Beiträge zur Energiewende durch finanzielle Beteiligung von Bürgern und Arbeitnehmern

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​veröffentlicht am 17. November 2022


In Zeiten der Klima- und Energiekrise wächst zunehmend das Bedürfnis von Gemeinden und Arbeitgebern, Projekte zu realisieren, die einen Fremdbezug von meist fossiler Energie minimieren und so gleichzeitig einen Beitrag zur Energiewende leisten. Ein probates Mittel, um die Akzeptanz und Verwurzelung der entsprechenden Veränderungen zu stärken bzw. eine Incentivierung sowie eine stärkere Unternehmensverbundenheit zu erreichen, kann dabei eine finanzielle Beteiligung der Bürger/Arbeitnehmer sein. Ein gewünschter Nebeneffekt kann sich durch freiwerdende finanzielle Mittel ergeben, die anderweitig verwendet werden können, um z.B. weitere neue Projekte zu planen oder in den Ausbau bestehender Projekte zu investieren. Vorstellbar wäre beispielsweise die Beteiligung von Gemeindebürgern an einer oder mehrerer Windenergieanlagen oder die Beteiligung von Arbeitnehmern an dem Bau und Betrieb einer Solaranlage auf dem Dach des Firmengebäudes. 


Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass bei Einsammeln von Kapital – zunächst unabhängig davon, auf welche Weise dies geschieht – sich eine eingehende rechtliche Prüfung empfiehlt, um insbesondere finanzaufsichtsrechtliche Gesichtspunkte und Haftungsfragen im Voraus zu klären. 

Mögliche Ausgestaltungen

Vorstellbar ist die Ausgestaltung eines solchen Vorhaben grundsätzlich in zwei Formen: 

  • Bürger /Arbeitnehmer fungieren allein als Kapitalgeber
  • Bürger /Arbeitnehmer werden durch die finanzielle Beteiligung auch Miteigentümer

Beide Optionen bieten unterschiedliche Vor- und Nachteile. Als reiner Kapitalgeber hat der Bürger/Arbeitnehmer kein Mitbestimmungsrecht bei dem jeweiligen Vorhaben – er hat aber grundsätzlich einen Anspruch auf Rückzahlung und die vereinbarte Verzinsung des Kapitals. Die Verzinsung ist dabei in der Regel unabhängig von der Performance des Vorhabens. 
Im Rahmen einer unternehmerischen Beteiligung trägt der Bürger/Arbeitnehmer das Risiko des Verlusts (und des Gewinns) des Vorhabens mit – dafür werden ihm aber Gesellschafterrechte zuteil (insb. Mitbestimmungsrechte). 

Beide Ausgestaltungen bringen jedoch einerseits finanzaufsichtsrechtliche Fallstricke mit sich, die es zu beachten gilt, andererseits aber auch interessante Privilegierungen, wenn es sich bei den angesprochenen Investoren tatsächlich ausschließlich um Bürger bzw. Arbeitnehmer handelt.
 

Einordnung des Vorhabens in den richtigen gesetzlichen Rahmen 

Zunächst gilt es das jeweilige Vorhaben in den richtigen gesetzlichen Rahmen einzuordnen. In Betracht kommt das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) und das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG), aber auch das Wertpapierprospektgesetzes (WpPG).
Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)

Für Ausgestaltungen, bei denen die Bürger/Arbeitnehmer sowohl an Gewinn, als auch an Verlust des Vorhabens teilhaben, kommt zuvörderst das KAGB als das einschlägige Gesetzeswerk in Betracht. Das KAGB bringt grundsätzlich eine umfassende Regulierung und damit entsprechende Anforderung an die Ausgestaltung und Verwaltung mit sich. Der Anwendungsbereich ist eröffnet, wenn das Vorhaben als „Investmentvermögen“ ausgestaltet ist. Bei der Prüfung des Anwendungsbereichs kann bei Investition in energieerzeugende Anlagen insbesondere das Tatbestandsmerkmal relevant werden, dass kein Investmentvermögen vorliegt, wenn es sich um ein „operativ tätigen Unternehmen außerhalb des Finanzsektors” (§ 1 Abs.1 S. 1 KAGB) handelt. Entscheidend ist dabei, ob die in Rede stehende Anlage (Windpark, Solaranlage, etc.) selbst, also durch das aufgelegte und kapitaleinsammelnde Vehikel, betrieben wird. Hier gilt es insbesondere Detailfragen zu klären, wie und in welchem Umfang Dritte in den Betrieb mit einbezogen werden können. Wäre der Anwendungsbereich grundsätzlich eröffnet, ist zu prüfen, ob nicht ggf. Ausnahmevorschriften in Betracht kommen. Hier sieht § 2 Abs.1 Nr. 6 KAGB ein Privilegierung für Arbeitnehmerbeteiligungssysteme oder Arbeitnehmersparpläne vor. Wichtig ist, beide Begrifflichkeiten sauber zu subsumieren, um die Regulierung durch das KAGB klar und nachhaltig auszuschließen. Gelingt dies nicht, kann im weiteren geprüft werden, ob durch eine entsprechende Konzeption ein Weniger an regulatorischen Anforderung erreicht werden kann.

