Europäischer Rat nimmt Richtlinie zur Lohntransparenz an und stärkt so den Grundsatz des gleichen Entgelts

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​veröffentlicht am 31. Mai 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Am 24. April. 2023 hat der Rat der EU der Lohntransparenz-Richtlinie final zugestimmt. Durch die Zustimmung des EU-Rates ist der Startschuss für die Richtlinie gesetzt. Jetzt sind die Mitgliedstaaten bis Juni 2026 verpflichtet Transparenzinstrumente in ihr nationales Recht einzuführen, um der Lohndiskriminierung entgegenzuwirken und das geschlechtsspezifische Lohngefälle innerhalb der EU abzubauen.

 

 

Inhalt der Richtlinie

Mit Einführung der Richtlinie zur Lohntransparenz müssen Unternehmen, die ihren Sitz in eines der EU-Mit­glied­staaten haben, Informationen darlegen, wie viel Entgelt Frauen und Männer für eine gleiche oder gleich­wertige Arbeit bei ihnen erhalten. Falls ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle vorliegt und dieses die 5 Prozent übersteigt, muss das Unternehmen Maßnahmen zur Bekämpfung dieses Unterschiedes ergreifen. Haben Arbeitgeber gegen die entsprechenden Vorschriften verstoßen, müssen Bestimmungen geschaffen werden, die eine Entschädigung für Opfer einer Lohndiskriminierung vorsehen, sowie Sanktionen, einschließ­lich Bußgelder, für diejenigen Arbeitgeber.

 

Informationsbeschaffung

Nach den neuen Vorschriften der Richtlinie besteht eine Pflicht der Arbeitgeber die Arbeitssuchenden über das Einstiegsentgelt zu informieren oder die Entgeltspanne der ausgeschriebenen Stelle offenzulegen. Das kann sowohl im Vorstellungsgespräch stattfinden, oder sogar schon in der Stellenausschreibung angegeben werden. Unzulässig sind daher künftig Fragen nach der Lohnentwicklung der Bewerberinnen und Bewerber. In Zukunft besitzen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Recht, Auskunft über die durchschnittliche Entgelthöhen – aufgeschlüsselt nach Geschlecht – für die Gruppe von Beschäftigten, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, zu erhalten. Auch besteht ein Recht auf Zugang zu den Kriterien, die abgewogen wurden zur Fest­setzung des endgültigen Lohnentgeltes. Diese Kriterien müssen hierbei objektiv und geschlechtsneutral ausgesucht worden sein. Auch sind in einem Unternehmen ab 50 Mitarbeiter die Kriterien für einen Aufstieg innerhalb des Unternehmens klar zu definieren und offen klarzustellen. Klauseln im Arbeitsvertrag, die einen Austausch der Mitarbeitenden untereinander über das jeweilige Gehaltsniveau sind künftig nichtig.
 

Pflicht zur Berichterstattung der Unternehme

Besitzt ein Unternehmen mehr als 250 Beschäftigte muss in Zukunft jährlich ein Bericht an die zuständigen nationalen Behörden über das geschlechtsspezifische Lohngefälle erstattet werden. Eine solche Pflicht zur Berichterstattung gilt aber für kleine bzw. kleinere Organisationen nur alle drei Jahre. Die Grenze wird hierbei bei Unternehmen ab mehr als 150 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gezogen. Firmen unterhalb dieser Beschäftigungsgrenze müssen eine solche Berichterstattung zunächst nicht erfüllen. Kristallisiert sich in diesem Bericht ein Gender Pay Gap von mehr als 5 Prozent heraus, das auch nicht durch geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt werden kann, müssen unverzüglich Maßnahmen innerhalb des Unternehmens ergriffen werden. Vorgesehen wird hierfür eine gemeinsame Entgeltbewertung mit den Arbeitnehmervertretern.
 

Sanktionen, Schadensersatz etc.

Erfährt jedoch ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin Lohndiskriminierung aus geschlechtsspezifischen Aspekten in ihrem Unternehmen, kann dieser auf Grundlage der neuen Richtlinie Schadensersatz von ihrem Arbeitgeber verlangen. Hierbei umfasst dieser Ersatz den Schaden, der aufgrund des entgangenen Entgeltes sowie der verbundenen Boni und Sachleistungen entstanden ist. Die Beweislast liegt ausnahmsweise beim Arbeitgeber. Daher ist dieser verpflichtet nachzuweisen, dass er nicht gegen die EU-Richtlinie verstoßen habe.

 

Erweiterung des Anwendungsbereiches

Überdies wurde der Anwendungsbereich stark ausgedehnt. Unter die Richtlinie fallen nun auch intersektionelle Diskriminierungen, wie Ungleichbehandlungen aufgrund ethnischer Zugehörigkeit oder der Sexualität. Hervor­zuheben ist auch eine entsprechende Bestimmung innerhalb der EU-Richtlinie, nach welcher die Bedürfnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Behinderung berücksichtigt und geachtet werden müssen.

 

Aktuelle Rechtslage

Seit 2017 gilt in Deutschland das Entgelttransparenzgesetz, um „gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit“ zwischen Frauen und Männern zu stärken. Zuletzt wurde dieser Grundsatz durch das BAG in mehreren Grundsatzurteilen (z.B. Urteil vom 16. Februar 2023, Az: 8 AZR 450/21) unterstrichen und gestärkt. Betont wird beispielsweise in diesem BAG - Urteil, dass ein bestehender Entgeltunterschied zwischen den Geschlechtern bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit nur begründet werden kann, wenn der Arbeitgeber objektive und neu­trale Kriterien für diesen Unterschied herangezogen hat. Ein bloßes „Verhandlungsgeschick“ fällt nach Ansicht des Gerichts nicht unter ein solches Kriterium. Objektive Kriterium sind lediglich solche, die im Bezug mit der Arbeitsleistung des Beschäftigten stehen.

 

Nächste Schritte und Fazit

Die Lohntransparenz-Richtlinie tritt durch die Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Nach dieser Veröffentlichung haben die EU-Mitgliedsstaaten bis zu drei Jahre Zeit die Richtlinie umzusetzen und ihre jeweiligen nationalen Rechten anzupassen. Zwei Jahre nach Ablauf dieser Umsetzungsfrist wird die dargelegte Verpflichtung, alle drei Jahre geschlechtsspezifische Lohninformationen zu melden, auf Organisationen mit je mehr als 100 Beschäftigte ausgeweitet.
 
Es ist daher abzuwarten, wann die Lohntransparenz-Richtlinie genau in Kraft tritt und wie der deutsche Gesetz­geber bis 2026 diese Richtlinie in nationales Gesetz umsetzen wird. Von einer Umsetzung ist allerdings auszu­gehen. Arbeitgebern ist daher zu empfehlen ihre Vergütungsstrukturen unter Berücksichtigung vorgenannter Kriterien zu überprüfen.

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