Erbengemeinschaft in der Nachfolge – zivilrechtliche und steuerliche Risiken

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Nicht selten stirbt ein Gesellschafter unerwartet. Seine Beteiligung am Unternehmen geht entweder zunächst auf die Erbengemeinschaft über oder es kommt zu einer Sonderrechtsnachfolge. In dieser Situation sehen sich die Erben häufig erheblichen erb-, gesellschafts- und steuerrechtlichen Problemen ausgesetzt.
 
Erbengemeinschaften sind in der Praxis seit jeher problembehaftet. Dies liegt zum einen schon schlicht daran, dass Erbengemeinschaften von ihrem Wesen her auf „Auseinandersetzung” angelegt sind: Zweck einer jeden Erbengemeinschaft ist es nämlich, sich selbst auseinanderzusetzen, also das Nachlassvermögen unter den Mitgliedern aufzuteilen. Weiterhin sind Beschlüsse der Erbengemeinschaft, abgesehen von wenigen Ausnahmen, grundsätzlich einstimmig zu treffen – die Mitglieder der Erbengemeinschaft sind also per Gesetz zu Konsens gezwungen. Dabei kommt es erfahrungsgemäß unter den Mitgliedern der Erbengemeinschaften zu teils langwierigen Streitigkeiten. Ursachen dafür können unklare testamentarische Anordnungen des Erblassers, Ungleichbehandlungen oder aber auch schlicht in der Vergangenheit begründete familiäre Streitigkeiten sein.
 

Erbengemeinschaft als Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft

Wird eine Erbengemeinschaft kraft Erbfall Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, steht sie zumeist weiteren Herausforderungen gegenüber. Gesellschaftsrechtlich ist zunächst zu beachten, dass die Erbengemeinschaft bei Gesellschafterbeschlüssen nur eine einheitliche Stimme abgeben kann – herrscht unter den Mitgliedern der Erbengemeinschaft Uneinigkeit im Hinblick auf die Stimmabgabe, kann sie keine Stimme abgeben. Weiterhin sind die gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen zu beachten: Häufig ist geregelt, dass die Beteiligung im Erbfall innerhalb einer festgesetzten Frist auf den oder die Erben übergegangen sein muss. Dies gelingt der Erbengemeinschaft allerdings nur, wenn zwischen ihren sämtlichen Mitgliedern Einigkeit herrscht. Kann eine Einigkeit nicht rechtzeitig erzielt werden, droht schlimmstenfalls der Ausschluss aus der Gesellschaft gegen Abfindung.
 

Erbfolge bei Personengesellschaften

Die Erbfolge einer Beteiligung an einer Personengesellschaft richtet sich nach der zivilrechtlichen Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages. Liegt eine einfache dingliche Nachfolgeklausel (Fortsetzung der Gesellschaft mit allen Erben) vor, so fällt der Mitunternehmeranteil nicht in das Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft. Es kommt zu einer Sonderrechtsnachfolge aufgrund des Gesellschaftsvertrages. Zivilrechtlich geschieht dies außerhalb der Erbengemeinschaft. Der einzelne Miterbe wird Gesellschafter in Höhe der Erbquote. Der Gesellschaftsanteil ist aber steuerlich nicht mehr Gegenstand der Erbauseinandersetzung. Etwaige Ausgleichszahlungen führen daher zu Anschaffungskosten und Veräußerungserlösen.
 
Liegt dagegen eine sogenannte qualifizierte Nachfolgeklausel vor, so kann die Gesellschaft nur mit dem bestimmten Erben fortgesetzt werden. Der bestimmte Erbe wird zivilrechtlich unmittelbar Gesellschafter und führt aus Steuersicht die Buchwerte fort. Steuerlich kommt es nicht zu einem Durchgangserwerb der Erbengemeinschaft. Dagegen geht das Sonderbetriebsvermögen ohne weiteres Zutun zivilrechtlich auf die Erbengemeinschaft als Ganzes über. Dies führt zu einer anteiligen Entnahme des Sonderbetriebsvermögens, soweit es auf nicht qualifizierte Miterben übergeht. Dabei kommt es häufig zu einer unbeabsichtigten Aufdeckung von stillen Reserven in erheblichem Umfang. Besondere Gefahr droht dabei, wenn Immobilien aufgrund von Nutzungsänderungen von Privatvermögen zu Sonderbetriebsvermögen werden. Das Testament sollte insoweit rechtzeitig angepasst und ständig überprüft werden.
 
Der oben dargestellten Probleme sollte sich idealerweise bereits der Erblasser bewusst sein. Denn durch klare testamentarische Anordnungen und gesellschaftsvertragliche Regelungen können diese Probleme im Vorfeld vermieden werden. Bei Unternehmensbeteiligungen bedarf es grundsätzlich einer gründlichen Prüfung der erb-, gesellschafts- und steuerrechtlichen Umstände des Einzelfalles und einer laufenden Überprüfung.
 

Checkliste

  • Erbengemeinschaften sind häufig problem- und streitbehaftet
  • Viele Streitigkeiten innerhalb einer Erbengemeinschaft lassen sich durch klare testamentarische Anordnungen lösen
  • Die erb-, gesellschafts- und steuerrechtlichen Umstände des Einzelfalles sind stets zu beachten.
 
zuletzt aktualisiert am 28.10.2015

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