Erneuerbare Energien in Spanien

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zuletzt aktualisiert am 15. Juni 2021 | Lesedauer ca. 8 Minuten

 

Durch das im Jahre 2012 erfolgte Moratorium erlitt Spanien als einer der größten europäischen Erneuerbare Energien-Märkte einen beispiellosen Investitionsstopp. Seit 2016 hat sich der Markt aufgrund der massiv gesunkenen Errichtungskosten erholt und inländische- und ausländische Investoren haben auf spanische EE-Anlagen gesetzt.



Spanien hat sich mit dem „Ley de cambio climatico” ehrgeizige Ziele gesetzt, die – im Einklang mit den Regelungen der Europäischen Union – u.a. verlangen, das bis 2030 74 Prozent der erzeugten elektrischen Energie aus erneuerbaren Quellen stammt und 42 Prozent der gesamten verbrauchten Energie in Spanien aus solchen Quellen. Insofern wird nicht mit einer Verlangsamung des Ausbaus (mit all seinen Konsequenzen) zu rechnen sein. Marktexperten rechnen durch den Ausbau der erneuerbaren Energien (vor allen Dingen Sola) mit einer deutlichen Reduzierung der Großhandelspreisen von elektrischen Strom zu den Sonnenstunden. Durch die kürzlich erfolgte Freischaltung der Strompreise auch in den negativen Bereich, werden um die Mittagszeit und an den Wochenenden vermehrt negative Preise erwartet, ebenso wie an windigen und sonnigen Tagen. Die spanische Regierung versucht der Entwicklung durch Marktlenkungen (verschiedene Verbraucherendpreise abhängig von der Tageszeit) entgegenzukommen, es werden sich aber Chancen für Speichermedien ergeben.


Die Vermarktung der erzeugten Energie der neu errichteten Anlagen, erfolgt ausschließlich über den freien Markt (day ahead – oder spot Markt) oder über die sog. PPA. Spanien hat Anfang 2021 die erste von zahlreichen geplanten Versteigerungen durchgeführt, die im Gegensatz zu den in 2017 durchgeführten Auktionen, diesmal zu einem Kontrahierungszwang zu einem festen Verkaufspreis geführt haben (pay as bid). Für PV wurden 2GW Leistung versteigert zu Preisen zwischen 15 Euro/MWh und 28 Euro/MWh. Die Laufzeit beträgt zehn Jahre. Es sind für 2021 und folgende Jahre noch weitere Versteigerung fest eingeplant.


Der Eigenverbrauch (sowohl im Wohnsektor als auch im industriellen Sektor) ist in Spanien nach der ersatzlosen Streichung der „Stromsteuer – Impuesto al Sol” in den letzten Jahren stark gewachsen, zumal die neue Regierung unter dem PSOE Präsidenten Sanchez auch die bisherigen administrativen Hürden abgebaut hat. Der Markt wird in den nächsten Jahren auch noch sehr stark wachsen, nicht zuletzt aufgrund der staatlichen Covid-Hilfen, die den Eigenverbrauch fördern werden.


Fördersysteme für Altanlagen

Die Feed-in-Tarife (FiT) wurden per RDL 9/2013 für alle EE- und KWK-Anlagen mit Wirkung ab dem 13. Juli 2013 abgeschafft. An deren Stelle tritt eine Zuzahlung, die der Erzeuger von der CNMC („Comision Nacional de los Mercados y la Competencia”) zuzüglich zum Marktpreis für den erzeugten Strom erhalten wird, um die anfänglichen Investitionen zu decken, die eine „effiziente und gut geleitete” Gesellschaft mit dem Verkauf des Stroms während der Betriebslaufzeit nicht hereinholen würde.

 

Das neue Vergütungssystem soll einen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Energieerzeugern ermöglichen, wobei eine Standardanlage eine vernünftige Rentabilität zugesichert bekommt, ohne dass der gesetzlich festgelegte Rahmen überschritten werden darf. Bestimmte Investitionen, die in einem festgelegten Zeitraum erfolgen müssen, dürfen ausnahmsweise erhöhte Zuschüsse erhalten, wenn sie zu einer nennenswerten Reduzierung der Systemkosten auf den Inseln oder dem Festland Spaniens beitragen.

