Arbeitsrechtliche Aspekte einer Geschäftsführertätigkeit in Italien – Stolperfallen vermeiden

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veröffentlicht am 2. Dezember 2021 | Lesedauer ca. 2 Minuten


Geschäftsführer, General Manager, Senior Manager und leitende Angestellte deut-scher Unternehmen, die in Italien eingesetzt werden, um die Verantwortung für eine schon bestehende oder zukünftige italienische Niederlassung zu übernehmen, sehen sich notwendigerweise mit dem oftmals komplizierten und umfangreichen sowie vom deutschen Recht abweichenden italienischen Arbeitsrecht konfrontiert. Vor allem im Bereich Personalverwaltung lauern oft überraschende Stolperfallen, die nur durch das notwendige Know-how und Erfahrungen bewältigt oder am besten ganz vermieden werden können. Nachfolgend haben wir für Sie allgemeine Informationen zur Eröffnung einer Niederlassung in Italien sowie einen kurzen generellen Erstüberblick über die wichtigsten – vom deutschen Recht abweichenden – arbeitsrechtlichen Bestimmungen zusammengefasst.


 


Rechtsform

Bei geplanter Aufnahme einer Geschäftstätigkeit in Italien muss zuerst bewertet und entschieden werden, in welcher Rechtsform das deutsche Unternehmen in Italien tätig werden soll. Einerseits ist es möglich, dass eine italienische Kapitalgesellschaft – sog. „Società con responsabilità limitata”, kurz „Srl” – gegründet wird, die der deutschen GmbH entsprechen würde. Auch kann angedacht werden, eine Zweigniederlassung der deutschen Gesellschaft in Italien zu gründen, die in Italien „sede secondaria“ genannt wird. Es ist jedoch auch möglich, dass das deutsche Unternehmen direkt in Italien als Arbeitgeber auftritt und Arbeitnehmer einstellt. In diesem Fall muss bei der Finanzbehörde in Italien eine italienische Steuernummer (sog. „Codice Fiscale“) für die deutsche Gesellschaft und deren Geschäftsführer eingeholt sowie eine Position bei der italienischen Sozialversicherungsanstalt, der „INPS“, eröffnet werden. Bei letzterer Vorgehensweise ist jedoch auf ein mögliches Betriebsstätten-Risiko hinzuweisen, das immer im Einzelfall durch italienische Steuerberater vor Aufnahme der Geschäftstätigkeit in Italien bewertet und geprüft werden sollte.

 

Vertragsform

Wurde die Rechtsform geklärt, sollte abgewogen und entschieden werden, mit welcher Vertragsform die zukünftigen Mitarbeiter in Italien beschäftigt werden. Hier stehen dem Arbeitgeber nach italienischem Arbeitsrecht eine Vielzahl von Vertragstypen zur Verfügung, welche vor allem davon abhängen, ob die Mitarbeiter als unselbständige Angestellte oder als selbstständige Mitarbeiter beschäftigt werden sollen.
 

Unselbständige Arbeitnehmer

Unselbständige Arbeitnehmer können entweder mit einem Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit (Regelfall) oder mit einem befristeten Vertrag angestellt werden. Für befristete Verträge sind eine Vielzahl von spezifischen Gesetzesbestimmungen zu beachten, die den missbräuchlichen Gebrauch von befristeten Arbeits­ver­hältnissen verhindern sollen und bei deren Verstoß entweder verwaltungsrechtliche Sanktionen oder die automatische Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vorgesehen sind. Es kann hier bspw. angeführt werden, dass für befristete Arbeitsverträge eine Höchstdauer von 24 Monaten vorgesehen ist und dass im Falle von abgeschlossenen Verträgen mit einer Dauer von über 12 Monaten immer ein bestimmter gesetzlicher Recht­ferti­gungsgrund gegeben sein muss, der in der Unternehmensrealität auch konkret nachweisbar sein muss (z.B. vorübergehende und objektive Bedürfnisse, die nichts mit der gewöhnlichen Geschäfts­tätigkeit zu tun haben; Ersatzerfordernisse anderer Arbeitnehmer oder Erfordernis im Zusammenhang mit vorübergehenden, relevanten und nicht programmierbaren Erhöhungen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit). Befristete Arbeitsverhältnisse unterliegen außerdem einer strengen zahlenmäßigen Beschränkung und dürfen laut Gesetz nur in einer maximalen Höhe von 20 Prozent der unbefristeten Arbeitsverhältnisse, die am 1. Januar des jeweiligen Jahres bestehen, abgeschlossen werden. Zusätzlich sind noch weitere einschränkende Bestimmungen zu beachten, welche die Anwendung von befristeten Arbeitsverhältnissen erschweren.
 

Selbständige Mitarbeiter

Für die Beschäftigung von selbständigen Mitarbeitern sind hingegen unterschiedliche Vertragstypen vorge­sehen, bspw. der Beratungsvertrag  („contratto di consulenza“) oder der Vertrag zur koordinierten und konti­nuierlichen Zusammenarbeit („contratto di collaborazione coordinata e continuativa“), deren Anwendung immer im Einzelfall zu prüfen ist. Beim Rückgriff auf Freelancer ist immer das Risiko der Annahme eines unselbständigen Arbeitsverhältnisses zu beachten, das von der tatsächlichen Tätigkeitsausübung im Unternehmensalltag abhängt. Ferner ist es gut zu wissen, dass auch für selbständige Mitarbeiter eine Vielzahl von Gesetzesbestimmungen zu deren Schutze vorgesehen sind.

