Steuerstundungsmodell bei Beteiligung an einem Investmentfonds

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​Verluste, die im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell nach § 15b EStG entstehen, unterliegen einer Verlustverrechnungsbeschränkung. Die negativen Einkünfte dürfen lediglich in den Folgejahren mit positiven Einkünften aus derselben Einkunftsquelle verrechnet werden und auch eine Verlustberücksichtigung gemäß § 10d EStG (Verlustvortrag bzw. Verlustrücktrag) ist ausgeschlossen. Zwar ist diese Regelung insbesondere auf sogenannte geschlossene Fonds in der Rechtsform von Personengesellschaften zugeschnitten, jedoch hat der Gesetzgeber eine sinngemäße Anwendung der Regelungen für ein Steuerstundungsmodell mittlerweile auf sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 7 EStG) erweitert. Die aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 28. Juni 2017 (Aktenzeichen VIII R 57/14) befasst sich mit der praxisrelevanten Fragestellung, in wieweit eine Beteiligung an einem Investmentfonds als Steuerstundungsmodell angesehen werden kann.

Bei den Klägern handelt es sich um Eheleute, die in den Jahren 2007 und im Streitjahr 2008 Anteile an einem Teilfonds eines Investmentfonds nach Luxemburger Recht in Höhe von ungefähr 2,1 Millionen Euro (2007) sowie 47.107 Euro in 2008 erworben haben. Im Rahmen des Erwerbs der Investmentanteile haben die Kläger im Jahr 2007 Zwischengewinne in Höhe von ca. 782.000 Euro und im Streitjahr in Höhe von 178.106 Euro gezahlt. In der ersten Abrechnungsperiode des Investmentfonds wurden den Klägern im Jahre 2008 Zinserträge in Höhe von ca. 113.000 Euro und Dividenden in Höhe von ca. 16.000 Euro gut geschrieben.

Die Kläger haben in ihrer Einkommensteuererklärung für 2008 die geleisteten Zwischengewinne in Höhe von 178.106 Euro mit den positiven Kapitalerträgen aus dem Investmentfonds und weiteren Kapitalerträgen verrechnet. Das zuständige Finanzamt vertrat jedoch die Auffassung, dass es sich bei der Beteiligung an dem Investmentfonds um ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b EStG handle (§ 20 Abs. 2b EStG in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung), sodass nur eine Verrechnung der geleisteten Zwischengewinne mit den positiven Einkünften aus den Kapitalerträgen aus dem Investmentfonds gewährt wurde. Der darüber hinaus verbleibende Verlustvortrag ist aufgrund des Vorliegens eines Steuerstundungsmodells nicht mit weiteren Kapitaleinkünften verrechenbar. Der gegen diese Sichtweise der Finanzverwaltung erhobenen Klage wurde von dem zuständigen Finanzgericht mit Urteil vom 22. September 2014 (EFG 2015, 384) stattgegeben. Allerdings hat das zuständige Finanzamt mit der Begründung Revision eingelegt, dass der Investmentfonds gezielt aufgelegt worden sei, um die Steuersatzspreizung nach Einführung der Abkommensteuer auszunutzen. Die Kläger hätten durch den Erwerb der Fondsanteile vor Einführung der Abgeltungsteuer negative Zwischeneinkünfte erzielt, die eine Verlustverrechnung mit tariflich zu versteuernden Einkünften ermöglichten, während positive Erträge aus den Fondanteilen ab dem Jahr 2008 lediglich der Abgeltungsteuer in Höhe von pauschal 25 Prozent unterliegen würden. Sofern die gezahlten Zwischengewinne 10 Prozent des Kaufpreises übersteigen würden, sind die Verlustverrechnungsbeschränkungen bei einem Steuerstundungsmodell einschlägig.

