Grunderwerbsteuerliche Befreiungsvorschriften: Entwicklung zum Jahreswechsel

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​​​​​​​​veröffentlicht am 28. März 2024 | Lesedauer ca. 2 Minuten


Die im Zusammenhang mit​ dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts(MoPeG) zum Jahreswechsel 2023/2024 für wünschenswert gesehene Reform des Grunderwerbsteuerrechts ist ausgeblieben. Für eine Mitte 2023 ins Spiel gebrachte Systemänderung unter dem Schlagwort Modernisierungsmodell gab es im zur Verfügung stehenden Zeitrahmen offenbar keine politischen Mehrheiten.


Aktueller Stand


Anstelle einer weitergehenden Reform hat der Gesetzgeber sich entschieden, ”auf Zeit zu spielen”.

Dass eine wie auch immer geartete Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (”GrESt”) als Reaktion auf den Wegfall des Gesamthandsgedankens durch das Inkrafttreten des MoPeG zum 01.01.2024 zu erfolgen hatte, war unausweichlich. Anderenfalls wären nicht nur die personengesellschaftsbezogenen Befreiungsvorschriften, hier insbesondere §§ 5 und 6 GrEStG, für zukünftige Grundstücks- oder Anteilsbewegungen entfallen, es hätte auch Unsicherheit bestanden, ob bereits unter bisherigem Recht gewährte Befreiungen allein mit Jahreswechsel und ohne eigenes Zutun des Steuerpflichtigen gefährdet sein könnten.

Der Gesetzgeber konnte sich nach gewissen Anlaufschwierigkeiten hier zumindest zu einer Minimallösung durchringen. Ein erster Korrekturversuch in Form einer punktuellen Weitergeltung des Gesamthandsgedankens durch das ”Wachstumschancengesetz” Anfang Dezember war noch an Bedenken des Bundesrats gescheitert. Über das am 29.12.2023 veröffentlichte ”Kreditzweitmarktförderungsgesetz” wurde dann – quasi auf den letzten Drücker – eine entsprechende Klausel eingeführt. Im Zuge des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes wurde ein neuer § 24 GrEStG geschaffen, wonach rechtsfähige Personengesellschaften für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen gelten sollen. Diese Fiktion wurde gleichzeitig über Artikel 30, 36 Abs. 5 Kreditzweitmarktförderungsgesetz mit einem Verfallsdatum zum Ablauf des 31.12.2026 versehen. Die getroffene Regelung greift damit nur übergangsweise und wurde im Ergebnis auf drei Jahre beschränkt.

Der Gesetzgeber ist damit gehalten, sich bis zum Ablauf des Jahres 2026 erneut mit grunderwerbsteuerlichen Änderungen zu befassen oder den ersatzlosen Wegfall personengesellschaftsbezogener Befreiungsvorschriften in Kauf zu nehmen.

Konsequenzen für die Praxis


Auf den ersten Blick scheint damit zumindest für das laufende Jahr und die beiden Folgejahre alles im Lot. Das bekannte Befreiungssystem soll nach dem Willen des Gesetzgebers vorerst weiter gelten.

Es sind jedoch Stimmen bekannt geworden, nach denen die neu gefundene Regelung zur Beibehaltung personengesellschaftsbezogener Befreiungsvorschriften gleichheitsrechtlichen oder europarechtlichen Bedenken unterfallen könnte; nach zivilrechtlichem Wegfall des Gesamthandsgedankens bei Personengesellschaften ist auch ein systemimmanentes Differenzierungskriterium zwischen dem Immobilienvermögen von Personengesellschaften und von Kapitalgesellschaften für Zwecke der Grunderwerbsteuer entfallen. Gerade beihilferechtliche Bedenken aus dem Gemeinschaftsrecht bergen hier Risiken, da sie nicht über verbindliche Auskünfte absicherbar sind und auch nationale bestandskräftige Bescheide Europarecht nicht einschränken.

In der Praxis bedeutet dies, dass über einer seit Jahresbeginn in Anspruch genommenen Grunderwerbsteuerbefreiung nach §§ 5, 6 GrEStG oder bestimmten Konstellationen des § 7 GrEStG gewissermaßen ein Damoklesschwert gesehen werden muss; gewährte Befreiungen sind hier nicht absolut verlässlich.

Damit rückt bei Umstrukturierungen eine andere Begünstigungsvorschrift zunehmend in den Fokus, die grunderwerbsteuerliche Konzernklausel (§ 6a GrEStG). Diese erfordert allerdings das Vorliegen eines ”grunderwerbsteuerlichen Konzerns” mit einer 95%-Beteiligungsschwelle. Zudem ist die Vorschrift an eine weitere Vielzahl von Voraussetzungen geknüpft und nur auf bestimmte Rechtsvorgänge anwendbar. Auch folgt das System von Vor- und Nachbesitzzeiten einer anderen Logik als von den gesamthandsbezogenen Befreiungsvorschriften bekannt.

Im Ergebnis können Befreiungsvorschriften nach §§ 5, 6 und 7 GrEStG nach dem aktualisierten Gesetzeswortlaut weiter in Anspruch genommen werden; hier gewährte Befreiungen sind jedoch nicht mehr zu 100% verlässlich. Es empfiehlt sich damit, in geeigneten Fällen Grundstücks- oder Anteilsübertragungen so zu strukturieren, dass sie – idealerweise auch – den Voraussetzungen des § 6a GrEStG genügen. Mit beiden Befreiungsvorschriften argumentieren zu können wäre der Gold-Standard.

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Franz Lindner

Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth), Rechtsanwalt, Steuerberater

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