 

Als „vernünftige Rentabilität” gilt eine Anlagenrentabilität vor Steuern, die den spanischen zehnjährigen Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt zuzüglich eines Spreads entspricht. Der Spread beträgt für Anlagen, die zum 13. Juli 2013 Anspruch auf einen Tarif hatten, 300 Basispunkte gleichgestellt (ca. 7,5 Prozent). Die Parameter der Vergütungen können alle sechs Jahre überprüft werden, d. h., die nächste Prüfung der Rendite wird im Jahre 2019 stattfinden. Sollten die zehnjährigen Staatsanleihen dann unter 4,5 Prozent liegen (zurzeit 1,5 Prozent), kann die spanische Regierung die Rentabilität entsprechend nach unten anpassen.


Eine typische 100kw PV Anlage mit Inbetriebnahme in 2007 erhält in 2018 eine feste Zuzahlung zu den Strommarktpreisen in Höhe von 56.971,60 Euro. Die durchschnittlichen Strommarktpreise in 2017 lagen bei 52,22 Euro/MWh, was bei einer jährlichen Produktion von ca. 1640 Stunden weitere Erlöse von ca. 8.600 Euro bedeuteten.


Marktsituation/Spotmarkt

Der Day-ahead Markt in Spanien wird organisiert durch die OMIE (OMI-Polo Español S.A.) und handelt den Strom für die Märkte Spanien und Portugal gemeinsam. Über die Plattform wird ca 80 Prozent des iberischen Strombedarfes gehandelt und in einem überwiegenden Teil des Tages sind die Preise in Spanien und Portugal identisch. Der Strommarkt ist sehr liquide und die Preisschwankungen sind im Vergleich zu anderen europäischen Märkten gering. Negative Preis sind seit Februar 2021 gesetzlich zulässig (zu Juni 2021 ist die Situation noch nicht eingetreten) und die maximalen Preise betrugen in 2017 180 Euro/MWh, während in anderen europäischen Märkten die Preisspannen zwischen -500 und 3.000 Euro/MWh betrugen.
 
Futures werden ebenfalls gehandelt, wobei auch maximal drei-Jahres-Futures handelbar sind. Die Preiserwartungen liegen auch für die Futures bei den derzeitigen Marktpreisen von 50-60 Euro/MWh. Die langfristigen Preiserwartungen sind für den iberischen Markt überwiegend positiv. Zu beobachten sind jedoch die Auswirkungen, die der große Ausbau der EE auf den Marktpreis haben können, da schon heute zu den Mittagsstunden erste Kannibalismuseffekte zu erkennen sind.


PPA Situation in Spanien

Seit 2017 wurden in verschiedenen Pressemitteilungen der Abschluss von PPA in Spanien annonciert. Schätzungen gehen von mind. 1,5 GW aus. Hervorzuheben sind die angekündigten PPA von Baywa, Solar Ventures, Cox Energy, Talasol und Forestalia.


Die Laufzeiten betragen zwischen 12 und 15 Jahren. Über die wirtschaftlichen Konditionen wurde zumeist Stillschweigen vereinbart, und so sind die Rahmenwerte spekulativ. Es wird ein gewisser Abschlag auf die derzeitigen Strommarktpreise eingepreist und die Risiken einer Veränderung der Preise werden ebenfalls ihren Niederschlag finden, sodass die Preisspanne zwischen 35 Euro und 45 Euro/MWh liegen wird.


In Spanien wurden zunächst nur financial PPA strukturiert, es wird also das Strommarktrisiko ausgeglichen, neudeutsch gehedged. Fällt der Strommarktpreis den der Erzeuger am Spotmarkt erhält unter den mit dem PPA Vertragspartner (Offtaker) abgeschlossenen Preis, zahlt der Offtaker dem Erzeuger die Differenz. Liegt der Strommarktpreis über dem PPA Preis, zahlt der Erzeuger dem Offtaker die Differenz zwischen PPA Preis und Strommarktpreis. In letzter Zeit werden überwiegend physische PPA (der Strom wird tatsächlich verkauft und übereignet) abgeschlossen, da dort die Gestaltungsmöglichkeiten für den Offtaker grösser sind, die er den gekauften Strom vermarktet. Physische PPA sind aufwendiger zu gestalten, unterfallen aber zB. nicht den Bafin-Regelungen.

 

Andere Vermarktungsmöglichkeiten in Spanien

Als Alternative zu einem Verkauf des Stroms über PPA, bietet sich in Spanien die Teilnahme an dem Day-Ahead Markt an. Die spanische Regierung sieht auf lange Sicht einen Marktpreis nicht unter 30 Euro/MWh als Mindestpreis an. Die Sicht wird von verschiedenen Analysten unterstützt und wird auch von einigen spanischen Banken als Finanzierungsgrundlage genommen. Finanziert wird bis zu 70 Prozent des Investitionsvolumens und entsprechende LCOE vorausgesetzt können solche Projekte wirtschaftlich werden.