Vermögensanlagegesetz (VermAnlG)  

Der Anwendungsbereich des Vermögensanlagen ist eröffnet, wenn es sich um eine Vermögensanlage handelt, die im Inland öffentlich angeboten wird, die kein Wertpapier und kein Anteil an einem Investmentvermögen ist. § 1 Abs. 1, 2 VermAnlG listen die einschlägigen Ausgestaltungen auf. Somit wird dieser Regulierungsrahmen immer dann relevant, wenn das KAGB und das WpPG (siehe unten) nicht in Betracht kommt. Dies kann der Fall sein, wenn es sich zwar um einen Ausgestaltung mit Eigenkapitalbeteiligung handelt, aber z.B. an einem operatives Unternehmen oder es wird „nur“ Kapital eingesammelt, aber nicht im Austausch für ein Wertpapier (z.B. bei Nachrangdarlehen). Auch hier ist bei Eröffnung des Anwendungsbereichs zu prüfen, ob Ausnahmetatbestände in Betracht kommen, um insbesondere die aufwändige Prospektpflicht des VermAnlG zu vermeiden. Neben sog. Bagatellgrenzen, die entweder die Anzahl der angebotenen Anteile, deren Gesamtwert oder die Höhe der jeweiligen Beteiligung in Bezug nehmen, kann es für Gemeinden und Arbeitgeber insbesondere interessant sein, die Ausnahmetatbestände zu prüfen, die gelten, wenn die Vermögensanlage nur einem „begrenzten Personenkreis“ (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 Alt. 1 VermAnlG) oder „Arbeitnehmern“ (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 Alt. 2 VermAnlG) angeboten wird. Auch hier gilt es, die Tatbestandvoraussetzungen sauber zu prüfen, um nachträgliche Haftung und das Einschreiten der Aufsichtsbehörden zu vermeiden.

Nicht zuletzt kann die Ausgestaltung als Genossenschaft oder in Form eines Crowdinvestings ggf. interessant sein. Erstere genießt eine finanzaufsichtsrechtliche Privilegierung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 VermAnlG, die damit begründet wird, dass eine Genossenschaft im Gründungsprozess bereits einer eingehenden Prüfung unterzogen wird (vgl. nur § 11a GenG). Bei entsprechender Ausgestaltung kann der Pflichtenkatalog der VermAnlG für ein Crowdinvesting stark reduziert werden. Hier ist insbesondere zu beachten, dass der Vertrieb über eine entsprechend ausgestaltete Plattform eines Dritten erfolgen muss.

Wertpapierprospektgesetz (WpPG) 

Vorhaben fallen dann in den Anwendungsbereich des WpPG (und damit unter die Prospektpflicht des WpPG), wenn es sich um ein öffentliches Angebot von Wertpapieren (z.B. Aktien, Schuldverschreibungen, verbriefte Schuldtitel, etc.) handelt. Vorstellbar wäre also beispielsweise die Sammlung von Kapital der Bürger / Arbeitnehmer über die Ausgabe einer Innhaberschuldverschreibung (vgl. §§ 793 ff. BGB). Abgrenzungskriterium zu anderen Ausgestaltung ist hierbei insbesondere die sog. „Verbriefung“ des Anspruchs. Auch das WpPG sieht entsprechende Ausnahmevorschriften vor, die es im Einzelfall zu prüfen gilt. 

Weitere Fragestellungen 

Auch wenn eine Prospektpflicht und eine damit naturgemäß verbundene gesetzliche Haftung bzgl. der Erstellung vermieden werden kann, besteht auch die Möglichkeit einer Haftung aus dem allgemeinen Zivilrecht – insbesondere die Haftung für unrichtige und unvollständige Angaben vor Vertragsschluss. Dieser Haftungsfrage gilt es sich angemessen zu stellen und den Umfang der erforderlichen Information genauestens abzustimmen.

Nicht zuletzt kann auch die Frage der zulässigen Vertriebswege entscheidungsrelevant für die Wahl der Ausgestaltung des Vorhabens sein. 

Fazit  

In der Praxis handelt es sich bei der finanziellen Beteiligung von Bürgern oder Arbeitnehmern gerade in Zusammenhang mit einem Beitrag zur Energiewende um eine spannende Idee, die nicht nur eine weitere finanzierende Partei zur Verfügung stellt, sondern auch praktisch der Verwurzelung und Akzeptanz des Projektes wir auch der Stärkung der Unternehmensverbundenheit spürbar hilft. In der Umsetzung muss genau geprüft werden, welchem gesetzliche Rahmen die konkrete Ausgestaltung unterfällt und, ob einer der vielfältigen Ausnahmetatbestände in Betracht kommt. Sofern das Vorhaben damit nicht der Prospektpflicht unterliegt, darf allerdings nicht verkannt werden, dass dennoch Haftungsfragen des allgemeinen Zivilrechts ausgeräumt werden müssen. 

Gerne beraten wir Sie und prüfen Ihr Vorhaben in jeder Phase des Projektes.  


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