Fachkräftemangel: Mitarbeiter binden statt finden: Herausforderungen und Lösungsansätze

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veröffentlicht am 18. September 2019 | Lesedauer ca. 4 Minuten
Fachkräftemangel ist das große Thema, das derzeit Mitarbeiter, Führungskräfte, Unternehmer und Politiker bewegt. Es gibt kaum eine Branche, die NICHT über einen Engpass an qualifiziertem Personal klagt. Gerade den Gesundheitssektor trifft der Fachkräftemangel in doppelter Weise: Deutschland altert und der Bedarf an medizinischer und pflegerischer Versorgung steigt rasant an; gleichzeitig stehen dem Markt immer weniger qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung. Arbeitgeber stecken in einem Dilemma, für das es keine einfache Lösung zu geben scheint.

 

Ein Kommentar von Anke Führlein: 

Oft werde ich gefragt, wie wir in Zeiten des Fachkräftemangels engagierte Arbeitnehmer finden und vor allem auch im Unternehmen halten können. Die Antwort ist nicht trivial. Organisationen müssen ihre gesamte Personalpolitik überdenken, ihr Personalmarketing verstärken und vor allem ihre Arbeitgeberattraktivität nachhaltig steigern, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir müssen umdenken, denn heute ist es nicht mehr nur der Mitarbeiter, der sich um einen Arbeitsplatz bewirbt. Nein, es ist vor allem das Unternehmen, das sich beim Mitarbeiter bewirbt. Arbeitnehmer wählen den für sie besten Arbeitgeber aus und beziehen in ihre Entscheidung weit mehr als das Gehaltspaket, das persönliche Arbeitsumfeld oder die räumliche und technische Ausstattung mit ein.

 

Was können wir als Unternehmen tun, um in diesem „umgedrehten” Bewerbungsprozess zu bestehen? Hier lohnt die Investition in drei Schlüsselfaktoren: Gelungenes Employer Branding ist für den Gewinn neuer Mitarbeiter elementar. Um die Mitarbeiter zu halten und nachhaltiges Mitarbeiterengagement zu bewirken, bedarf es jedoch vor allem guter Führungskräfte und einer attraktiven Unternehmenskultur.


Employer Branding

Employer Branding ist ein umfassender Prozess, der weit über Rekrutierungskampagnen hinausgeht. Schnell entpuppen sich auf Hochglanz getrimmte Stellenanzeigen, ein cooles Rekrutierungsvideo oder hippe Karrierewebseiten als schöner Schein. Um authentische Botschaften mit hohem Mehrwert für die Arbeitgebermarke transportieren zu können, müssen Unternehmen mit ihren Beschäftigten ins Gespräch kommen.


Es gilt zunächst herauszufinden, welche Besonderheiten des Unternehmens von den Mitarbeitern als wertvoll empfunden werden und wo noch Verbesserungspotenzial besteht, um im zweiten Schritt darauf zu reagieren und die Arbeitgeberattraktivität für die aktuellen und zukünftigen Beschäftigten weiter zu steigern.


Der Gesundheits- und Sozialsektor steht dabei vor besonderen Herausforderungen. Die Berufe dieses Sektors gelten unter Bewerbern als nicht besonders attraktiv. Hier spielen Faktoren wie schlechte Bezahlung, wechselnde Schichtdienste, hoher Zeitdruck und Personalnot eine gewichtige Rolle. Um als Unternehmen bei der Arbeitgeberattraktivität nicht zurückzufallen, kann es sich lohnen, eine Mitarbeiterbefragung durchzuführen, vom Auszubildenden bis zur Führungsebene. Durch die konsequente Durchführung von vertraulichen Austrittsgesprächen erfahren wir, warum Mitarbeiter gehen. Liegt es an persönlichen Gründen oder an der Führungskraft? Liegt es an den Arbeitsprozessen oder an den Entwicklungsmöglichkeiten? Oder gibt es andere, in der Unternehmenskultur liegende Gründe?


Neben der internen Analyse sollte eine Wettbewerbsanalyse erfolgen: Wie stehen wir im Vergleich mit anderen Organisationen da? Worin unterscheiden wir uns im Positiven wie im Negativen, wo liegen unsere Stärken, wo unsere Schwächen? Wie könnten wir unsere Stärken besser herausstellen und unsere Schwächen verringern?


