nicht erwiesen werden konnte.
 

Preis Emissionszertifikate 2012 – 2013

 Preis Emissionszertifikate 2012 – 2013
 

Blick auf das europäische Umfeld

Die beschriebenen Grundzusammenhänge des Strompreises (Endkunden und Börsenpreis), des Gaspreises (als Hauptbrennstoff im Bereich der KWK-Anlagen) und der CO2-Emissionspreise sind grundsätzlich auch auf andere Länder und Märkte anwendbar. Beispielsweise sind die CO2-Handelspreise seit der III. Handelsperiode innerhalb der Europäischen Union gleich, die Börsenstrom- und Gaspreise unterscheiden sich jedoch signifikant. 
 
Interessant für die Chancenabschätzung der kleinen und mittleren KWK-Anlagen im europäischen Umfeld ist das oben beschriebene Verhältnis von Endverbraucher Gas- und Strompreis. Ist der Gaspreis niedrig und der Strompreis in Relation dazu hoch, so wird auch hier der Trend zur Eigenerzeugung gehen und kleinere und mittlere KWK-Anlagen werden eine höhere Nachfrage erfahren. Die folgende Grafik zeigt in ct/kWh die Differenz von Endkundenstrompreis und Energiekosten für die Erzeugung einer Kilowattstunde Strom (bei einem unterstellen elektrischen Wirkungsgrad in einer KWK-Anlage von 40 Prozent). Insofern die Differenz (deutlich) positiv ausfällt kann der Einspareffekt bereits unter der Annahme eines niedrigen Wärmeerlöses aus dem KWK-Prozess ausreichen, um die verbleibenden Betriebskosten und die Refinanzierung der Anlage zu tragen. Im Bezug auf den Endkunden kann auch eine alternative Wärmeerzeugung betrachtet werden, welche im Falle einer Vollversorgung eines Objektes (Strom und Wärme) zu installieren wäre. Ein BHKW würde somit (als Kopplungsprozess) eine höhere Wertschöpfung aus der Stromerzeugung erzielen und Wärme als „Abfallwärme” dem Objekt zur Verfügung stellen können.
 

Differenz Endkundenstrompreis und Energiekosten

Differenz Endkundenstrompreis und Energiekosten
Interessante Länder für kleine und mittlere KWK-Anlagen könnten neben Deutschland also Irland, die Türkei, Rumänien, England oder auch die Slowakei sein, da hier die Eigenstromerzeugung als ein interessantes Mittel zur Energiekostenreduktion erscheint.
 
Sollten aktuell auch in Ihrem Unternehmen Möglichkeiten zur Optimierung der Energiekosten gesucht werden, unterstützen wir Sie gerne bei der Bewertung einer entsprechenden Investition oder bei der Entwicklung energienaher Dienstleistungen im Zusammenhang mit KWK-Anlagen.
 

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Benjamin Hufnagel

Wirtschaftsingenieur (B.Eng.), M.A. Europäische Energiewirtschaft

Associate Partner

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