Italien: Genehmigungs- und UVP-Verfahren bei EE-Anlagen vereinfacht

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​veröffentlicht am 17. November 2021

 

Mit dem Decreto Semplificazioni Bis (Gesetz Nr. 108 vom 29. Juli 2021) verfolgt der italienische Gesetzgeber das Ziel, sowohl die Ausstellung der Genehmigungen für den Bau von EE-Anlagen als auch die Durchführung der parallel zum Genehmigungsverfahren zu absolvierenden Umweltverträglichkeitsprüfung zu vereinfachen. Dies soll die durchschnittliche Dauer der Genehmigungsverfahren auf ambitionierte 250 Tage anstelle der heute geltenden ca. 1.200 Tage reduzieren.


Im Jahr 2020 lag der Anteil der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch in Italien bei 20 Prozent und folglich drei Prozentpunkte über den Zielen der ersten EE-Richtlinie der EU – die sogenannte RED I, Richtlinie 2009/28/EG –, die einen Anteil von 17 Prozent vorsah. Der italienische Markt hat damit seine Attraktivität für internationale Investoren und Unternehmen aus dem Umfeld der Erneuerbaren Energien bestätigt.


Um jedoch die höher gesteckten Ziele der neuen RED II, Richtlinie 2018/2001/EU, zu erreichen, die für Italien einen EE-Anteil von 30 Prozent vorsieht, sind etwa 70 GW an neuer EE-Leistung zu installieren, was etwa 7 GW pro Jahr entspricht. Im Jahr 2020 lag die Zubauleistung jedoch – auch aufgrund bürokratischer Widerstände und Hindernisse, die vor allem den Bau von Großanlagen beeinträchtigten – lediglich bei ca. 0,8 GW.


Um die von der EU vorgegebenen EE-Ziele zu erreichen und die – von allen als notwendig erachtete – Energiewende tatsächlich voranzubringen, hat der italienische Gesetzgeber begonnen, die Genehmigungsverfahren zu rationalisieren, um insbesondere die Ausstellung der Genehmigungen für Großanlagen zu vereinfachen.


Im Sommer dieses Jahres sind mit Gesetz Nr. 108 vom 29. Juli 2021 die Normen des sogenannten zweiten Vereinfachungsdekrets (Decreto Semplificazioni Bis) aus dem Gesetzesdekret Nr. 77 vom 31. Mai 2021 endgültig verabschiedet und umgesetzt. Diese neuen Regelungen sollen insbesondere dazu beitragen, die Ziele aus dem Recovery Plan für die Energiewende sowie aus dem Nationalen Integrierten Energie- und Klimaplan (PNIEC) zu erreichen.


Die neuen Normen beschränken vor allem die Anwendbarkeit der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sowie die Verantwortlichkeiten des Kulturministeriums, zu dessen Kompetenzen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auch der Landschaftsschutz gehören kann.


Im Verfahren zur Ausstellung einer Autorizzazione Unica (einheitliche Genehmigung) für die Realisierung einer EE-Anlage auf einem Grundstück, das besonderem Landschaftsschutz unterliegt, ist die Stellungnahme des Kulturministeriums zwar weiterhin notwendig und vorgesehen, allerdings muss sich das Ministerium innerhalb der vom Gesetz vorgesehenen Fristen auch tatsächlich äußern und am Sternverfahren zur Ausstellung der Genehmigung teilnehmen. Erfolgt dies nicht, kann die für die Ausstellung der Autorizzazione Unica zuständige Behörde den Genehmigungsprozess fortführen und die Genehmigung erlassen, ohne dass das Kultusministerium die Möglichkeit hätte, die Genehmigung anzufechten oder infrage zu stellen.


Hierbei handelt es sich um eine besonders einschneidende Maßnahme, weil das Kultusministerium gerade mit dem Instrument des Widerspruchs oft versucht hat, die Realisierung von Projekten in Landschaftsschutzgebieten zu unterbinden.


Von den zuvor genannten Beschränkungen abgesehen sind die Genehmigungsverfahren per se auch vereinfacht worden. Für auf Industrie- oder Gewerbeflächen geplante Projekte, die eine Leistung bis zu 20 MW haben und am Mittelspannungsnetz angeschlossen werden sollen, sind nun über die sogenannte PAS (procedura autorizzativa semplificata), ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren, genehmigungsfähig. Die PAS gilt außerdem auch für EE-Anlagen mit den genannten Merkmalen, die sich in Deponien (auch stillgelegten oder sanierten) und Steinbrüchen befinden, die nicht länger genutzt werden können und für die die zuständige Behörde den Abschluss der ökologischen Sanierungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen unter Einhaltung der geltenden regionalen Vorschriften bescheinigt hat.


Hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung ist bei PV-Anlagen der bis dato anwendbare Schwellenwert, ab dem eine UVP notwendig war, von 1 MW auf 10 MW angehoben worden. Voraussetzung dafür ist, dass der Antragsteller eine Eigenerklärung beifügt, aus der hervorgeht, dass er die Anlage nicht in den als „besonders empfindliches Gebiet“ eingestuften Regionen errichten wird.


Bei EE-Anlagen bis 10 MW betrifft diese Vereinfachung sowohl den Genehmigungs- als auch den UVP-Prozess, während bei größeren Anlagen bis zu 20 MW lediglich der Genehmigungsprozess erleichtert worden ist. Der Umstand, dass diese Projekte EE-Anlagen betreffen müssen, die allesamt am Mittelspannungsnetz angeschlossen werden, könnte aber die Tragweite und praktische Anwendbarkeit der eingeführten Vereinfachungen einschränken.


Ist die UVP in der Regel Sache der Regionen, sieht nun das Decreto Semplificazioni Bis vor, dass die UVP bei PV-Anlagen mit einer Leistung über 10 MW dem Zentralstaat unterliegt, wie es bereits bei Windanlagen von mehr als 30 MW vorgesehen war. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die UVP von PV-Anlagen mit einer Leistung zwischen 1 und 10 MW (abgesehen von Projekten in Gewerbe- oder Industrieflächen, siehe oben) weiterhin den Regionen unterliegt. Sinn und Zweck dieser Zentralisierung ist, die Bewertung von Projekten zu vereinheitlichen und die in den Regionen und Gemeinden bestehenden lokalen Hindernisse zu umschiffen.


Was Instandhaltungsmaßnahmen betrifft, ist vorgesehen, nicht-substanzielle Eingriffe aufgrund einer einfachen CILA (comunicazione inizio lavori asseverata, eine Art zertifizierte Bauanzeige) durchführen zu können. Dies aber nur unter der Voraussetzung, dass sich i) die physischen Dimensionen der Anlage, ii) das Volumen der Strukturen und iii) der von der EE-Anlage und den entsprechenden Anschlussstrukturen ausgehende Einfluss auf die Umwelt nicht ändern.


Eine Begünstigung ist nun auch wieder vorgesehen bei Projekten, bei denen die Nutzung der Agrovoltaik geplant ist. Verfügen EE-Projekte auf landwirtschaftlichen Flächen über keinen Zugang zu den Fördertarifen, ist dieses seit 2011 geltende Prinzip bei Agrovoltaik-Projekten gekippt worden. Diese Projekte sind nun wieder mit einem Fördertarif für den in das Netz eingespeisten Strom förderfähig , sofern Systeme installiert werden, die die Auswirkungen der EE-Komponenten auf die verschiedenen Kulturen, auf die Wassereinsparung, auf die landwirtschaftliche Produktivität sowie auf die Kontinuität in der Führung der Betriebe überwachen und dokumentieren können.


Last, but not least ist auch das UVP-Verfahren an sich rationalisiert worden. Für EE-Projekte, die unter den Recovery Plan und den PNIEC fallen, ist zum Beispiel vorgesehen, dass eine zentrale Kommission das UVP-Verfahren leitet, die sich aus Fachleuten zusammensetzt und für die Bewertung aller Recovery-Fund- bzw. PNIEC-Projekte zuständig ist. Geändert wurden im Sinne einer Beschleunigung auch die Fristen für die Durchführung der UVP.


Laut Aussagen des Umweltministers Roberto Cingolani soll dies dazu führen, 3 GW an in Entwicklung befindlicher EE-Leistung, die die Aufsichtsbehörden trotz einer positiven Umweltverträglichkeitsprüfung wegen der Auswirkungen auf die Landschaft blockieren, von diesen bürokratischen Fesseln zu befreien und in die Genehmigung zu bringen. Darüber hinaus erhofft sich die Regierung, die durchschnittliche Dauer der Genehmigungsverfahren von derzeit bis zu 1.200 Tagen auf ca. 250 Tage zu beschleunigen.

 

 

 

 

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