Pillar 2: Referentenentwurf für ein Mindeststeueranpassungsgesetz veröffentlicht

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 27. August​ 2025 | Lesedauer ca. 3 Minuten​
 
 

Am 6. August 2025 hat das BMF den Referentenentwurf für ein Gesetz zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes und weiterer Maßnahmen (Mindeststeueranpassungsgesetz – MinStAnpG) veröffentlicht. Der Entwurf enthält Anpassungen des Mindeststeuergesetzes (MinStG) an die neuen OECD-Verwaltungsleitlinien, die Umsetzung der DAC9-Richtlinie der EU sowie steuerliche Begleitmaßnahmen außerhalb des MinStG. Inhaltlich entspricht der Entwurf weitgehend dem zweiten Diskussionsentwurf vom 6. Dezember 2024, der zwar noch vor dem Ende der Ampel-Koalition veröffentlicht wurde, jedoch nicht mehr ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden konnte.



Hintergrund 

Das deutsche Mindeststeuergesetz ist am 28. Dezember 2023 in Kraft getreten und setzt die EU-Richtlinie zur globalen Mindestbesteuerung um. Trotz abgeschlossenen Gesetzgebungsverfahrens besteht weiterhin Anpassungsbedarf: Deutschland muss neue OECD-Verwaltungsleitlinien innerhalb von 24 Monaten nach deren Veröffentlichung in nationales Recht überführen. Während die Leitlinien aus Dezember 2023 und Mai 2024 bereits im zweiten Diskussionsentwurf berücksichtigt wurden, finden die Leitlinien aus Januar 2025 erstmals Eingang in den nun vorliegenden Referentenentwurf, mit dem das Gesetzgebungsverfahren offiziell eingeleitet wird.

 

Die steuerlichen Begleitmaßnahmen zielen darauf ab, grenzüberschreitende Abwehrmaßnahmen, die durch die Mindestbesteuerung überflüssig werden, zu streichen oder einzuschränken. Durch Änderungen im Finanzverwaltungsgesetz und EU-Amtshilfegesetz soll die DAC9-Richtlinie umgesetzt werden, die den Meldeprozess vereinfacht und den Verwaltungsaufwand reduziert, indem sie eine zentrale Einreichung der Mindeststeuerberichte innerhalb der EU ermöglicht. 


Wichtige Änderungen im MinSTG 

  • Auch aktive latente Steuern, die aufgrund des Wahlrechts nach § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB bilanziell nicht ausgewiesen sind, sollen in den Gesamtbetrag der angepassten latenten Steuern einfließen (§ 50 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 MinStG-E).
  • Latente Steuern sind künftig auf Basis der sogenannten Mindeststeuer-Buchwerte zu ermitteln (§ 50 Abs. 1a MinStG-E), was faktisch zur Pflicht einer eigenen Steuerbilanz für die Mindeststeuer führt.
  • Die Nachversteuerung latenter Steuern soll durch die Möglichkeit der Gruppenbildung vereinfacht werden (§ 50a MinStG-E).
  • Bei Umwandlungen wird klargestellt, dass Übernahmegewinne grundsätzlich steuerfrei sind und auch Übernahmeverluste steuerlich nicht berücksichtigt werden (§ 66 Abs. 2 MinStG-E).
  • Auch Unternehmensgruppen mit abweichenden oder verkürzten Wirtschaftsjahren müssen ihren ersten Mindeststeuer-Bericht erst zum 30. Juni 2026 einreichen (§ 75 Abs. 3 MinStG-E).
  • Die Regelungen zu Steuerattributen des Übergangsjahrs werden deutlich konkretisiert (§§ 82 bis 82c MinStG-E). Sie betreffen die Berücksichtigung latenter Steuern aus dem Geschäftsjahr vor der erstmaligen Anwendung von Pillar 2.
  • CbCR-Safe Harbours:
  • Unternehmensgruppen, die keinen länderbezogenen Bericht erstellen müssen, können den Safe Harbour dennoch nutzen, sofern sie die Angaben zugrunde legen, die sie bei bestehender Berichtspflicht gemacht hätten (§ 84 Abs. 1 MinStG-E). Dies gilt auch für den Safe Harbour für vereinfachte Berechnungen (§ 80 Abs. 2 MinStG-E).
  • Innerhalb eines Steuerhoheitsgebiets müssen konsistente Datenquellen verwendet werden – entweder Jahresabschlüsse oder Berichtspakete (§ 87 MinStG-E).
  • Die für den länderbezogenen Bericht verwendeten Rechnungslegungsdaten dürfen grundsätzlich nicht angepasst werden, insbesondere nicht durch nachträgliche Verrechnungspreisanpassungen.
  • Für Betriebsstätten ohne qualifizierte Rechnungslegungsdaten sollen die Angaben aus den Unterlagen des länderbezogenen Berichts verwendet werden können (§ 87 Abs. 2 Nr. 4 MinStG-E).
  • Bestimmte aktive latente Steuern sollen künftig als „nicht erfasste Steuern“ gelten (§ 87 Abs. 4 Satz 2 MinStG-E). Diese Regelung soll rückwirkend für den Veranlagungszeitraum 2024 gelten – was angesichts bereits laufender Datenerhebungen für Unternehmen problematisch sein kann.
  • Regelungen zur Vermeidung missbräuchlicher Gestaltungen im Zusammenhang mit dem CbCR-Safe Harbour sind vorgesehen (§ 87b MinStG-E).
  • Es soll eine Rechtsverordnung erlassen werden, in der die Steuerhoheitsgebiete mit anerkannten Primär-, Sekundär- und nationalen Ergänzungssteuern benannt werden (§ 99 Abs. 5 MinStG-E).

