Keine Langweile in Corona-Zeiten: Bundesverwaltungsamt ändert die Vorgaben zur Eintragung ins Transparenz­register

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veröffentlicht am 20. Oktober 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten

  
Mit der jüngsten Aktualisierung ihrer FAQ zum Transparenz­register stellt das Bundesverwaltungsamt nahezu unerwartet und durch die Hintertür neue Vorgaben zur Bestimmung wirtschaftlich Berechtigter auf.

  

  
  

 

Am 19. August 2020 hat das Bundesverwaltungsamt („BVA”) seine Fragen und Antworten zum Geldwäschegesetz/Transparenzregister („FAQ”) erneut aktualisiert und wieder einmal neue Vorgaben zur Bestimmung von wirtschaftlich Berechtigten in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen aufgestellt, die zu weitreichenden Prüfungspflichten bei Unternehmen führen können und die Feststellung des wirtschaftlich berechtigten nochmals deutlich erschweren.

 

I. Vetorechte führen zu wirtschaftlichen Berechtigung

Einen Schwerpunkt setzt das BVA bei der Bestimmung von wirtschaftlich Berechtigten in Veto- und Widerspruchskonstellationen, insbesondere bei mehrstufigen Beteiligungsverhältnissen.

 

1. Unmittelbar wirtschaftlich Berechtigte

Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG ist wirtschaftlich Berechtigter einer mitteilungspflichtigen Vereinigung jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 Prozent der Anteile oder Stimmrechte hält oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt.

 

Das BVA hatte sich schon länger mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit Veto-und Widerspruchsrechte zu einer Kontrolle auf sonstige Weise führen können. In der geänderten Fassung seiner FAQs führt das BVA unter B.II.3 und B.II.4 nunmehr aus, dass nicht nur explizite Vetorechte gemeint sind, sondern auch gesetzliche oder gesellschaftsvertragliche Regelungen, die die Mitwirkung eines Gesellschafters an der Beschlussfassung zwingend erfordern. Kann ein Gesellschafter eine Entscheidung verhindern, z.B. wenn die Satzung einen einstimmigen Beschluss erfordert, sei von sog. Kontrolle auf sonstige Weise auszugehen. Für die Stellung als wirtschaftlich Berechtigter müsse in dem Fall die Schwelle von 25 Prozent der Stimmrechte/Kapitalanteile nicht überschritten werden.

 

2. Mittelbar wirtschaftlich Berechtigte

Eine Zurechnung der Anteile oder Stimmrechte auf Ebene der mitteilungspflichtigen Vereinigung in einer mehrstufigen Beteiligungsstruktur an die natürliche Person an der Spitze der Kette konnte bislang nach herrschenden Meinung nur erfolgen, wenn die natürliche Person einen beherrschenden Einfluss im Sinne des Handelsgesetzbuches auf die Ober- und alle Zwischengesellschaften in der Kette ausüben konnte. Es kam in den meisten Fällen auf eine Anteils- oder Stimmrechtsmehrheit an, damit die natürliche Person als mittelbarer wirtschaftlich Berechtigter der mitteilungspflichtigen Vereinigung zu qualifizieren ist; die bloße Möglichkeit, Entscheidungen zu blockieren, ist im Regelfall gerade nicht ausreichend.

 

Das BVA wendet sich nunmehr vollkommen von dieser Auffassung ab und führt aus, dass schon ein Vetorecht gegen Entscheidungen der Haupt- oder Gesellschafterversammlung oder ihm gleichgestellte sog. „Verhinderungsrechte” (z.B. das Erreichen einer Sperrminorität) zu einem beherrschenden Einfluss führen. Soweit eine natürliche Person unmittelbar oder mittelbar bei der „Muttervereinigung” eine Entscheidung der Haupt- oder Gesellschafterversammlung verhindern könne oder ohne ihre Zustimmung kein wirksamer Beschluss möglich sei, bestehe ein beherrschender Einfluss. Das führe nach Auffassung des BVA zu einer wirtschaftlich Berechtigten-Stellung „in der Kette”, d.h. diese natürliche Person ist auch wirtschaftlich Berechtigter der Tochtergesellschaft, an der die Muttergesellschaft mehr als 25 Prozent der Kapital-oder Stimmanteile kontrolliert.

 

II. Wirtschaftlich Berechtigte in einer einem Vetorecht gleichgestellten Konstellation

Nach Auffassung des BVA können auch nachfolgende Konstellationen, die einem Veto- oder Widerspruchsrecht gleichgestellt sind, zu einer mittelbaren wirtschaftlichen Berechtigung führen.

