Besteuerung von Kapitalmaßnahmen – Anteilstausch mit Barausgleich

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veröffentlicht am 25. Oktober 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Mit Urteil vom 14.02.2022, VIII R 44/18, konkretisiert der BFH die steuerliche Behandlung von Barausgleichszahlungen bei Tausch von Anteilen im Zusammenhang mit gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen.

Grundsätzlich werden beim Tausch von Aktien eines Unternehmens gegen Aktien eines anderen Unternehmens die bisher gehaltenen Aktien veräußert und die erlangten Aktien erworben. Eine Ausnahme zur steuerlich relevanten Realisierung von Aktiengewinnen bei Tausch im Rahmen von Gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen (z. B. Fusion/Verschmelzung oder Aufspaltung von Gesellschaften) enthält § 20 Abs. 4a S. 1 EStG: Die erhaltenen Anteile treten in diesen Fällen in die Fußstapfen der hingegebenen Anteile, insbesondere für Höhe der Anschaffungskosten und Zeitpunkt der Anschaffung. Diese Regelung soll der Vereinfachung der Abgeltungsteuer bei inländischen Banken im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzugs dienen.

Erhält der Anleger als Gegenleistung für seine hingegeben Anteile nicht nur neue Anteile an der anderen Gesellschaft, sondern zusätzlich einen Barausgleich, behandelt das Einkommensteuergesetz diesen Barausgleich als voll steuerpflichtige Dividende.

Erfolgt der Barausgleich für den Anteilstausch, wenn die hingegebenen Aktien vor dem 01.01.2009 angeschafft wurden, wird von der Finanzverwaltung bereits das BFH-Urteil vom 20.10.2016, VIII R 10/13, BStBl II 2017 S. 262) umgesetzt, wonach der Barausgleich für die Hingabe von steuerentstrickten Anteilen (Erwerb vor 1.1.2009, nach Ablauf der einjährigen Haltefrist) nicht in eine steuerpflichtige Dividende umzuqualifizieren ist.

Doch wie verhält es sich, wenn für die hingegebenen, nicht bestandsgeschützten Aktien einen übermäßig hoher Barausgleich erfolgt? Im Endeffekt erhält in diesem Fall der Anleger Anteile, die weit weniger wert sind als seine hingegebenen Anteile – ein anschließender Verkauf dieser Anteile führt entweder zu einem entsprechend hohen Aktienverlust, der Barausgleich wird dagegen nach Gesetzeswortlaut in eine voll steuerpflichtige Dividende umqualifiziert. Da der Aktienverlust dann nur mit Aktiengewinnen verrechenbar ist, kann eine steuermindernde Verrechnung mit dem Barausgleich nicht erfolgen.

Ein solcher Sachverhalt war Gegenstand des BFH-Verfahrens VIII R 44/18. Der BFH stellte in seinem Urteil vom 14.02.2022 für eine Verschmelzung im US-Ausland fest, dass in den Fällen, in denen bei einem Anteilstausch ein erheblicher Barausgleich geleistet wird, der gesamte Vorgang einer Veräußerung darstellt – das Vorliegen einer gesellschaftsrechtlichen Maßnahme im Sinne des § 20 Abs. 4a EStG sei nicht gegeben. Im Streitfall machten die baren Zuzahlungen ca. 250 % des Aktienkurses der neu eingebuchten Aktien aus. Eine solche ausländische Kapitalmaßnahme sei bei rechtsvergleichender Betrachtung nicht mit den deutschen Regelungen des Umwandlungsgesetzes vergleichbar, denn nach dem deutschen Umwandlungsrecht dürfen die im Verschmelzungsvertrag vereinbarten baren Zuzahlungen 10% des Gesamtnennbetrages der gewährten Anteile der übernehmenden Gesellschaft nicht übersteigen. Der BFH spricht im Rahmen der rechtsvergleichenden Betrachtung von einer Indizwirkung, so dass nicht jedes (geringfügige) Überschreiten der 10 %-Grenze der Vergleichbarkeit eines ausländischen Vorgangs mit einer inländischen Umstrukturierungsmaßnahme entgegensteht. Dagegen legt das BMF in seinem aktuellen Schreiben vom 11.04.2023 fest, dass Barzahlungen, die bei einem Anteilstausch geleistet werden und die 10 % des Börsenkurses der gewährten Anteile der übernehmenden Gesellschaft übersteigen, der gesamte Vorgang als steuerlich relevanter Tausch zu sehen ist.

Mangels Vorliegen einer gesellschaftsrechtlichen Kapitalmaßnahme greifen damit die allgemeinen Regelungen bei Tausch von Aktien - der erhaltene Barausgleich ist somit Teil des Veräußerungserlöses – es handelt sich um ein Mischentgelt. Die erhaltenen Anteile ergeben zusammen mit dem Barausgleich den Veräußerungserlös und zeitgleich die Anschaffungskosten für die neuen Anteile. Der Veräußerungsgewinn oder -verlust ergibt sich demnach aus diesem Veräußerungserlös abzüglich der Anschaffungskosten der hingegebenen Anteile. Der sich daraus ergebende Gewinn oder Verlust fließt in die Besteuerung ein. Die Fußstapfentheorie findet keine Anwendung. Somit wird nicht mehr der gesamte Barausgleich versteuert, sondern nur noch der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile. Durch die erhöhten Anschaffungskosten für die erhaltenen Aktien verringert sich der Gewinn bei einer späteren Veräußerung.

Da die Depotstellen diese Sachverhalte für den Kapitalertragsteuerabzug erst ab dem Veranlagungszeitraum 2024 berücksichtigen müssen, kann es für die Jahre 2023 und vorher zu falschen Kapitalertragsteuereinbehalten seitens inländischer Banken kommen. Daher sollten Anleger prüfen, ob bei ihnen Tauschvorgänge in den Depots gegeben sind, die gegebenenfalls Rahmen der Einkommensteuererklärung entsprechend zu korrigieren wären.

An dieser Stelle sei im Hinblick auf das Thema Verrechnungsbeschränkung von Aktienverlusten auch noch einmal auf das anhängige Verfahren beim Bundesverfassungsgericht zur Frage der Verfassungswidrigkeit hingewiesen, BVerG (2 BvL 3/21) sowie Vorlagebeschluss des BFH vom 17.11.2020 – VIII R 11/18.

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