Climate Change Litigation – Wettbewerbsrecht als Hebel für mehr Dynamik im Klimaschutz?

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht​ am 24. Juli 2025 I Lesedauer ca. 4 Minuten

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Klimaprozesse nehmen weltweit zu. Insbesondere von NGOs und Verbraucher​schützern eingereichte Klagen sollen Staaten oder Unternehmen dazu zwingen, mehr Anstrengungen zum Schutz der Umwelt vor dem Klimawandel zu unternehmen oder Schäden, die durch den Klimawandel entstanden sind, zu kompensieren. Abgesehen vom rechtlichen Erfolg geht es den Klä​​​​​gern dabei vor allem auch um die mediale Aufmerksamkeit, die gesellschaftliche Sensibilisierung und das Vorantreiben des politischen Diskurses. 

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Durch die Ausweitung auf weitere Jurisdiktionen und Industriesektoren, die Einführung neuer Klageverfahren und Prozessstrategien sowie den Einsatz kreativer Formen der Prozessfinanzierung nimmt das Thema Climate Change Litigation rasant an Fahrt auf. 

Dabei richten sich Klimaklagen längst nicht mehr nur gegen staatliche Akteure auf Basis öffentlich-rechtlicher oder völkerrechtlicher Bestimmungen. Vermehrt werden Unternehmen „Mittel zum Zweck“, um die Diskussion um den Klimawandel in die Breite zu tragen und so die Bekämpfung des Klimawandels zu beschleunigen.

Arten von Klimaklagen 

So wurden in der jüngsten Vergangenheit unter anderem erste gesellschaftsrechtliche Klagen wegen organschaftlichen Sorgfaltspflichtverletzungen (Vorwurf: „mismanaging climate​ risks“) in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich geführt. Daneben sind in Deutschland und in der EU zahlreiche kompensatorische Klagen anhängig, mit denen auf Grundlage des Deliktsrechts Schadensersatz für eingetretene Klimaschäden begehrt wird. Schließlich machten CO2-Reduktionsklagen der Deutschen Umwelthilfe gegen prominente Gegner wie BMW, Mercedes Benz und Wintershall oder von Greenpeace Deutschland gegen Volkswagen gerichtet auf ein vorzeitiges Ende des Vertriebs von Fahrzeugen mit Diesel- und Benzinverbrennungsmotoren (ab 2030) Schlagzeilen.​


Ein​fallstor W​ettbewerbsrec​ht: Greenwashing Liti​gation

Juristisch betrachtet ist die Durchsetzung solcher gesellschafts- und deliktsrechtlichen Ansprüche – jedenfalls in Deutschland – derzeit jedoch noch alles andere als einfach. Immer häufiger werden daher Marketing­maß­nahmen als Aufhänger für Klimaklagen herangezogen. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) erscheint insofern als „dankbarer Hebel“, um Klimaschutz auf dem zivilrechtlichen Weg gegenüber privatwirtschaftlichen Unternehmen einzufordern und so die Dynamik im Kampf gegen den Klimawandel zu erhöhen. Der Vorwurf des sogenannten Greenwashing hat mithin zur Herausbildung einer neuen Fallgruppe von Klimaklagen, der Greenwashing Litigation, geführt. 

Der dabei zu beobachtende Trend der Instanzgerichte, jegliche Form der Nachhaltigkeitskommunikation penibelst genau auf ihren Wahrheitsgehalt und ihre Nachweisbarkeit hin zu überprüfen, lässt sowohl Unternehmen als auch deren Rechtsberater zunehmend verzweifeln. Die konkreten Anforderungen an eine rechtssichere Kommunikation lassen sich im Vorfeld oftmals nur schwer ausmachen. Wer kein Risiko eingehen möchte, schraubt seine Umweltbemühungen, jedenfalls seine Kommunikation dazu, zurück – was im Sinne eines effektiven Klimaschutzes sicher nicht die Lösung sein kann.​​


