Schutz vor Carbon Leakage durch CO2 – Grenzausgleichsmechanismus (CBAM)

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veröffentlicht am 23. Februar 2023


Am 1.10.2023 startet der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) in die Übergangsphase und wird den Import von Waren in den Europäischen Wirtschaftsraum grundlegend verändern. Die Abgeordneten des EU-Parlaments einigten sich am Dienstag den 13.12.2022 im Hintergrund des „Fit for 55”-Pakets auf den Grenzausgleichsmechanismus, der einen weiteren Beitrag zur Klimaneutralität der EU leisten soll, indem er den CO2-Footprint bei importierten Gütern bezollt. Im Kontext von Investitionen in erneuerbare Energien dürfte das den aktuellen Boom in der EU noch stützen, bzw. im außereuropäischen Ausland ebenfalls zur verstärkten Marktentwicklung führen.


Bislang gab es in Europa nur den Emissionszertifikatshandel (ETS-1), welcher nach dem „cap and trade”-Konzept funktioniert. Die energieintensiven europäischen Industrien, Energieversorger (mit fossilen Erzeugungsanlagen) und die Luftverkehrsbranche bekommen jedes Jahr für ihre Emissionen CO2-Zertifikate zugewiesen. Überschüssige Zertifikate können mit in das nächste Jahr genommen oder am Markt verkauft werden. Die Anzahl der Zertifikate, die jedes Jahr vergeben werden, soll bis 2030 schrittweise um 61 Prozent im Vergleich zu 2005 gesenkt werden, womit der aktive Handel mit Zertifikaten noch weiter angeregt wird. Obwohl er ca. 40 Prozent der in der EU anfallenden Emissionen abdeckt, birgt der europäische Zertifikatshandel jedoch Lücken.

Einige Industriebranchen, die in der sogenannten „Carbon-Leakage-Liste” der EU aufgeführt sind, wie zum Beispiel die Zuckerindustrie, die Erdölindustrie oder die Steinkohlebergbauindustrie, bekommen  ihrer Zertifikate jährlich komplett kostenlos erteilt. Diese Zertifikate, die momentan 63 Sektoren gewährt werden1, dienen zur Sicherstellung der Verweilung der Industrien in der EU, sie sollen somit das Risiko einer Verlagerung der CO2-Emissionen aufgrund von Wettbewerbsnachteilen in andere Länder verhindern. Das hat jedoch zur Folge, dass diese Industrien einen zu geringen Anreiz haben, um ihre Emissionen zu verringern, was dem eigentlichen Ziel des ETS-1 bzw. der Klimaneutralität der EU entgegensteht. 

Für die europäische Wirtschaft besteht somit die Gefahr des sogenannten „Carbon Leakages”, also die Abwanderung energieintensiver Industrien zur Produktion in Drittländer. Da die Anzahl der kostenlosen Zertifikate, die jährlich vergeben werden, bis 2032 zusätzlich auf null sinken soll, sind nun auch die zuvor erwähnten 63 Sektoren vom Emissionshandel direkt betroffen2. Damit diese nicht in andere Länder abwandern, um den entstandenen Wettbewerbsnachteil gegenüber außereuropäischen Unternehmen auszugleichen, wurde nach einer Möglichkeit gesucht, alle Unternehmen der jeweiligen Branche in den Emissionshandel mit aufzunehmen. 

Als Lösung wird seit Längerem der Grenzausgleichsmechanismus „CBAM” (Carbon Border Adjustment Mechanism, siehe Abbildung 1) besprochen. Er stellt einen Importzoll für außereuropäische (außerhalb der EU 27 + Norwegen, Island und Liechtenstein) Unternehmen dar. Der Grundmechanismus ist in folgender Grafik dargestellt:




Abbildung 1: Erklärung der Funktionsweise des CBAM, Quelle: https://www.ffe.de/veroeffentlichungen/carbon-border-adjustment-mechanism-cbam/


Beim Import der Waren, die momentan innerhalb der EU Emissionszertifikate erwerben müssten, fällt somit ein Zoll für die Importeure an, der sich am wöchentlichen Durchschnitt des ETS-Zertifikatspreises orientiert. Dabei stellt ein CBAM-Zertifikat eine Tonne ausgestoßene Treibhausgasemissionen dar, welche im Herstellungsprozess der importierten Güter freigesetzt wurden. Durch die Einführung des CO2-Zolls würden die Preise für CO2-intensive Güter ansteigen, was sich auch auf den/die Verbraucher*in auswirken wird. Jedoch schafft der steigende Preis einen weiteren Anreiz dafür, emissionsärmer zu produzieren. 