 

Tarifvertrag

Ein weiterer wichtiger Aspekt des italienischen Arbeitsrechts ist die Anwendung eines Tarifvertrags auf die Arbeitsverhältnisse mit den Angestellten. Anders als in Deutschland, stellt die Anwendung eines Tarifvertrages in Italien den Regelfall dar und hat – vor allem für ausländische – Arbeitgeber große Vorteile in Bezug auf Rechtssicherheit und Klarheit, da die Tarifverträge sehr genaue Regelungen betreffend nahezu aller arbeits­rechtlicher Thematiken beinhalten. Selbstverständlich ist es auch möglich, dass Arbeitgeber, die keiner Arbeitgebervereinigung angehören, keinen Tarifvertrag anwenden. Dennoch haben sich Arbeitgeber aufgrund der Entscheidungspraxis der italienischen Gerichte nach dem – für ihren Tätigkeitsbereich anwendbaren – Tarifvertrag, insb. in Bezug auf Arbeits- und Urlaubszeiten sowie Mindestlohn, zu richten. Aus diesem Grund ist es für Arbeitgeber immer empfehlenswert, einen entsprechenden Tarifvertrag anzuwenden. Da Tarifverträge wie erläutert sehr ausführliche Regelungen enthalten, ist es ferner zweckdienlich, einen Arbeitsrecht­spezialisten mit der Zusammenfassung der wichtigsten Bestimmungen zu beauftragen.
 

Besonderheiten

Dies vorweggenommen, soll nun auf einige Besonderheiten des italienischen Arbeitsrechts eingegangen werden. Eine essentielle Abweichung zum deutschen Recht ist beim Thema Urlaubstage zu finden, da nach italienischem Recht Resturlaubstage nicht verfallen und daher bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Geld auszuzahlen sind. Hiervon kann auch nicht durch eine entsprechende Abrede mit dem Arbeitnehmer abgewichen werden. Ferner ist zu beachten, dass einige Tarifverträge zusätzlich zum jährlichen Urlaubsan-spruch auch die Gewährung von „bezahlten freien Stunden“ (sog. „permessi“) sowie „ehemaligen Feier­tagen“ (sog. „ex festività“) vorsehen.
 

Als Besonderheit zum Thema Überstunden ist anzuführen, dass das Gesetz generell eine jährliche Höchst­grenze von 250 individuellen Überstunden pro Arbeitnehmer vorsieht. Ferner müssen die vorab autorisierten und geleisteten Überstunden zusätzlich mit dem jeweils tarifvertraglich vorgesehenen Zuschlag vergütet werden, da sie nach italienischem Recht nicht durch Pauschalzahlungen abgegolten werden können. Abwei­chende Regelungen können nur vom jeweils angewandten Tarifvertrag vorgesehen werden, etwa durch die Einführung einer „Stundenbank“, mit der die Gewährung von Ausgleichsfreizeiten anstatt der Ausbezahlung der Überstunden vorgesehen wird. Dabei müssen immer die spezifischen Regelungen des jeweiligen Tarif­vertrags, der oftmals den Abschluss einer kollektivvertraglichen Betriebsvereinbarung vorsieht, beachtet werden.
 

Außerdem ist als Besonderheit des italienischen Arbeitsrechts auch das sog. „TFR“ („tratta-mento di fine rapporto“) zu beachten, welches oftmals fälschlicherweise als eine Art Abfindung bezeichnet wird, da es bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitnehmer ausbezahlt wird. Eigentlich handelt es sich beim „TFR“ jedoch um einen Gehaltsteil, der für den Arbeitnehmer während des laufenden Arbeits­verhältnisses vom Arbeitgeber bilanziell in monatlichen Raten rückgestellt werden muss. Das „TFR“ kommt zusätzlich zum vereinbarten Jahresbruttogehalt dazu und muss bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unab­hängig vom Beendigungsgrund ausgezahlt werden, das eventuell sogar neben einer „weiteren echten“ Abfindung. Was den Betrag des „TFRs“ anbelangt, muss für den Arbeitnehmer für jedes Beschäftigungsjahr ein Betrag zurück­gestellt werden, der dem Gesamtjahresbruttogehalt (Grundgehalt + eventueller Bonus) dividiert durch 13,5 entspricht (daher ca. 7,4 Prozent). Auf Anfrage der Arbeitnehmer besteht auch die Mög­lich­keit, dass der Arbeitgeber das monatlich anfallende „TFR“ direkt an einen entsprechenden Vor­sorge­fonds abführt: In diesem Fall muss es nicht am Ende des Arbeitsverhältnisses in Geld ausgezahlt werden.
 

Stolperfallen vermeiden

Die angeführten Bestimmungen stellen nur einen sehr kleinen Teil der arbeitsrechtlichen Besonderheiten in Italien dar, dies vor allem, da die konkret zu beachtenden Regelungen oftmals vom angewandten Tarifvertrag abhängen. Dennoch ist es absolut notwendig, dass sich Geschäftsführer sowie leitende Angestellte, die nach Italien geschickt werden, um dort die Führung einer Niederlassung bzw. Geschäftstätigkeit eines deutschen Unternehmens in Italien zu übernehmen und somit auch für die Personalverwaltung verantwortlich sind, schon vorab mit den entsprechenden Besonderheiten vertraut machen, um eventuelle Stolperfallen zu reduzieren und am besten ganz zu vermeiden. Das kann bspw. durch die Teilnahme an – von italienischen Fachexperten organisierten – spezifischen Schulungen oder durch einen Austausch mit erfahrenen Beratern erfolgen.

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