Einlagenrückgewähr durch eine Drittstaatengesellschaft ist nicht steuerbar

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veröffentlicht am 24. Oktober 2019 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Die steuerliche Behandlung von Einlagenrückzahlungen einer in einem Drittland ansässigen Kapitalgesellschaft (Drittstaatengesellschaft) in Deutschland ist sowohl für Industrieunternehmen als auch für Family Offices bzw. Fondsgesellschaften von Bedeutung. Letztere halten ihren grenzüberschreitenden Immobilienbesitz nicht selten mittelbar über ausländische Kapitalgesellschaften (z.B. USA, Kanada). Die Finanzverwaltung vertritt unbeirrt die Auffassung, dass in Drittstaatengesellschaften geleistete Kapitaleinlagen nicht steuerneutral an ihre deutschen Anteilseigner zurückgezahlt werden können. Der eindeutige Gesetzeswortlaut in § 27 Abs. 8 KStG stützt aus Sicht der Finanzverwaltung die Steuerpflicht einer Drittstaaten-Einlagenrückgewähr. Denn die Vorschriften zur Einlagenrückgewähr sind nur auf bestimmte EU- bzw. EWR-Gesellschaften anwendbar. Daher sind in diesem Punkt bei steuerlichen Betriebsprüfungen Streitigkeiten mit dem Finanzamt vorprogrammiert. 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in seiner aktuellen Entscheidung vom 10. April 2019 (Az. I R 15/16) erneut mit dieser Streitfrage auseinandergesetzt. Er schließt sich der ständigen BFH-Rechtsprechung (BFH vom 13.07.2016, Az. VIII R 47/13) an und urteilt, dass eine nicht steuerbare Rückgewähr von Einlagen grundsätzlich auch bei einer in einem Drittstaat ansässigen Kapitalgesellschaft möglich ist. Somit unterliegt eine entsprechende Ausschüttung, abweichend zur Ansicht der Finanzverwaltung, beim Anteilseigner keiner Besteuerung. 

In dem Streitfall war die Klägerin (inländische Kapitalgesellschaft) alleinige Gesellschafterin der in den USA ansässigen Kapitalgesellschaft B Inc. Die Klägerin erhielt im Jahr 2008 Leistungen von der US-Inc., die das Finanzamt als steuerpflichtige Dividenden behandelte. Nach Ansicht des Finanzamtes können Drittstaatengesellschaften an ihre Gesellschafter keine steuerneutralen Leistungen erbringen. Die dagegen gerichtete Klage wurde zugunsten der Klägerin entschieden (Finanzgericht Münster vom 19.11.2015, Az. 9 K 1900/12 K). Gegen dieses FG-Urteil richtet sich die Revision des Finanzamts. 

Der BFH hat seine frühere Rechtsprechung im Rahmen der Revision bestätigt und die Einlagenrückgewähr einer in einem Drittstaat (hier: USA) ansässigen Kapitalgesellschaft (hier: B-Inc.) an ihren Gesellschafter als grundsätzlich nicht steuerbar gewertet. Die Tatsachen, dass die US-Inc. kein steuerliches Einlagenkonto gemäß § 27 KStG führt und auch kein formelles Feststellungsverfahren für das steuerliche Einlagekonto nach dem Vorbild der deutschen Regelungen vorliegt, sind unerheblich. Die Nichtanwendung der Möglichkeit einer nicht steuerbaren Einlagenrückgewähr bei Drittstaatengesellschaften würde, auch nach ständiger Rechtsprechung des EuGH, die Kapitalverkehrsfreiheit in nicht durch sachliche Gründe zu rechtfertigender Weise beschränken. Es käme ansonsten zu einer Benachteiligung solcher Drittstaatengesellschaften und deren Gesellschafter im Vergleich zu inländischen oder EU-ausländischen Sachverhalten. Zudem bestünde die Gefahr der Substanzbesteuerung, die gegen das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verstößt. Angesichts der in den Doppelbesteuerungsabkommen üblicherweise verankerten Auskunftsklauseln sieht der BFH auch keinen Rechtsfertigungsgrund dafür, dem inländischen Gesellschafter einer Drittstaatengesellschaft von vornherein jede Möglichkeit des Nachweises einer Einlagenrückgewähr zu verweigern.  

Die Höhe des aus­schütt­ba­ren Gewinns einer Dritt­staa­ten­ge­sell­schaft ist nach dem jewei­li­gen aus­län­di­schen Han­dels- und Gesell­schafts­recht zu ermit­teln. Die Ver­wen­dungsreihenfolge der aus­geschütteten Beträge und damit auch der Umfang einer nicht steuerbaren Rück­ge­währ von Ein­la­gen bestimmt sich jedoch ausschließlich nach § 27 Abs. 1 Satz 3 und 5 KStG. Da das gesetzlich festgelegte, vor­ge­schal­te­te geson­der­te Ver­fah­ren zur Feststellung des Bestandes des steuerlichen Einlagekontos bzw. der steuerpflichtigen Leistungen auf Drittstaatengesellschaften nicht anwendbar ist, können diese Beurteilungen nur im Rah­men des Fest­set­zungs­ver­fah­rens des Gesellschafters getroffen werden.  

Aufgrund der ständigen Rechtsprechung des BFH, die durch dieses Urteil weiter bestätigt wird, sollten Steuerpflichtige prüfen, ob bei Zah­lun­gen von Dritt­staa­ten­ge­sell­schaf­ten von einer steu­er­f­reien Ein­la­gen­rück­ge­währ aus­ge­gan­gen wer­den kann. Allerdings steht die Reaktion der Finanzverwaltung noch aus. Die Finanzverwaltung hat zwar die bisherigen BFH-Entscheidungen noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht, dennoch sehen wir keine Gründe, wieso sie angesichts der eindeutigen Urteile weiter an ihrer ablehnenden Auffassung einer steuerneutralen Einlagenrückgewähr durch Drittstaatengesellschaften festhalten kann. Von Bedeutung wird sicherlich sein, welche Nachweise der Gesellschafter einer Drittstaatengesellschaften erbringen muss, um die steuerneutrale Einlagenrückgewähr zu belegen. Sollte die Finanz­ver­wal­tung dennoch einen, die Annahme einer steu­er­f­reien Ein­la­gen­rück­ge­währ, ableh­nen­den Steuerbescheid erlas­sen, sollte gegen die­sen Einspruch eingelegt werden. Im worst case ist damit zu rechnen, dass die Behandlung einer steuerneutralen Einlagenrückgewähr im Klageweg durchgesetzt werden muss. 

Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber auf die gefestigte BFH-Rechtsprechung reagiert und durch eine gesetzliche Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 27 Abs. 8 KStG auf Drittstaatengesellschaften für Rechtssicherheit sorgt. Wir werden Sie über die weitere Entwicklung unterrichten.

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Frank Dißmann

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