 

Steuerliche Begleitmaßnahmen 

  • Lizenzschranke (§ 4j EStG): Die Regelung soll ab dem Veranlagungszeitraum 2025 entfallen. Ihr Anwendungsbereich hat sich seit 2021 deutlich verringert, da die Mindeststeuer viele Sachverhalte bereits erfasst. Zudem soll der Compliance-Aufwand für Unternehmen reduziert werden.
  • Sonderbetriebsausgabenabzugsverbot (§ 4i EStG):  Eine Abschaffung ist im Referentenentwurf im Gegensatz zum zweiten Diskussionsentwurf nicht mehr vorgesehen. Das ist bedauerlich, da damit eine Gelegenheit zur weiteren Vereinfachung und Entlastung der Unternehmen ungenutzt gelassen wird.
  • Hinzurechnungsbesteuerung:
    • § 9 AStG-E: Die absolute Freigrenze steigt von 80.000 € auf 100.000 €, künftig gesellschaftsbezogen. Die relative Freigrenze wird von 10 % auf ein Drittel erhöht. Die Prüfung erfolgt nur noch auf Ebene der Zwischengesellschaft, sodass der bisher notwendige gesellschafterbezogene Prüfungsschritt auf Ebene der Inlandsbeteiligten entfällt. Anwendung ab 2026.
    • § 11 AStG-E: Der Kürzungsbetrag in Organschaftsfällen wird um pauschal nicht abziehbare Betriebsausgaben (5 %) erhöht, um Doppelbelastungen zu vermeiden. Anwendung rückwirkend ab 2022.
    • § 13 AStG-E: Einführung einer Mindestbeteiligungsgrenze von 10 % bei Kapitalanlage-Einkünften. Die Freigrenzen werden analog zu § 9 AStG-E angepasst. Anwendung rückwirkend ab 2022 bzw. ab 2026.
  • Wegzugsbesteuerung (§ 21 Abs. 3 AStG-E): 
    • Die Wegzugsbesteuerung wird rückwirkend verschärft für Altfälle mit Wegzug vor dem 1. Januar 2022.
    • In Rückkehrfällen nach § 6 Abs. 3 AStG (i.d.F. bis 30. Juni 2021) entfällt die Steuer nicht, wenn nach dem 16. August 2023 substanzielle Ausschüttungen oder Einlagenrückgewähr erfolgen (mehr als 25 % des gemeinen Werts der Anteile).
    • Die Regelung schließt eine bisherige Gesetzeslücke und gilt rückwirkend ab dem 1. Juli 2021. Das ist sehr kritisch zu sehen, weil damit auch Fälle betroffen sind, in denen bereits Rückkehrerregelungen genutzt wurden – mit potenzieller nachträglicher Steuerpflicht.
  • Investmentsteuerrecht (§ 37 InvStG-E): Vermeidung des doppelten Ansatzes von Hinzurechnungsbeträgen bei Spezial-Investmentfonds.

​Ausblick 

Entscheidend ist jetzt, dass das Gesetzgebungsverfahren zügig vorangetrieben wird, um Unternehmen möglichst bald mehr Rechtssicherheit zu bieten. Auch die internationalen Rahmenbedingungen rund um Pillar2 bleiben dynamisch. Die USA lehnen eine Umsetzung der OECD-Vorgaben weiterhin ab und verweisen auf ihr eigenes Mindeststeuersystem. Erhebliche Spannungen entstanden zuletzt durch die Androhung von Strafsteuern gegenüber Staaten, die Pillar2 anwenden.

 

Als Reaktion darauf haben die G7-Staaten einen sogenannten „Side-by-side“-Ansatz vereinbart. Dieser sieht vor, dass unterschiedliche Mindeststeuerregelungen nebeneinander bestehen können – mit dem Ziel, eine aus US-Sicht unangemessene Besteuerung amerikanischer Unternehmen zu vermeiden. Wie dieser Ansatz auf OECD-Ebene konkret ausgestaltet wird, bleibt abzuwarten.

 

Klar ist: Das Thema Pillar 2 bleibt auf allen Ebenen – OECD, EU und national – in Bewegung.

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