Der BFH hat die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt. Im Streitfall liegt kein Steuerstundungsmodell aufgrund einer sinngemäßen Anwendung der Regelung des § 15b EStG vor. Der Erwerb eines Investmentanteils durch einen Privatanleger kann regelmäßig zur Zahlung eines Zwischengewinnes führen. Hierbei handelt es sich gemäß § 1 Abs. 4 InvStG um das Entgelt für die dem Anleger noch nicht zugeflossenen oder als zugeflossen geltenden Zinserträge, zinsähnlichen Erträge und Ansprüche des Investmentvermögens. Dem gezahlten Zwischengewinn beim Erwerb von Fondsanteilen kann der Privatanleger im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung als negative Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehen. Der Verkäufer muss hingegen den erhaltenen Zwischengewinn als Kapitalertrag versteuern. Aus diesem Grund hält der BFH die Annahme eines Steuerstundungsmodells für nicht schlüssig, weil systembedingt dem negativen Zwischengewinn ein ebenso hoher positiver Zwischengewinn gegenüber gestanden haben muss. Das bedeutet, dass sich im Ergebnis positive und negative Zwischengewinne ausgeglichen hätten, sodass durch den Investmentfonds gerade keine Steuervorteile in einer modellhaften Art und Weise angeboten werden.

Darüber hinaus sieht es der BFH als umstritten an, ob die Zahlung von Zwischengewinnen überhaupt zu einem wirtschaftlich unangemessenen Steuervorteil für Zwecke der Annahme eines Steuerstundungsmodelles führen kann. Die Berücksichtigung eines negativen Zwischengewinnes beim Käufer der Investmentanteile soll eine Überbesteuerung beim späteren Ertragszufluss vermeiden. Somit sieht es der Senat als zweifelhaft an, ob es sich bei dem Zwischengewinn um (unangemessene) Aufwendungen zur Erzielung von Kapitaleinkünften im Sinne des § 15b handelt. Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung hält der BFH an seiner Auflassung auch dann fest, wenn der Zwischengewinn 10 Prozent des Kaufpreises übersteigt. Denn auch in diesem Fall soll durch die steuerliche Berücksichtigung des Zwischengewinns eine Überbesteuerung des Anlegers vermieden werden.

Der BFH kommt aufgrund vorstehender Überlegungen zu dem Ergebnis, dass kein Steuerstundungsmodell beim Erwerb des Investmentanteils vorlag, zumal über die Gesamtlaufzeit der Investition mit einem positiven Einkünfteüberschuss zu rechnen war. Da auch keine weiteren Anhaltspunkte, die die Annahme eines Steuerstundungsmodelles gestützt hätten, wie beispielsweise eine vermittelte hohe Fremdfinanzierung, vorlag, hat der BFH die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Abschließend betont der BFH, dass allein aus der Ausnutzung eines Steuersatzgefälles (statt Besteuerung nach der Einkommensteuertabelle Besteuerung nach der Abgeltungsteuer) nicht auf eine missbräuchliche Gestaltung im Sinne des § 42 AO geschlossen werden kann.

Die aktuelle BFH-Entscheidung zeigt, dass die Finanzverwaltung auch bei Einkünften aus Kapitalvermögen die Regelungen eines Steuerstundungsmodells im Sinne des § 15b EStG anwenden möchte. Es ist nicht abzustreiten, dass am Markt angebotene Modelle vorliegen, bei denen es sich um ein Steuerstundungsmodell handeln könnte, wie beispielsweise bei einer Bündelung von Haupt-und Nebenleistungen durch den Anbieter (wie durch eine gleichzeitig mit dem Erwerb von Kapitalvermögen vermittelte hohe Fremdfinanzierung oder durch die Gestaltung von hohen Disagiobeträgen beim Erwerb von abgezinsten Schuldverschreibungen). Allerdings ist die Annahme eines Steuerstundungsmodelles aufgrund geleisteter Zwischengewinne beim Käufer von Investmentanteilen unseres Erachtens im Hinblick auf den Sinn und Zweck des Ansatzes von Zwischengewinnen verfehlt. Dennoch sollten Erwerber von strukturierten Kapitalvermögen die Regelungen für ein Steuerstundungsmodell (§ 15b EStG) im Blick behalten.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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