Erweiterte Grundstückskürzung: Das Ausschließlichkeitsgebot und die Gewerbesteuerpflicht von Sonderbetriebseinnahmen

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veröffentlicht am 20. April 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Bei der Ermittlung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage können Steuerpflichtige die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen nach § 9 Nr. 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG) um 1,2 Prozent des Einheitswertes des zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes kürzen. Zielsetzung des Gesetzgebers ist es mit dieser Regelung eine Doppelbelastung mit Realsteuern nach § 3 Abs. 2 AO (Grundsteuer und Gewerbesteuer) abzumildern bzw. auszuschließen.  
 
Anstelle dieser Kürzung kann auf Antrag durch eine erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG eine vollständige Freistellung von der Gewerbesteuer erreicht werden, wenn der Gewerbebetrieb ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt. Erlaubt sind neben der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes eng definierte Nebentätigkeiten, die selbst jedoch nicht der Kürzung unterliegen.  
 
Diese Regelung wiederum dient der Gleichstellung sachlich bzw. Kraft gesetzlicher Vorgaben gewerbesteuerpflichtiger Unternehmen mit der Vermietung und Verpachtung von Grundbesitz, die einem steuerlichen Privatvermögen zuzuordnen ist. Denn eine dem steuerlichen Privatvermögen entstammende Vermietung und Verpachtung von Grundbesitz unterliegt keiner sachlichen Gewerbesteuerpflicht, da die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Gewerbebetriebs i. S. des § 15 Abs. 2 EStG i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG nicht vorliegen. 
 
Die gesetzliche Regelung enthält darüber eine Ausnahme, das sog. „Ausschließlichkeitsgebot” des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG. Ausschlussgründe für die erweiterte Grundstückskürzung sind demnach: 

 

  1. Der Grundbesitz dient zumindest teilweise dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen (§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG);
  2. Der Gewerbeertrag enthält Sondervergütungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG (§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG);
  3. Eingebrachte stille Reserven werden innerhalb eines bestimmten Zeitraums aufgedeckt (§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG).

 

§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG definiert demzufolge, dass soweit der Gewerbeertrag Vergütungen i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG („Sonderbetriebseinnahmen”) enthält, die der Gesellschafter von der Gesellschaft

  • für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder
  • für die Hingabe von Darlehen oder
  • für die Überlassung von Wirtschaftsgütern (Ausnahme Grundbesitz) 

bezogen hat, § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht anwendbar ist. 
 
Hintergrund für die Schaffung des Ausschlusstatbestandes des § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1a GewStG im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2009 war das sog. „Bankenbeteiligungsmodell”: Vor Änderung des Gesetzes erwarben Kreditinstitute vermehrt einen Zwerganteil an einer Immobilienpersonengesellschaft und gewährten dieser zugleich hohe Gesellschafterdarlehen. Diese Gestaltung führte dazu, dass die Kreditinstitute im Ergebnis gewerbesteuerfreie Zinseinkünfte erzielten, weil diese als Sondervergütungen in den Gewinn der Personengesellschaft flossen und daher der erweiterten Kürzung unterlagen. Auf Gesellschafterebene verhinderte wiederum § 9 Nr. 2 GewStG, dass der Gewinnanteil an der Personengesellschaft auf Ebene des Gesellschafters, also der Bank, von der Gewerbesteuer erfasst wurde.   
 
Das Finanzgericht Köln hatte sich im März 2020 (Az. 12 K 1954/18) mit der Frage zu beschäftigen, inwieweit das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1a GewStG Ausnahmen zulässt bzw. inwieweit eine teleologische Reduktion auf den beschriebenen und für die gesetzliche Anpassung ursächlichen Einzelfall anwendbar sei. Der Kläger, eine Kommanditgesellschaft mit acht Kommanditisten und einer Komplementärin A, deren Unternehmensgegenstand die Vermietung eigener Immobilien ist, vertrat die Auffassung, dass die für einen Kommanditisten gezahlten Tätigkeitvergütungen für die Jahre 2013 und 2014 von der Gewerbsteuer freizustellen seien und die Regelung des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall gelte. Die entsprechenden Angaben im Rahmen der Steuererklärungen wurden jedoch von der Betriebsprüfung nicht anerkannt. Auch im Verfahren vor dem Finanzgericht Köln bekam das Finanzamt Recht und führte aus:  
 
Eine teleologische Reduktion der Vorschrift hinsichtlich der streitigen Sondervergütungen komme im Streitfall nicht in Betracht. Zwar habe der BFH eine teleologische Reduktion im Fall des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG zugelassen (Urteil vom 26. Juni 2007, AZ. IV R 9/05), sofern das überlassene Grundstück zwar dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters diene, dieses den Grundbesitz nutzende Unternehmen jedoch mit all seinen (positiven wie negativen) Einkünften von der Gewerbesteuer befreit sei. Diese Fallgestaltung liege jedoch im Streitfall nicht vor. 
 
Die Revision wurde zugelassen, das Verfahren ist nun beim BFH (Az. IV R 11/20) anhängig und wurde am 18. September 2020 in die dortige Datenbank aufgenommen.

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