Steuerbegünstigte Veräußerung von Zweit- und Ferienwohnungen

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Gewinne aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern (insbesondere Immobilien), die im Zeitraum zwischen Anschaffung/ Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (erste Alternative) oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken (zweite Alternative) genutzt werden, können ausnahmsweise nach § 22 Nr. 2 EStG in Verbindung mit § 23 Abs.1 Nr.1 Satz 3 EStG steuerfrei veräußert werden. In der Praxis stellt sich bei diesen beiden Ausnahmealternativen die Frage, inwieweit sie auch auf Zweit- und Ferienwohnungen anwendbar sind. Diese Rechtsfrage hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner jüngsten Entscheidung vom 27. Juni 2017 (Az. IX R 37/16) beantwortet. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin und ihr Bruder haben am 5. März 1998 hälftig ein bebautes Grundstück erworben, das sie im Anschluss an den Vater vermieteten. Das Mietverhältnis endete Ende November 2004. Danach nutzte die Klägerin die Immobilie selbst. Am 2. Juni 2006 erwarb sie von ihrem Bruder dessen hälftigen Miteigentumsanteil hinzu. Mit Vertrag vom 7. September 2006 veräußerte die Klägerin die Immobilie. Das zuständige Finanzamt behandelte den Veräußerungsgewinn als ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 EStG und erhob Einkommensteuer. Nach Ansicht der Finanzverwaltung kommt die Anwendung der Ausnahmeregelungen in § 23 Abs. 1. Nr.1 Satz 3 EStG (vorstehend erwähnte Alternativen eins und zwei) nicht in Betracht. 

Die gegen diese Entscheidung eingelegte Klage beim Finanzgericht Köln hatte ebenfalls keinen Erfolg. Es handelt sich bei der Immobilie um eine von der Klägerin genutzte Zweitwohnung, die sie lediglich für Ferienaufenthalte genutzt habe, so dass keine gesetzlich geforderte Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken”

vorlag (Finanzgericht Köln vom 18. Oktober 2016, EFG 2017, 222).

Die gegen die finanzgerichtliche Entscheidung eingelegte Revision hatte hingegen Erfolg. Der BFH hat entgegen der Sichtweise der Finanzverwaltung und des Finanzgerichtes entschieden, dass eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken durch die Klägerin vorlag.

Ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs.1 Nr. 1 EStG liegt bei der Veräußerung von Grundstücken (einschließlich Gebäuden) vor, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt. Falls jedoch das veräußerte Grundstück (Gebäude) in dem Zeitraum zwischen Anschaffung/ Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich „zu eigenen Wohnzwecken” (erste Alternative) oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren „zu eigenen Wohnzwecken” (zweite Alternative) genutzt wurde, kann der Veräußerungsgewinn ausnahmsweise steuerfrei vereinnahmt werden (§ 23 Abs.1. Nr. 1 Satz 3 EStG). 

Die entscheidende Frage besteht darin, wie der Ausdruck „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" in den beiden Alternativen zu verstehen ist. Nach Ansicht des BFH wird in beiden Alternativen lediglich vorausgesetzt, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet sein muss und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird. Der Steuerpflichtige muss das Gebäude zumindest auch selbst nutzen, wobei es unschädlich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt. Dem gegenüber liegt eine Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken" nicht mehr vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen. 

Eine Immobilie wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn sie der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt, sofern sie ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. Eine Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken” setzt weder die Nutzung als Hauptwohnung voraus, noch muss sich dort der Schwerpunkt der persönlichen und familiären Lebensverhältnisse befinden. Daher sind nach Ansicht des erkennenden Senats auch Zweitwohnungen, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen und Wohnungen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt werden, begünstigt erfasst. 

Der BFH begründet seine Auslegung damit, dass der Gesetzgeber ausdrücklich im Gesetz hätte festhalten müssen, dass er nicht dauernd bewohnte Zweitwohnungen und ausschließlich eigengenutzte Ferienwohnungen von der Begünstigung ausnehmen wollte. 

Die erste Alternative des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG setzt voraus, dass die Wohnung im Zeitraum zwischen Anschaffung/ Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist. Dem gegenüber verlangt die zweite Alternative von § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren. Dabei muss im Jahr der Veräußerung und im zweiten Jahr vor der Veräußerung der Immobilie die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht während des gesamten Kalenderjahres vorgelegen haben. Es ist ausreichend, wenn ein zusammenhängender Zeitraum der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, die sich über drei Kalenderjahre erstreckt, ohne sie – mit Ausnahme des mittleren Kalenderjahres – voll auszufüllen. Insofern stützt sich der BFH auch auf die bereits durch die Finanzverwaltung festgelegte Sichtweise im BMF-Schreiben vom 5. Oktober 2000, Bundessteuerblatt I 2000, 1383, Randnummer 25.

Nach diesen Maßstäben hat der BFH die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben. Die Klägerin hat den von ihrem Vater erworbenen Miteigentumesanteil im Jahr der Veräußerung (2006) und in den beiden vorangegangenen Kalenderjahren (seit Dezember 2004) in einem zusammenhängenden Zeitraum zu eigenen Wohnzwecken (zweite Alternative) genutzt. Im Hinblick auf den von ihrem Bruder erworbenen Miteigentumsanteil hat die Klägerin im Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung die Immobilie sogar ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (erste Alternative) genutzt. Daher hat die Klägerin aufgrund der Ausnahmeregelungen in § 23 Abs. 1. Nr. 1 Satz 3 EStG kein steuerbares privates Veräußerungsgeschäft verwirklicht. 

Die Frage, inwieweit Zweit- und Ferienwohnungen steuerfrei veräußert werden können, ist in der Praxis stets von Bedeutung, insbesondere, wenn die Immobilie teilweise auch selbst genutzt wird bzw. die Dauervermietung von Ferienwohnung beendet wird. Ein Gebäude wird nämlich auch dann „zu eigenen Wohnzwecken” genutzt, wenn es der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt, sofern es ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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