Häufig führt die interne Personal- bzw. Kommunikationsabteilung die Analysen durch und erarbeitet eine erste Strategie, die anschließend mit der Geschäftsleitung und den Führungsgremien abgestimmt wird. Für die Umsetzung der Strategie ist vor allem die Führungsebene zuständig. Sie trägt viel Verantwortung dafür, dass die Marke im Unternehmen tatsächlich gelebt wird.


Gute Führung

Viele Unternehmen und Einrichtungen stellen sich dem Fachkräftemangel mit vermehrten Rekrutierungsanstrengungen entgegen. Doch das Problem sind selten mangelnde Rekrutierungsbemühungen, sondern die hohe Fluktuation – und diese entsteht nicht ohne Grund. Eine engagierte Personalabteilung, hohe Investitionen in Employer Branding Aktivitäten und intensives Recruiting können das Problem der Fluktuation nicht nachhaltig lösen. Keine Zusatzleistung dieser Welt gleicht die Schwächen einer schlechten Führungskraft und somit ein belastendes Arbeitsklima aus. Es ist bewiesen, dass bis zu 70 Prozent des Mitarbeiterengagements auf die Führungskraft zurückzuführen sind. Führung ist für alle Mitarbeiter unmittelbar spürbar und schlechte Führung schlägt sich daher schnell auf die Mitarbeiterbindung nieder. Es lohnt sich immer, in gute Führung zu investieren, die Kompetenzen der Führungsebene zu stärken und Führungskräfte individuell durch Coaching und Trainings zu unterstützen. Auch hier ist die oberste Führungsebene in der Verantwortung: Gute Führung sollte von der höchsten Führungsebene vorgelebt werden. Ein regelmäßiger Führungsdialog und gemeinsam entwickelte
Führungswerte können dazu beitragen, die Führungskultur im Unternehmen zu stärken und nachhaltig zu verankern.


Unternehmenskultur

Wir sollten wissen, wie es um die Kultur im Unternehmen steht. Die Unternehmenskultur beschreibt die Werte, Normen und Einstellungen, die die Entscheidungen, Handlungen und das Verhalten der Unternehmensmitglieder prägen. Dazu zählen auch die Funktion, Wirkung und Kommunikation der einzelnen Geschäftsebenen untereinander bzw. mit dem Kunden. Welche Werte, beispielsweise Fairness, Vertrauen, Offenheit für Kritik oder Leistungsorientierung, werden großgeschrieben?

 

Die meisten Mitarbeiter wünschen sich eine Kultur, in die sie sich aktiv einbringen und bei der sie mitbestimmen können. Die Kultur des Unternehmens sollte auch zur Arbeitswelt 4.0 passen. Eine Kommunikation auf Augenhöhe ist dabei sehr wichtig, denn sie involviert und motiviert Mitarbeiter aller Arbeitnehmergenerationen und stärkt Unternehmen für kommende Herausforderungen.


Fazit

Um in Zeiten des Fachkräftemangels nachhaltig bestehen zu können, müssen wir die Mitarbeiter in das Zentrum der Personalpolitik stellen. Wir müssen zukünftig stärker und individueller auf unsere Mitarbeiter eingehen – ein Gießkannenprinzip wird nicht weiterhelfen. Darüber hinaus müssen wir viel mehr aus Sicht der Mitarbeiter denken, um zu erkennen, was für die Arbeitswelt unserer Mitarbeiter wirklich von Bedeutung ist. Innovative Methoden wie die Methode des Service Design können den Perspektivwechsel unterstützen.


Freilich ist ein faires Gehalt weiterhin Voraussetzung für langfristige Mitarbeiterbindung – doch Mitarbeiter legen mindestens ebenso viel Wert auf gute Führung und eine sinnstiftende und wertschätzende Unternehmenskultur. All dies ist weder einfach noch schnell erreicht, sondern benötigt strategische Überlegungen, Rückhalt und Einsatz von allen Führungsebenen sowie die Bereitschaft zu einem stetigen Verbesserungsprozess.

Kontakt

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Anke Führlein

Leiterin Personalentwicklung

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