Erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei Stromlieferungen und Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen durch das Fondsstandortgesetz

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veröffentlicht am 20. August 2021 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Für gewerbliche Unternehmen mit Grundbesitz, die originär vermögensverwaltende Tätigkeiten ausüben, aber aufgrund ihrer Rechtsform der Grunderwerbsteuer unterliegen, ist in der Praxis insbesondere die Regelung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für Grundbesitz nach § 9 Nr. 1 S. 2ff. GewStG von Bedeutung. Diese Regelung ermöglicht solchen Grundstücksunternehmen, aber z.B. auch geschlossenen Immobilienfonds (als geschlossene Investment KGs aufgelegt), ihre aus der Grundstückverwaltung erzielten Erträge ohne eine Gewerbesteuerbelastung zu vereinnahmen. Voraussetzung für die Gewerbesteuerbegünstigung nach § 9 Nr. 1 S. 2ff GewStG ist jedoch, dass die Unternehmen bzw. Immobilienfonds ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen (Ausschließlichkeitsgebot). Neben diesen begünstigten Tätigkeiten darf der Steuerpflichtige bestimmte erlaubte, also unschädliche, aber nicht begünstigte gesetzliche Katalogtätigkeiten, wie z.B. der Verwaltung und Nutzung von Kapitalvermögen, ausüben. Darüber hinaus gehende Tätigkeiten der Gesellschaft bzw. des Immobilienfonds sind hingegen grundsätzlich als begünstigungsschädlich zu behandeln mit dem Ergebnis, dass die Gewerbesteuerbegünstigung für die Grundstücksverwaltung bzw. -nutzung insgesamt entfällt und sämtliche Erträge der Gewerbesteuer unterliegen.

 

Zu den begünstigungsschädlichen, gewerblichen Vermietungstätigkeiten zählen die Erbringung von Zusatz-, Sonder- oder Nebenleistungen des Vermieters gegenüber dem Mieter wie z.B. die Übernahme des Wäscheservices, Reinigung der Mietflächen oder sonstige hoteltypische Dienstleistungen, die bei der Vermietung von Ferienwohnungen, beim Micro-Living oder im Rahmen der Vermietung von Service-Appartements erbracht werden.

 

Ebenso sind üblicherweise Einnahmen eines Grundstücksunternehmens bzw. Immobilienfonds aus Nebentätigkeiten, wie aus der Energieerzeugung durch eine Photovoltaikanlage, eines Blockheizkraftwerks, einer Geothermieanlage oder dem Betreiben von E-Ladestationen gemeinsam mit den Einnahmen aus der Grundstücksverwaltung vollumfänglich gewerbesteuerpflichtig. Lediglich für Immobilienfonds, die der Investmentbesteuerung unterliegen und neben der Grundstücksvermietung auch Strom bzw. Energie produzieren (z.B. aufgrund des Betreibens einer Photovoltaikanlage, eines Blockheizkraftwerks oder vergleichbaren Anlagen), hat der Gesetzgeber eine unschädliche Bagatellgrenze von 5% gewährt. Somit unterliegt die Grundstücksvermietung nicht der Gewerbesteuer auf Fondsebene, wenn die gewerblichen Fondseinnahmen aus der Strom- bzw. Energielieferung in einem Geschäftsjahr weniger als 5% der gesamten Fondseinnahmen betragen.

 

Die bewusste oder ggf. unbewusste Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen im Rahmen der Grundstücksvermietung (insbesondere Hotel- und Zimmereinrichtungen, wie z.B. bei Studenten- oder Seniorenwohnheimen, ebenso die Mitüberlassung von Maschinen, Betriebs- oder Büroeinrichtungen wie eventuell Teeküchen, Küchengeräte oder Kühlgeräte/ Kühlanlagen) führt in der Praxis zu den größten Rechtsunsicherheiten bei der Würdigung, ob eine begünstigungsschädliche Gesamttätigkeit vorliegt. Die bisherige, leider nicht einheitliche, Finanzrechtsprechung beurteilt die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen nur dann als unschädlich für Zwecke der erweiterten Gewerbesteuerkürzung, wenn es sich um Zubehör behandelt oder die Mitüberlassung für eine wirtschaftlich sinnvoll gestaltete eigene Grundstücksverwaltung zwingend notwendig ist. 
 
Mit Verabschiedung des Fondsstandortgesetzes (FoStoG) am 28.5.2021 durch den Bundesrat hat der Gesetzgeber u.a. auch eine Erweiterung des Katalogs von begünstigungsunschädlichen Nebentätigkeiten von Grundstücksunternehmen bzw. Immobilienfonds für Zwecke der Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2ff GrEStG n.F geschaffen. Erreicht wird dies durch die Einführung von zwei neuen (Bagatell)Grenzen im Gewerbesteuergesetz:

 

Wie vorstehend dargelegt, haben Grundstücksunternehmen und Immobilienfonds, die neben der Grundstücksvermietung auch Strom aus erneuerbaren Energien (z.B. Photovoltaikanlage) erzeugen oder Ladestationen für Elektrofahrzeuge betreiben, bisher insgesamt die Möglichkeit verloren, die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung in Anspruch nehmen zu können. Es lagen begünstigungsschädliche Nebentätigkeiten vor. Die Neuregelung in § 9 Nr. 1 S. 3 Buchstabe 2 GewStG n.F. sieht vor, dass Grundstücksunternehmen und Immobilienfonds, die in Verbindung mit der Nutzung bzw. Verwaltung eigenen Grundbesitzes auch Einnahmen aus der Stromlieferung erzielen, die erweiterte Kürzung weiterhin in Anspruch nehmen können, wenn ihre diesbezüglichen Einnahmen nicht höher als 10% der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind.