Unklar sind die weiteren Strompreisentwicklungen in Spanien. Einige Faktoren sprechen für eine langfristiges Ansteigen der Preise, wie Atom- und Kohleausstieg, gesundes Wirtschaftswachstum, e-Mobilität, und Entwicklung der Preise fossiler Brennstoffe. Für eine Stagnation oder gar Sinken der Strompreise spricht die intensivere Vernetzung der internationalen Strommärkte, insbesondere mit Frankreich sowie der Ausbau von Flüssiggasterminals.


Zu den genannten Marktpreisen erhalten die Erzeuger EE die „Certificates of Origin”, die (falls die Anlagen nicht staatlich gefördert werden) auch international frei handelbar sind. Steuerliche Vorteile werden derzeit den Erzeugern von EE Strom nicht gewährt. Es bleibt abzuwarten, ob die sozialistische Regierung die Unterstützung der EE auch in finanzieller Hinsicht anpacken will. Die post-Covid Hilfspakete haben einen Fokus auf den Ausbau der EE-Projekte gelegt. Wir erwarten deshalb einen weiteren Schub bei EE-Projekten.

 

Beispiele für Vermarktungsmöglichkeiten

In Spanien werden derzeit zahlreiche PV-Anlagen bis 50 MW entwickelt und versucht, sie schnellstmöglich baureif zu bekommen, um einen PPA oder eine Finanzierung zu vereinbaren. Die 50MW Grenze ist nicht willkürlich, sondern Ausfluss einer Zuständigkeitsregelung, die die Genehmigungszuständigkeit ab 50MW dem spanischen Staat zuteilt, während Stromerzeugungsanlagen unter 50MW von den Gebietskörperschaften (Comunidades Autonomas) genehmigt werden. Spanische Projektentwickler sind häufig der Meinung, dass die Zuständigkeit der Ministerialbeamten in Madrid die Projekte verlangsamen und ausserdem weniger Einfluss genommen werden kann. Die durchschnittliche Projektentwicklungsdauer bis zum ready to build Status bei einem 50MW Projekt beträgt zwischen 12 und 18 Monate, wobei bei über 50MW auch 24 Monate vergehen können, bis die Baureife vorliegt. Selbstverständlich bestätigen Ausnahmen auch dort die Regel.


Erste entscheidende Hürde ist die Erteilung des Netzanschlusspunktes (gegen Erteilung einer Bankgarantie von 40 Euro/kw), der dem beantragten Anschlusspunkt geografisch wie quantitativ entspricht. Häufig wird anstatt der beantragten 50MW nur 30MW oder weniger zugeteilt und dazu noch an einem anderen Netzknoten, was dann höhere Netzanschlusskosten mit sich bringt.


Danach sind die üblichen Hürden der Umweltverträglichkeitsgenehmigung zu nehmen und teilweise auch unbekannte Hürden wie Wasserämter oder Kulturschutzbehörden.


Die lokale Baugenehmigung ist üblicherweise kein Problem, da die Gemeinde durch die Bausteuer (ICIO) in Höhe von 3-4 Prozent über die Gesamtinvestition eine ordentliche Motivation zur Genehmigung der Anlage hat.


Die Komplexität des Genehmigungsverfahrens ist nicht besonders hoch, zumal die spanischen Ingenieure bereits eine lange Erfahrung in dem Bereich haben. Größtes Problem sind die langen Bearbeitungszeiten durch die verschiedenen Behörden. Es ist grosses Augenmerk auf saubere Anträge und korrekte Unterlagen zu legen, da jede Extrarunde Monate in den Ministerien kostet.


Die LCOE für PV in Spanien sind in den letzten Jahren massiv gesunken und entsprechen den europäischen Maßtäben. Für 2021 werden zwischen 500 und 620 Euro/kW als Durchschnitt in Spanien angenommen. Dort enthalten sind bereits die Planungs-und Genehmigungskosten von 180 bis 210 Euro/kW.


Die OPEX für PV in Spanien variieren zwischen 0,022 und 0,026 Euro/MWh und die Pacht zwischen 850,00 und 1.500 Euro/ha/Jahr, wobei auch schon höhere Pachtpreise gesehen wurden, vor allen Dingen auf den Inseln.

