BHKW und Umsatzsteuer: Was das neue BMF-Schreiben für Einrichtungen im Gesundheitswesen bedeutet

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​​​​​​​​veröffentlicht am 28. Mai 2025

​​Wenn Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen nicht mehr als steuerpflichtige Stromlieferanten gelten, stehen bisherige Vorsteuerabzüge auf dem Prüfstand. Das neue BMF-Schreiben bringt Klarheit – und macht Vorsteuerkorrekturen nach § 15a UStG in vielen Fällen unumgänglich.


Aktuelle Entwicklungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Blockheizkraftwerken (BHKW) 

Mit dem Betrieb eines Blockheizkraftwerks (BHKW) verfolgen viele Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft das Ziel, sich wirtschaftlich und ressourcenschonend mit Strom und Wärme zu versorgen. Bisher ermöglichte eine umsatzsteuerliche Fiktion der Finanzverwaltung unter bestimmten Voraussetzungen den vollen oder anteiligen Vorsteuerabzug für die anteiligen Kosten der Stromproduktion – auch wenn der erzeugte Strom vollständig selbst verbraucht wurde.

Diese Praxis ist nun durch die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und das nachfolgende BMF-Schreiben vom 31.3.2025 wesentlich verändert worden. Für die Betreiber von Blockheizkraftwerken hat dies weitreichende umsatzsteuerliche Konsequenzen.

Bisherige Rechtslage: Die Lieferfiktion der Finanzverwaltung

Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung war beim Betrieb eines BHKW umsatzsteuerlich davon auszugehen, dass der gesamte erzeugte Strom – also auch der selbst verbrauchte – an den Netzbetreiber geliefert und anschließend vom Betreiber zurückgekauft wurde. Diese sogenannte Lieferfiktion begründete eine Hin- und Rücklieferung, die beide der Umsatzsteuer unterlagen.

Für den selbst verbrauchten Strom erfolgte zwar keine tatsächliche Lieferung, jedoch erlaubte die Fiktion den anteiligen Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen (z. B. Anschaffungskosten und laufende Betriebskosten) für die Stromerzeugung. Damit war der Vorsteuerabzug selbst dann zulässig, wenn der direkt von der Einrichtung verbrauchte Strom ausschließlich für Leistungen verwendet wurde, die vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind, wie etwa umsatzsteuerfreie Krankenhausbehandlungen und Pflegeleistungen.

Die Grundlage hierfür bildete unter anderem der gesetzliche Anspruch auf KWK-Zuschläge. Diese Zuschüsse galten als Gegenleistung für eine fiktive Lieferung, wodurch eine wirtschaftliche Tätigkeit angenommen wurde.

Neue Rechtslage: Keine steuerbare Lieferung mehr bei Direktverbrauch

Der Bundesfinanzhof hat mit mehreren Urteilen – unter anderem vom 29.11.2022 (XI R 18/21) und vom 11.5.2023 (V R 22/21) – der bisherigen Fiktion eine klare Absage erteilt. Der dezentral erzeugte und selbst verbrauchte Strom wird nicht an den Netzbetreiber geliefert und somit auch nicht an den Anlagenbetreiber zurückgeliefert. Es fehlt an einer „Verschaffung der Verfügungsmacht“, einem zentralen Merkmal für das Vorliegen einer steuerbaren Lieferung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes.

Hinweis aus der Verwaltungspraxis

Diese Rechtsprechung ist nun auch durch das Bundesministerium der Finanzen in das nationale Steuerrecht übernommen worden. Im BMF-Schreiben vom 31.3.2025 (GZ: III C 2 - S 7124/00010/002/109) heißt es dazu wörtlich:

„Der von einem Anlagenbetreiber erzeugte und nicht eingespeiste, dezentral verbrauchte Strom wird weder an den Stromnetzbetreiber geliefert noch an den Anlagenbetreiber zurückgeliefert […]. Die Zahlung eines sog. KWK-Zuschlags für dezentral verbrauchten Strom führt nicht zu einer Lieferung im Sinne von § 3 Abs. 1 UStG.“

Damit entfällt die bislang angenommene Lieferbeziehung vollständig – der selbst erzeugte und direkt verbrauchte Strom führt nicht mehr zu einer umsatzsteuerpflichtigen Hin- oder Rücklieferung, sodass auch der bislang durch diese Fiktion ermöglichte Vorsteuerabzug für Betreiber von KWK-Anlagen (bspw. BHKW) größtenteils wegfällt.

Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug und die Unternehmereigenschaft

Nach Ablauf des Übergangszeitraums dürfen Betreiber von Blockheizkraftwerken ab dem 1. Januar 2026 nur noch Vorsteuerabzug vornehmen für den ins öffentliche Netz eingespeisten Strom. Damit entfällt das Recht auf Vorsteuerabzug für den zumeist überwiegenden Anteil des dezentral verbrauchten Stroms, der tatsächlich nicht in das Netz eingespeist wird. Diese Änderung kann die Pflicht zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach sich ziehen. Mit Anwendung der Neuregelung ab dem 1. Januar 2026 sind innerhalb des Berichtigungszeitraums von fünf Jahren (seit 1. Januar 2021) geltend gemachte Vorsteuerabzüge auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Blockheizkraftwerks anteilig zurückzuzahlen.

Zudem entfällt ab 2026 der Vorsteuerabzug auf die laufenden Betriebskosten des BHKW für den selbst verbrauchten Strom, wenn dieser zur Ausführung umsatzsteuerfreier Leistungen genutzt wird; also typischerweise bei Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft.

Wirtschaftlichkeitsüberlegungen für bestehende und geplante Anlagen

Für viele Einrichtungen stellt sich nun die Frage: Welche Auswirkungen hat der zum größten Teil wegfallende Vorsteuerabzug auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebs eines BHKW?

Es empfiehlt sich eine eingehende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Dabei sollten die Kosten der Eigenstromerzeugung inklusive Investitionen, Wartung, Finanzierung und ggf. rückzuzahlender Vorsteuer neu kalkuliert werden.

Fazit

Die aktuelle Entwicklung beendet die langjährige Praxis der umsatzsteuerlichen Lieferfiktion bei BHKWs mit selbstverbrauchtem Strom. Besonders die Anlagenbetreiber der Gesundheits- und Sozialwirtschaft sollten bestehende Anlagen umsatzsteuerlich neu bewerten, mögliche Vorsteuerberichtigungen vorbereiten und künftige Investitionsentscheidungen auch aus umsatzsteuerlicher Sicht sorgfältig prüfen.

Weiterführende Informationen

Welche konkreten Folgen sich daraus für den Vorsteuerabzug und die Notwendigkeit einer Korrektur nach § 15a UStG ergeben, behandeln wir in einem gesonderten Artikel​ dieser Ausgabe. Darin gehen wir unter anderem auf die Voraussetzungen, Fristen und typischen Fehlerquellen im Berichtigungszeitraum ein.




Quellen:


AUTOR

Dr. Mathias Lorenz​

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Diplom-Kaufmann, Steuerberater, Zertifizierter Berater für Gemeinnützigkeit

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