 

Dabei muss es sich um Stromlieferungen aus bestimmten Erneuerbaren Energien (z.B. Photovoltaikanlage, nicht jedoch Blockheizkraftwerk) oder aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge (einschließlich Elektrofahrräder) handeln. Zudem darf der Strom aus den Energieerzeugungsanlagen nur ins Netz eingespeist oder an die Mieter des Grundstücksunternehmens bzw. Immobilienfonds geliefert werden. Der Selbstverbrauch von erzeugtem Strom steht der erweiterten Kürzung ebenfalls nicht entgegen.

 

Es wurde bereits erwähnt, dass Grundstücksunternehmen bzw. Immobilienfonds nach bisheriger Rechtslage den Anspruch auf die erweiterte Gewerbesteuerkürzung verlieren, wenn sie gegenüber ihren Mietern neben begünstigten Tätigkeiten auch gewerbliche Tätigkeiten erbringen (z.B. schädliche Zusatzleistungen) oder beispielsweise Einnahmen aus der Mitüberlassung von Betriebsvorrichtungen erzielen. Auf den Umfang dieser Tätigkeiten kommt es dabei nicht an. Zukünftig bleibt nach § 9 Nr. 1 S. 3 Buchstabe 3 GewStG n.F. die erweiterte Kürzung auch erhalten, wenn die Einnahmen des Steuerpflichtigen aus diesen Tätigkeiten nicht höher als 5% der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind und aus unmittelbaren Vertragsverhältnissen mit den Mietern des Grundstücks stammen.

 

Diese Neuregelungen zur Inanspruchnahme der erweiterten Gewerbesteuerkürzung, die erstmals für den Erhebungszeitraum 2021 anwendbar sind, bedeuten für Grundstücksunternehmen bzw. Immobilienfonds in der Praxis erhebliche Erleichterungen. Insbesondere durch die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen haben sich bisher immer wieder Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung ergeben, weil z.B. nicht alle Betriebsvorrichtungen identifiziert wurden oder beispielsweise unterschiedliche Auffassungen bestanden, ob die Mitüberlassung als wirtschaftlich sinnvoll gestaltete eigene Grundstücksverwaltung zwingend notwendig war. Zudem sollten die Neuregelungen für die Steuerpflichtigen auch unter administrativen und Compliance-Aspekten vorteilhaft sein, da die rechtssichere Erzielung einer erweiterten Gewerbesteuerkürzung derzeit nur durch die Auslagerung von schädlichen Tätigkeiten beispielsweise auf Schwestergesellschaften (Halten und Vermietung von Betriebsvorrichtungen) denkbar war. Eine solche Gestaltung kann im Einzelfall zukünftig entfallen.

 

Allerdings bestehen auch Zweifelsfragen bei der Anwendung der Neuregelungen. Beispielsweise ergibt sich aus dem neuen Gesetz nicht eindeutig, ob sich die Freigrenzen von 10% bzw. 5% auf die einzelne Immobilie oder auf sämtliche Immobilien der Gesellschaft bzw. des Immobilienfonds beziehen. Wenn eine gesellschaftsbezogene Berechnung maßgeblich ist, besteht bei mehreren Immobilien, die vom Steuerpflichtigen gehalten werden, Gestaltungsspielraum zur Ausnutzung dieser Bagatellgrenzen. Hält ein Grundstücksunternehmen bzw. ein Immobilienfonds mehrere Immobilien, kann eine rechnerische Kompensation bei der Ermittlung der Freigrenzen erzielt werden. Wird die Bagatellgrenze für einen Grundbesitz unterschritten, hingegen bei einer anderen Immobilie überschritten, kann es in der Gesamtwürdigung dennoch zum Einhalten der Freigrenzen kommen. Der Gesetzeswortlaut sollte für eine gesellschaftsbezogene Auslegung sprechen.

 

Die 5%-Bagatellgrenze wird nur für Einnahmen aus den unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern gewährt. Einnahmen aus der Veräußerung von Betriebsvorrichtungen sind hingegen nach dem Gesetzeswortlaut nicht begünstigt. Dies würde bedeuten, dass die Erleichterungen der Neuregelungen nur während der Nutzungsphase des Grundbesitzes einschlägig sind. Damit sind vor einer gemeinsamen Veräußerung des Grundbesitzes und der Betriebsvorrichtungen ggf. Exit-Gestaltungen notwendig, um weiterhin eine Gewerbesteuerkürzung des Grundbesitzes zu erzielen. Hier sollte der Gesetzgeber nachbessern.

 

Die Neureglungen sind für die betroffenen Steuerpflichtigen sehr erfreulich, sei es aufgrund der Kürzungserweiterung für die Strom- bzw. Energielieferung oder der endlich gewährten Erleichterungen für Betriebsvorrichtungen. Somit führt nicht länger jede geringfügige gewerbliche Tätigkeit zur Versagung der erweiterten Gewerbesteuersteuerkürzung. Unverändert bleibt die Notwendigkeit, Betriebsvorrichtungen oder schädliche Sonderleistungen zu identifizieren. Ebenso sollte die Höhe der Vergütung für diese Nebentätigkeiten vertraglich vereinbart werden, da diese zukünftig für die Überwachung der Freigrenzen zwingend benötigt wird. Gleichwohl dürfte die Freigrenze von 5% für Betriebsvorrichtungen in Verbindung mit der Verwaltung bzw. Nutzung von z.B. Hotelimmobilien, Einkaufszentren, Logistikimmobilien oder anderen umfangreichen Gewerbekomplexen zu gering sein.

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