 

1. Kein Mehrheitserfordernis bei Stimmrechten mehr

Im Falle der ersten Konstellation, halten zwei natürliche Personen je 50 Prozent Stimmrechte an einer Muttergesellschaft. Nach bislang herrschender Meinung war keiner der natürlichen Personen wirtschaftlich Berechtigter, da ein beherrschender Einfluss auf die Muttergesellschaft bei mehr als 50 Prozent der Stimm-und Kapitalanteile erst gegeben war. Folglich war keine der beiden natürlichen Personen – vorbehaltlich anderer Kontrollmöglichkeiten – wirtschaftlich Berechtigter einer Tochtergesellschaft des Mutterunternehmens.

 

Das BVA führt aus, dass beim Erfordernis einer Mehrheitsentscheidung jeder der beiden natürlichen Personen Gesellschafterbeschlüsse blockieren kann und damit ein beherrschender Einfluss auf die Muttergesellschaft und in Folge eine Stellung als wirtschaftlich Berechtigter bei den Tochtergesellschaften möglich sei.

 

2. Sperrminorität kann zu wirtschaftlicher Berechtigung führen

Das BVA sieht nun eine Sperrminorität (i.d.R. über 25 Prozent Stimmrechte) hinsichtlich grundlegender Beschlüsse der Mitglieder-, Haupt- oder Gesellschafterversammlung als ausreichend dafür an, dass eine natürliche Person beherrschenden Einfluss auf ein Unternehmen ausüben und damit als wirtschaftlich Berechtigte auch von Tochtergesellschaften infrage kommen.

  

3. Bei Einstimmigkeitserfordernis reichen minimale Stimmrechtsanteile

In der dritten vom BVA genannten Konstellation reicht sogar ein Stimmrechtsanteil unter 25 Prozent, wenn der Gesellschaftervertrag der Muttergesellschaft Einstimmigkeit für Gesellschafterbeschlüsse vorsieht. In der Folge könnten natürliche Personen bereits mit einem nur geringen Stimmrechtsanteil beherrschenden Einfluss auf eine Gesellschaft ausüben, wenn ohne ihre Zustimmung kein Beschluss zustande kommen kann.

   

III. Die gute Nachricht zum Schluss: Privilegierungsvoraussetzungen für Tochtergesellschaften börsennotierter Unternehmen

Zum Schluss doch noch eine gute Nachricht: Positiv ist herauszustellen, dass das BVA die jüngste Überarbeitung ihrer FAQ dafür genutzt hat, die Voraussetzungen für die Ausnahme von der Mitteilungspflicht für Tochtergesellschaften börsennotierter Gesellschaften nunmehr auch den Vorgaben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin”) anzupassen.

 

Nach den Auslegungs- und Anwendungshinweisen der BaFin („AuA”) profitieren Tochtergesellschaften von börsennotierten Gesellschaften dann von der Ausnahmeregelung nach § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG, wenn ihre Muttergesellschaft mindestens 50 Prozent der Kapitalanteile hält oder mindestens 50 Prozent der Stimmrechte kontrolliert und keine weiteren wirtschaftlich Berechtigten bei der Tochtergesellschaft existieren.

Das BVA forderte bislang, dass die börsennotierte Mutter über 75 Prozent der Kapitalanteile hält oder über 75 Prozent Stimmrechte kontrolliert. In den neuen FAQ hat sich das BVA nun den Vorgaben der BaFin angeschlossen.

     

IV. Fazit: Bestimmung von wirtschaftlich Berechtigten wird komplizierter

Die Ausführungen des BVA in den neu aufgestellten FAQs stellen das Ende der praxistauglichen Bestimmung des wirtschaftlich Berechtigen dar.

 

Konnte man bislang davon ausgehen, dass auf der ersten Beteiligungsebene mehr als 25 Prozent Stimm-oder Kapitalanteile und auf der zweiten Ebene mehr als 50 Prozent der Stimm-und Kapitalanteile zur Stellung als wirtschaftlich Berechtigter führen, kann das in dieser Einfachheit nicht mehr angenommen werden.

Bei der Prüfung in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen wird es darauf ankommen, welche Beschlusserfordernisse die Satzungen der (Zwischen-)Gesellschaften in einer Beteiligungsstruktur vorsehen.

  

Unternehmen werden gezwungen sein, die wirtschaftlich Berechtigten in langwierigen und oftmals schwierigen Prüfungsverfahren festzustellen und genau zu dokumentieren, um im Falle von Unstimmigkeitsmeldungen der Aufsichtsbehörden adäquat reagieren zu können und insbesondere keine Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Falscheintragungen zu riskieren.

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