Der CBAM verfolgt zusätzlich zum Ausgleich des Wettbewerbsnachteils innereuropäischer Unternehmen und Schutz vor Carbon Leakage noch ein weiteres Ziel: Durch die Zollabgaben sollen Länder außerhalb der EU dazu motiviert werden, ihre Klimaschutzambitionen zu verbessern. Ausgenommen werden vom CBAM nämlich nur Länder, die ähnliche Systeme wie den Emissionshandel der EU oder Zölle aufweisen. In Abbildung 2 sind verschiedene CO2–Bepreisungen zum Vergleich aufgeführt. Wie genau diese jeweils bezollt werden, ist jedoch unklar. Möglich wäre, dass für die CBAM-Zertifikate dann jeweils nur die Differenz gezahlt werden muss. Eine definitive Regelung gibt es noch nicht. Die weltweit variierenden Preise und Bepreisungsarten könnten die Gestaltung des CBAM außerdem erschweren. Experten sagen, dass wahrscheinlich vor allem Indien, Großbritannien, die USA und Russland mit dem CBAM zu kämpfen haben werden.

Der Grenzausgleichsmechanismus wird ab Oktober 2023 im gesamten europäischen Wirtschaftsraum auf die Branchen Eisen, Stahl, Zement, Düngemittel, Aluminium, Strom und Wasserstoff sowie Vorprodukte und einige nachgelagerte Produkte, implementiert. Hierbei sollen die CBAM-Zertifikate stufenweise ebenfalls die kostenlosen Zertifikate des ETS ersetzen. Ab 2030 sollen dann alle Güter, die im EU ETS gehandelt werden, miteinbezogen werden



Abbildung 2: Ausgewählte Länder mit Kohlenstoffdioxid-Bepreisung, in $/t; 
Quelle: https://carbonpricingdashboard.worldbank.org/map_data


Den Anfang macht im Oktober erst eine Übergangsphase, die endet, wenn keine kostenlosen Emissionszertifikate mehr vergeben werden. Die Importeure haben lediglich die Pflicht, ihre „direkten und indirekten Emissionen, welche im Produktionsprozess der importierten Güter entstanden sind, [zu] berechnen und dokumentieren [sowie] einen vierteljährlichen Bericht (erstmalig April 2023) [einzureichen], welcher Daten bezüglich der Importmenge der direkten und indirekten im EU-Ausland ausgestoßenen CO2-Emissionen und dem im Herkunftsland gezahlten CO2-Preis enthält. Eine definitive Richtlinie zur Regelung der Berichterstattungspflichten gibt es noch nicht, momentan wird mit Aussagen und Planungen von 2021 gerechnet.

Dem Grenzausgleichsmechanismus stehen einige Wirtschaftsbranchen unterdessen kritisch gegenüber. Die International Air Transport Association (IATA) hat sich zwar seit der Einigung der Abgeordneten noch nicht zum CBAM geäußert, eine Pressemittteilung von 2021 macht ihre Position aber deutlich: „Tax is not the Answer to Aviation Sustainability”, lautet der Name des Artikels, in dem sich die IATA klar gegen den CBAM stellt. Stattdessen fordern sie Anreize für SAF (Sustainable Aviation Fuels).

Des Weiteren wird an der WTO-Rechtskonformität der Regelung gezweifelt, da der Zoll eine Beschränkung von Importen aus Drittstaaten darstellt, was im Sinne der WTO eine Vorzugsbehandlung von innereuropäischen Produkten darstellt. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Abgeordnetenentscheidung scheint dies allerdings kein Problem mehr darzustellen.

Zusammenfassend ist klarzustellen, dass der CBAM ab Oktober 2023 mit der Übergangsphase starten wird. Zwar sind die Wirkungen absehbar, wie genau die Wirtschaft jedoch auf diesen Eingriff reagieren wird, zeigt sich erst im kommenden Winter. Die EU-Kommission geht mit dem Grenzausgleichsmechanismus jedoch definitiv einen wichtigen Schritt in Richtung Klimaneutralität, sodass auch andere Instrumente, die mit dem „Fit for 55”-Paket implementiert werden sollen, auf eine gezielte emissionsfreie Wirtschaft und Industrie hindeuten. Obwohl grundsätzlich nur über darüber spekuliert werden kann, sind die Folgen des CBAM auf die erneuerbaren Energien jedoch recht deutlich: der Grenzausgleichsmechanismus ist die direkte europäische Aufforderung an die Weltwirtschaft, ihre CO2-Emissionen zu verringern. Und welches Instrument wäre dafür besser geeignet als der Ausbau der erneuerbaren Energien und somit die Dekarbonisierung des Energieverbrauchs? 

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