Eine paradiesische Parallelwelt: Paradise Papers

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​veröffentlicht am 7. November 2017

 

Nach den Panama-Papers vor gut 1,5 Jahren veröffentlichte nun das Netzwerk investigativer Journalisten (ICIJ) neue Recherchen- die sog. Paradise-Papers. Diese beruhen den Angaben zufolge auf 13,4 Mio. Dokumenten aus sog. Steuerparadiesen. An den Recherchen waren unter anderem die „New York Times”, die BBC, der „Guardian” und „Le Monde” beteiligt. Von deutscher Seite gehören „Süddeutsche Zeitung”, NDR und WDR zu dem Netzwerk.
 

  

Das sog. Leak basiert auf 1,4 Terabyte interner Daten zweier Finanzdienstleister sowie den Unternehmensregistern von 19 Steueroasen. Der wichtigste Teil des Datenlecks stammt von der Kanzlei Appleby, einem Berater für die Errichtung sogenannter Offshore-Firmen.
 
Ausgewertet wurden aber auch Daten des Treuhand-Unternehmens Asiaciti Trust mit Sitz in Singapur sowie Unternehmensregister aus 19  sog. intransparenten Steueroasen, darunter u.a. die Isle of Man, Malta und die Bermudas.
 
In entscheidenden Punkten gleicht die jüngere Enthüllung den Recherchen den sog. Panama Papers, die das ICIJ vor etwas mehr als einem Jahr veröffentlicht hat. Die damaligen Enthüllungen beruhten auf Unterlagen der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, die der „SZ” zugespielt wurden. In den Papieren der Paradise Papers tauchen der „SZ” zufolge die Namen von mehr als 120 Politikern aus fast 50 Ländern auf, hinzu kommen unter anderem Unternehmer und Sportler. In Deutschland führen die ausgewerteten Daten angeblich zu rund tausend Kunden, Begünstigten oder anderweitig Involvierten.
Eine Differenzierung ist jedoch unbedingt vorzunehmen:
 
Allein die Nennung in solchen Dokumenten führt nicht automatisch dazu, dass sich der Betroffene rechtliches oder moralisches Fehlverhalten in großem Umfang vorwerfen lassen muss. Hierbei ist jeder Einzelfall zu prüfen. Es ist grundsätzlich nicht verwerflich, Steuervorteile, die der Gesetzgeber einräumt, auch zu nutzen. Dabei entstehen manche steuerliche Vorteile aber auch unbeabsichtigt, weil das Steuerrecht kompliziert oder insbesondere im grenzüberschreitenden Kontext widersprüchlich ist. Solche Umstände korrigiert der Gesetzgeber häufig im Nachgang und stellt klar, wie die gesetzliche Vorschrift auszulegen ist.
 
Das gilt auch für sog. Briefkasten- oder Off-shore-Firmen, die unter bestimmten gesetzlichen Bedingungen rechtlich zulässig sind. Die Finanzverwaltung und die finanzgerichtliche Rechtsprechung haben hierfür ihre eigenen Kriterien aufgestellt. Wer sie beachtet, macht grundsätzlich nichts falsch.
 
Es lässt sich andererseits jedoch nicht verhehlen, dass die Missbrauchsgefahr beim Einsatz entsprechender Briefkastenfirmen groß ist und sie oftmals zur Verschleierung von schweren Straftaten und Verbergen von bislang nicht deklariertem Vermögen genutzt wurden und werden. Insofern werden diese Enthüllungen dazu führen, dass hier im Nachgang entsprechende Einzelfallprüfungen zu erfolgen haben, ob und inwieweit rechtlich inkonformes Verhalten vorgeworfen werden kann.
 
Aber auch für den Fall, dass Briefkastenfirmen rein aus der Intention der Steuervermeidung oder mittels sog. Strohmänner betrieben wurden, liegt zwar gesetzwidriges Verhalten vor, jedoch ist dieses auch noch im Wege einer Selbstanzeige korrigierbar, wenn auch unter erheblichem Zeitdruck und unter Beachtung der entsprechenden Voraussetzungen. Dennoch bietet die Selbstanzeige weiterhin die Möglichkeit der Rückkehr zur Steuerehrlichkeit.
 
Die neuerliche mediale Berichterstattung wird, wie bereits in der Vergangenheit bei den Panama Papers zur Folge haben, dass die Debatte erneut dahingehend befeuert wird, ob die Politik ausreichend gegen illegale Steuervermeidung bzw. zu aggressive Steueroptimierung vorgegangen ist.
 
Insbesondere Deutschland, aber auch zahlreiche andere Länder bemühen sich u.a. durch den automatisierten Austausch von Steuerdaten und den Erlass einheitlicher Regelungen gegen Steuervermeidung vorzugehen; so wurde das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz als Folge der Veröffentlichungen der Panama Papers beschlossen.
 
Auch die Diskussion, inwieweit das neue Transparenzregister, in dem die Daten zu den wirtschaftlich Berechtigten (sog. beneficial owners) oder „wahren Eigentümern von Unternehmen” gesammelt werden, wie in anderen EU-Staaten öffentlich gemacht werden sollen, bekommt durch die jüngsten Enthüllungen neuen Nährboden.
 
Es bleibt abzuwarten, welche weiteren Maßnahmen der deutsche oder gar der europäische Gesetzgeber durch die neuesten Enthüllungen ergreifen wird. Bis dahin gilt es im Einzelfall, den etwaigen Handlungsbedarf zu klären und die noch verbleibende Zeit zu nutzen, um an den (noch) bestehenden Möglichkeiten der Rückkehr zur Steuerehrlichkeit zu partizipieren.

 

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