Werbeversprechen „Klimaneutralität“ im​​ Fokus  

Im Zuge dessen stehen aktuell insbesondere Werbeversprechen zur vermeintlichen Klimaneutralität im Fokus der Umwelt- und Verbraucherschützer.  
Oft beziehen sich solche Aussagen nur auf einzelne Unternehmensbereiche wie den Versand oder die Verwaltung, nicht aber auf die Beschaffung und den Transport von Rohstoffen oder die Nutzungsphase von Produkten, welche in der Regel mit Abstand die meisten Emissionen verursachen. Auch klären die wenigsten Unternehmen darüber auf, wie diese Klimaneutralität erreicht wird, ob durch die vorrangig geforderte Reduktion oder durch Kompensation. Dabei ist die Eignung von Kompensationsprojekten eines der strittigsten Themen überhaupt. Insbesondere Aufforstungs- und Waldschutzprojekte können oft nicht halten, was sie versprechen. In vielen Fällen kann nicht garantiert werden, ob die verursachten Emissionen tatsächlich vollständig ausgeglichen werden und vor allem wann. Anders als bei staatlich vergebenen Bio- und Öko-Siegeln existiert für CO2-Labels (noch) kein gesetzlich geregelter Mindeststandard. Die von privatwirtschaftlichen Unternehmen vergebenen Siegel erscheinen daher häufig nicht verlässlich. Auch die Grundlagen für die Berechnungen der Emissionen sind nicht einheitlich. ​

Ebenso kritisch stuft die Deutsche Umwelthilfe Aussagen ein, wonach Unternehmen zukünftig, zum Beispiel bis 2050, Netto-Null Emissionen erreichen zu wollen. Dadurch würden sich Unternehmen bereits heute ein grünes Image verschaffen – obwohl sie diese Versprechen oftmals nicht oder nicht ausreichend mit Maßnahmen hinterlegen. Dabei genügt es insbesondere nicht, zur Aufklärung lediglich auf die Ausführungen des eigenen Nachhaltigkeitsberichts zu verweisen, wie das Unternehmen Adidas kürzlich leidvoll erfahren musste (LG Nürnberg-Fürth (3. Kammer für Handelssachen), Endurteil vom 25.03.2025 – 3 HK O 6524/24). ​​


Streng​​e Anforderungen an Aufklä​​​​rung  

Nach der Rechtsprechung des BGH gelten für die Werbung mit Umweltschutzbegriffen und -zeichen strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage. Insbesondere auf Grund der großen Bedeutung der Umweltfreundlichkeit für die Entscheidungen der Konsumenten sowie der Interpreta­tionsbedürftigkeit vieler Werbeinhalte bestehe eine erhöhte Irreführungsgefahr und ein erhöhtes Aufklärungs­bedürfnis. Fehlen die danach gebotenen aufklärenden Hinweise in der Werbung oder sind sie nicht deutlich sichtbar herausgestellt, besteht in besonders hohem Maße die Gefahr, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen irrige Vorstellungen über die Beschaffenheit der angebotenen Ware hervorgerufen werden und sie dadurch in ihrer Kaufentscheidung beeinflusst werden (BGH GRUR 2024, 1122 Rn. 24 ff. – klimaneutral m.w.N.) ​​ 

Auf Grund der vorgenannten strengen Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit ist es daher nach Auffassung der BGH zur Vermeidung einer Irreführung regelmäßig erforderlich, dass bereits in der Werbung selbst eindeutig und klar erläutert wird, welche konkrete Bedeutung sich hinter einer Umweltaussage verbirgt außerhalb der Werbung erfolgende, vom Verbraucher erst durch eigene Tätigkeit zu ermittelnde aufklärende Hinweise, reichen laut BGH hingegen nicht aus (BGH GRUR 2024, 1122 Rn. 29, 36 – klimaneutral). ​​​

 

F​​az​​it  ​

Allen voran die Deutsche Umwelthilfe führt derzeit laut der auf ihrer Homepage abrufbaren Verfahrensliste ​​rund 100 Verfahren gegen Unternehmen verschiedenster Größe und Geschä​ftsbereiche.  

Unternehmen sollten ihr Nachhaltigkeitskommunikation daher stets einer genauen Prüfung auf Richtigkeit und Vollständigkeit unterziehen. Vorsicht ist insbesondere geboten, wenn Auszüge aus der gesetzlich verpflich­​ten­den Nachhaltigkeitsberichterstattung der Unternehmen direkt in ihre Marketingmaßnahmen übernommen werden.  

Vor dem Hintergrund der anstehenden Regulierung durch die EmpCO-Richtlinie und die geplante Green Claims Directive ist zudem damit zu rechnen, dass​ die Anfordergen an die unternehmerische Nachhaltigkeits­kommuni­kation noch einmal strenger werden. 

Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Fragen zu Ihrer rechtskonformen Nachhaltigkeitskommunikation haben.

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