Fondsetablierungskosten als sofortabzugsfähige Betriebsausgaben – Änderung der Rechtsprechung

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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem aktuell veröffentlichten Urteil vom 26. April 2018 (Az. IV R 33/15) entschieden, dass bei Auflegung eines geschlossenen Fonds mit gewerblichen Einkünften die Etablierungskosten grundsätzlich als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt werden können. Somit hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung, die Fondsetablierungskosten als zusätzliche Anschaffungskosten behandelte, aufgegeben. 

In der Pressemitteilung des BFH zum vorstehenden Urteil wird ausgeführt, dass geschlossene Personengesellschaftsfonds (z.B. Schiffsfonds, Filmfonds, Windkraftfonds) in der Vergangenheit meist so konzipiert waren, dass sich in der Anfangsphase aufgrund einer Vielzahl von gesonderten Verträgen Kosten ergaben, die den Anlegern regelmäßig hohe Verluste vermittelten. Dabei handelt es sich üblicherweise um Provisionen für die Eigenkapitalvermittlung, um Kosten für die Fondskonzeption oder um Prospektkosten. Der BFH sah hierin einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO und behandelte die streitigen Aufwendungen als zusätzliche Anschaffungskosten der vom Fonds erworbenen Anlagegüter. Diese fondsspezifischen Dienstleistungen konnten nur im Wege der Absetzung für Abnutzung über die Nutzungsdauer abgezogen werden. 

Solche Fondsetablierungskosten lagen auch im Streitfall vor. Es handelte sich bei dem Kläger um einen geschlossenen Fonds (GmbH & Co. KG), der in bestehende Beteiligungen an Schiffsgesellschaften (Zielfonds) investiert hat. Zur Umsetzung des Fondskonzeptes fielen Kosten unter anderem für die Ausarbeitung und Umsetzung des Fondskonzeptes, die Erstellung des Verkaufsprospektes sowie für den Anteilsvertrieb an, die auf verschiedenen Einzelverträgen beruhten. Die Klägerin behandelte unter anderem auch die Aufwendungen für die Fondsetablierung als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben. Dem gegenüber hat das Finanzamt diese Kosten in Einklang mit der herrschenden BFH-Rechtsprechung als Anschaffungskosten der erworbenen Anlagegüter des Fonds angesehen und insofern entsprechend den Gewinn erhöht. Das Finanzgericht hat die Klage des Klägers gegen die Beurteilung durch die Finanzbehörde in seiner Entscheidung vom 18. Juni 2015 als unbegründet abgelehnt. Fondsetablierungskosten seien als zusätzliche Anschaffungskosten der erworbenen Wirtschaftsgüter anzusehen. 

In der Revision kommt jedoch der BFH zu einer abweichenden Beurteilung. Sowohl das Finanzgericht als auch das Finanzamt haben die Aufwendungen der Klägerin für die Fondsetablierung im Streitjahr zu Unrecht als nicht sofort abziehbare Betriebsausgaben behandelt. Denn die vom Finanzgericht auf den Streitfall angewandte BFH-Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Fondsetablierungskosten bei modellhafter Gestaltung ist in Jahren seit Inkrafttreten des § 15b EStG, und damit auch im Streitjahr, nicht mehr einschlägig. Denn sie beruht auf der Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung (§ 42 AO), für die der Gesetzgeber nunmehr durch Einführung des § 15b EStG eine eigene Regelung getroffen hat. Solche schädlichen Verluste können mit späteren positiven Einkünften aus derselben Einkunftsquelle verrechnet werden.  

Hat der Gesetzgeber eine Spezialvorschrift – wie den § 15b EStG – eingeführt, um die Attraktivität solcher geschlossener Fonds mit Fondsetablierungskosten einzuschränken, darf die Wertung des Gesetzgebers nicht länger durch Anwendung der Regelungen eines Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO) versagt werden. Die auf § 42 AO gestützte BFH-Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Fondsetablierungskosten bei modellhafter Gestaltung ist folglich nicht mehr einschlägig. 

Etablierungskosten eines gewerblichen Fonds sind zukünftig grundsätzlich sofort abzugsfähige Betriebsausgaben. Allerdings unterliegen sie der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15b EStG, wenn Verluste unter Berücksichtigung von Fondsetablierungskosten die dort aufgeführten Grenzen überschreiten. 

Die BFH-Entscheidung bezieht sich unmittelbar auf geschlossene gewerbliche Fonds. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass diese neue BFH-Rechtsprechung auch auf vermögensverwaltende Fonds einschlägig ist, da der Anwendungsbereich des § 15b EStG auch vermögensverwaltende geschlossene Fonds einschließt. Dass der BFH an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr festhält, kann für den Steuerpflichtigen auch Vorteile bieten, wenn die Fondsetablierungskosten die schädliche Verlustgrenze des § 15b Abs. 3 EStG nicht überschreiten. Diese beträgt 10% des aufzubringenden Eigenkapitals des Fonds. Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf diese neue Rechtsprechung reagiert, denn die bisher einschlägig herrschende BFH-Rechtsprechung hat das BMF im sogenannten „Fondserlass” vom 20. Oktober 2003 übernommen.

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Frank Dißmann

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