Gesetzgebungsverfahren zur Neuregelung der Hinzurechungsbesteuerung hat offiziell begonnen

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​veröffentlicht am 12. Dezember 2019 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 

Am 10. Dezember 2019 ist der langersehnte Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtline  (ATAD-Umsetzungsgesetz – ATAD-UmsG) veröffentlicht worden – diesmal sogar „offiziell", nachdem genau vor einem Jahr im Dezember 2018 bereits ein inoffizieller Entwurf aus der Finanzverwaltung durchgesickert war.

 

 

Hintergrund

Die Anti-Steuervermeidungsrichtlinie sah vor, dass die Richtlinienvorgaben bis zum 31. Dezember 2018 in das nationale Recht der Mitgliedstaaten zu überführen waren. Deutschland hat die Frist nicht eingehaltenn, mit der Begründung, das bestehende System der Hinzurechnungsbesteuerung stimme im Wesentlichen mit den Richtlinien überein. Nun aber kommt überraschend schnell Bewegung in die Sache. Der Referentenentwurf wurde am 10. Dezember 2019 vorgelegt mit einer extrem knappen Stellungnahmefrist für die Verbände und bereits für den 18. Dezember 2019 ist der entsprechende Kabinettsbeschluss in Planung. Neben der Hinzurechnungsbesteuerung wird es zentrale Änderungen beim Fremdvergleichsgrundsatz nach § 1 AStG, bei der Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG, bei verbindlichen Vorabentscheidungsverfahren sowie beim Betriebsausgabenabzug in Bezug auf hybride Gestaltungen geben.

 

Wichtig ist, dass die Anti-Steuervermeidungsrichtlinie nur einen Mindeststandard bereithält. Die Richtlinie selbst muss also umgesetzt werden, die Mitgliedstaaten dürfen jedoch bei der Umsetzung über die Richtlinie hinausgehen. So können ihre Regelungen bspw. im nationalen Recht auch auf natürliche Personen erstreckt werden, obwohl die ATAD selbst an sich nur für Körperschaften gilt.

 

Wesentliche Neuerungen auf einen Blick

Das Konzept der Beherrschung wird gänzlich neu geregelt. Nunmehr wird nicht auf eine zufällige Inländerbeherrschung abgestellt, die auch mit einer Vielzahl von Zwergbeteiligungen einander unbekannter Personen gegeben sein konnte, sondern es muss ein Nahestehen der beherrschenden Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG gegeben sein. Auch eine beschränkte Steuerpflicht kann neuerdings tatbestandsmäßig sein, wenn die Beteiligungen an der Zwischengesellschaft über eine inländische Betriebsstätte gehalten wird.

 

Der Referentenentwurf hält entgegen der ATAD an einem Aktivkatalog fest, weil das Richtlinienziel rechtstechnisch auch so umgesetzt werden kann. Hier bleibt vieles in bekanntem Fahrwasser, es gibt aber auch einige Änderungen. Zinsen etwa sind nunmehr ohne Ausnahme passiv, und für Dividenden wurde eine differenzierende Regelung aufgenommen, die u.a. nach der Vorbelastung und der Beteiligungshöhe unterscheidet. Zudem wurde klargestellt, dass die Veräußerungsgewinne das Schicksal der jeweils laufenden Einkünfte teilen.

 

Bemerkenswert ist, dass der bisherige Vorrang des InvStG auf dem AStG aufgegeben wurde. Ab sofort sind daher beide Regime unabhängig voneinander zu prüfen und ggf. gleichzeitig anwendbar. Auch wenn zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung die Anrechnung vorgesehen ist, wird nicht in allen praktischen Fällen eine Entlastung erreicht werden können.

 

Verpasste Chancen

Dem Vernehmen nach dauerte die politische Willensbildung u.a. deshalb so lange, weil man sich nicht auf eine neue Niedrigsteuergrenze festlegen wollte. Umso erstaunlicher ist es, dass der Referentenentwurf nach wie vor an den 25 Prozent festhält, die auch schon seit vielen Jahren Geltung beanspruchen. Insoweit bleibt also alles beim Alten, was aber leider auch für den damit zusammenhängenden Aspekt der Vermeidung einer Doppelbesteuerung gilt: Immer noch ist keine Anrechnung der im Ausland bei der Zwischengesellschaft erhobenen Steuern auf die Gewerbesteuer vorgesehen.

 

Besonders misslich ist auch, dass die im inoffiziellen Gesetzesentwurf aus Dezember 2018 nicht mehr enthaltenen sog. Mitwirkungstatbestände im Referentenentwurf wieder enthalten sind. Das betrifft insbesondere den Handels- und den Dienstleistungstatbestand.

 

Der Gesetzgeber hat auch davon abgesehen, den Substanztest nach § 8 Abs. 2 AStG auch auf Zwischengesellschaften in Drittstaaten zu erstrecken, obwohl die ATAD das ausdrücklich als Option vorsah. Stattdessen hat man den Substanztest in Umsetzung der jüngeren EuGH-Rechtsprechung in Bezug auf Drittstaaten nur für Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter geöffnet und im Übrigen den Substanztest auch innerhalb Europas verschärft („wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit" statt „tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit").

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Prof. Dr. Florian Haase, M.I.Tax

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht

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