Das neue Stiftungsrecht: Teil II zur Erhaltung des Grundstockvermögens

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veröffentlicht am 31. Oktober 2023


Lange Zeit war der Umgang mit aus freien Mittel erzielten Umschichtungsgewinnen und deren Rolle bei der Erhaltung des Grundstockvermögens nicht gesetzlich geregelt. Die Stiftungsrechtsreform führt nun in § 83c Abs. 1 S.3 BGB den gleichbedeutenden Begriff des Umschichtungszuwachses ein und erlaubt dessen Verwendung unter bestimmten Voraussetzungen. Dabei behält der historische Stifterwillen weiterhin seine Bedeutung.


Am 1. Juli 2023 ist das neue Stiftungsrecht in Kraft getreten. Bereits in unserem Artikel vom 31. Juli 2023 haben wir uns mit der Erhaltung des Grundstockvermögens gem. § 83c Abs. 1 S. 1 BGB n.F. sowie mit der Zweckerfüllung beschäftigt. Im Teil II werden wir die Zweckerfüllung mit Umschichtungszuwächsen und die damit verbundene Vermögenserhaltung genauer betrachten.


Zweckerfüllung mit Umschichtungszuwächsen gem. § 83c Abs. 1 S. 3 BGB n.F.

Als Umschichtung ist in diesem Zusammenhang ein Tausch von Vermögensgegenständen auf der Aktivseite zu verstehen. Soll bei diesem Tausch keine Partei begünstigt werden, müssen die getauschten Güter gleichwertig sein. In dem Fall, dass der Bilanzwert (Buchwert) des auszutauschenden Vermögensgegenstandes zum Zeitpunkt des Tausches unter dessen Verkehrswert liegt, kommt es zu einer Aufdeckung stiller Reserven auf der Aktivseite und gleichzeitig einer Gewinnrealisierung in gleicher Höhe auf der Passivseite. Dieser Gewinn zeigt nur die Höhe an, in der die Bilanz den Verkehrswert nicht widergespiegelt hat. Es kann allerdings auch ein Verlust entstehen. In beiden Fällen handelt es sich um ein sogenanntes Umschichtungsergebnis.

Soweit es sich um ein Veräußerungsergebnis handelte, das außerhalb des Stiftungsvermögens  finanziert war, ergab sich im BGB keine genau definierte Regelung hinsichtlich seiner zeitnahen Mittelverwendung. Auf landesrechtlicher Ebene wurden daher teilweise entsprechende Ergänzungen im jeweiligen Stiftungsrecht vorgenommen, die zu einer unterschiedlichen Beurteilung von Bundesland zu Bundesland führten. Eine zeitnahe Mittelverwendung wurde allerdings in den seltensten Fällen durch diese landesrechtlichen Regelungen erreicht.

Der neue Gesetzeswortlaut lässt die Verwendung des durch freie Mittel finanzierten Umschichtungsgewinn allgemein zu. Die Erfüllung des Stiftungszwecks ist demnach grundsätzlich auch mit Umschichtungszuwächsen möglich. Soll dies nicht zulässig sein, ist eine entsprechende Ausschlussklausel in der Satzung festzulegen. Zudem muss natürlich weiterhin die Erhaltung des Grundstockvermögens gewährleistet sein. Weiteres über die Erhaltung des Grundstockvermögens kann in Teil l dieser Artikelreihe nachgelesen werden. 

Umschichtungsgewinn oder Umschichtungszuwachs?

Der Begriff des Zuwachses aus § 83c Abs. 1 S. 3 BGB n.F. ist gleichbedeutend mit dem des Umschichtungsgewinns. Der Gewinn ist hierbei nicht immer direkt handelsrechtlich – also als Zufluss an Eigenkapital i.V.m. dem Jahresüberschuss – zu verstehen. Es handelt sich vielmehr um einen Vermögenszuwachs. Die Erhöhung des Eigenkapitals resultiert handelsrechtlich innerhalb der Bilanz erst aus der Aufdeckung der stillen Reserven des Vermögensgegenstandes. Ob das Grundstockvermögen hierdurch ungeschmälert erhalten bleibt, ist von dem angeordneten Erhaltungskonzept des Stifters abhängig.

Bei der Vermögenserhaltung kann der Stifter zum Beispiel bestimmen, dass einzelne Gegenstände nicht veräußert werden dürfen und in ihrem Wert erhalten bleiben müssen, was Umschichtungen von vornherein ausschließt. Bestimmt der Stifter nur die Widmung der Anlagenklasse, erlaubt aber den Tausch einzelner Anlagen, muss in der Satzung enthalten sein, ob ein Vermögenserhalt der Buchwerte oder der Verkehrswerte bestehen soll. Bei gattungsgemäßer Erhaltung nutzungsgebundener Vermögensgegenstände ist wiederum der zur Fortsetzung der konkreten Tätigkeit erforderliche Vermögenswert (=Gebrauchswert) zu erhalten, sodass nur darüber hinaus erzielte Zuwächse verbraucht werden können.Zu berücksichtigen ist, dass Umschichtungszuwächse im Rahmen der Vermögenserhaltung auch erhalten bleiben müssen.

Betrachtet man in diesem Zusammenhang den Grundsatz der Kapitalerhaltung und somit den Bezug zum Stiftungskapital bzw. Grundstockkapital (Passivseite), so ist dieses bezüglich seiner Ertragskraft zu erhalten. Es darf nicht durch Verluste insoweit gemindert werden, dass nicht mehr genügend dauerhaft zur Verfügung stehende Erträge vorhanden sind. Entscheidend ist der erstmalige Zugangswert des Grundstockvermögens, da dieser der Erhaltungspflicht (nominal oder real) unterliegt. Die Umschichtungsgewinne verändern das Grundstockkapital nicht und können im Rahmen der Zweckerfüllung verbraucht werden, sofern dem nichts satzungsgemäß entgegensteht.

Zwischenfazit

Es ist begrüßend festzuhalten, dass hinsichtlich der Behandlung von Umschichtungsgewinnen eine klare und praktikable Regelung vorgenommen wurde. Nach § 83c Abs. 1 S. 3 BGB n.F. wurde definiert, dass für die Erfüllung des Stiftungszwecks die Zuwächse aus Umschichtung des Grundstockvermögens genutzt werden dürfen, ohne dass es hierfür eine explizite Satzungsbestimmung benötigt. Sofern eine Klausel zum Ausschluss oder zur Beschränkung der Verwendung des Umschichtungsergebnisses vorliegt, ist diese natürlich einzuhalten.

 


 


 

Quelle:
1 npoR 3/2023

NWB Nr. 31 vom 06.08.2021 Seite 2285 Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts, Drucksache 143/21


Autorinnen

​Carola Biet Dinah Gullnick


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Jan-Claas Hille

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