 

Weitere Versteigerungen in Spanien

Spanien hat die rechtlichen Grundlagen für die Ausschreibungen von neuen Versteigerungen in 2020 und den kommenden Jahren gelegt. Nachdem die Versteigerungen in 2017 und 2018 mit kompliziertesten Regelungen (bis zuletzt konnte niemand den floor exakt berechnen) stattfanden, hatten die drei durchgeführten Versteigerungen trotzdem einen extremen Erfolg und brachten das Projektgeschäft (wie in 2006) in Spanien erneut ins Rollen.


Einen ähnlichen Erfolg erhofft sich das Ministerium für „ökologischen Wandel und demografischer Herausforderung” auch für die bis 2025 geplanten Versteigerungen mit insg. 19,5 GW zu installierender Leistung.


Versteigert werden sollen Festpreise für zu liefernde Energiemengen über einen Zeitraum zwischen 10-15 Jahren. Die genauen Ausschreibebedingungen werden in den jeweiligen Einberufungen (Convocatorias) bekanntgeben. Die folgenden Voraussetzungen bleiben immer bestehen:

  • zur Teilnahme ist eine Banksicherheit (auch „seguros de caución”) in Höhe von 60 Euro/kwp zu stellen, die nach Zuschlag im Milestoneverfahren freigegeben werden. Parallel dazu müssen natürlich noch die 40 Euro/kwp für den Netzzugang gestellt worden sein.
  • ungeschriebene Teilnahmevoraussetzung sind der bereits erteilte Netzzugang und Netzanschlusspunkt, da bereits nach 14 Monaten (12 Monate nach Eintragung im Vorregister, die Eintragung erfolgt nach zwei Monaten nach Zuschlag) die sog. „autorización administrativa de construcción” vorgelegt werden muss.
  • ausschließlich Neuinvestitionen sind zugelassen oder die Erweiterungen bestehender Anlagen.
  • Es wird nach „pay as bid” versteigert und möglicherweise gibt es einen nicht veröffentlichten Mindestpreis; auf jeden Fall wird ein maximaler Preis festgelegt.
  • der Festpreis wird durch einen „Ajuste de Mercado” korrigiert, also eine Anpassung an den Marktpreis. Sie erfolgt sowohl nach oben als auch unten. Sie beträgt für nicht regelbare Technologien 5 Prozent (Faktor 0,05) und für regelbare (also Speicher) 25 Prozent (Faktor 0,25).
  • der erzeugte Strom wird an den regulären Day-ahead-Markt verkauft und zum ersteigerten Festpreis vergütet (nach „contract for diferences”-Methode). Ein Vertrieb über einen PPA ist nicht gestattet.
  • bei 0 und negativen Preisen wird keine Vergütung stattfinden.

In der Einberufung der Versteigerung werden die Laufzeiten und die zu produzierenden MW/h festgelegt. Die erfolgreichen Teilnehmer an der Versteigerung müssen dann innerhalb der Laufzeiten die vorgeschriebenen MW/h produzieren. Das Gesetz sieht eine Nachschau alle drei Jahre vor, wobei Strafen festgeschrieben sind, wenn die Produktion nicht dem festgelegten Mittel von 1.800-2.200 Sonnenstunden/Jahr, bzw.- 2.200-3.300 Windstunden/Jahr entspricht.


Zweck der Versteigerungen ist zum Einen die Erfüllung der Klimaschutzverpflichtungen und zum Anderen der Wunsch der spanischen Regierung, die Strompreise zu senken. Es bleibt abzuwarten, ob die Versteigerung mit dem Modell die Investoren überzeugt, da der Absatz bislang eigentlich nicht das Problem in Spanien war. Problematisch war eher die langsame Verwaltung und die inflationären Projektpreise, die durch die Versteigerung eher noch angeheizt werden.


Den Banken wird der Ausschluss der O und negativen Preise nicht gefallen und generell werden viele Erinnerungen an den RD 661/2007 und die rückwirkende Kürzung der Einspeiseerlöse wach.


Chancen

Der EE-Markt ist in Spanien sehr gut durch die Covid-Krise gekommen. Es war praktisch kein Rückgang im Appetit der Investoren nach baureifen oder gar fertiggestellten EE-Anlagen zu verzeichnen gewesen. Die Preise für solche Projekte sind weiterhin sehr hoch und eine Entspannung der Situation nicht absehbar.


Kurzfristig wird es auch im Eigenverbrauchsmarkt – sowohl klassisch im Residenzsektor als auch anspruchsvoller im Wirtschaftssektor – gute Chancen für erfahrene Marktteilnehmer geben. Spanien wird auch eine grossartige Zukunft vorhergesagt, die Voraussetzungen – Sonne und viel ungenutztes Land – sind vorhanden.

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Christoph Himmelskamp

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