Fallstricke beim Vertrieb in China

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zuletzt aktualisiert am 7. Oktober 2015

von Dr. Martin Seybold

  
Unabhängig davon, ob Sie den chinesischen Markt für Ihr Unternehmen mittels eines Handels­vertreters/Vertrags­händlers, einer Repräsentanz, einer Handelsgesellschaft innerhalb oder außerhalb einer Freihandelszone, einer Produktionsgesellschaft oder Produktions- und Handelsgesellschaft erschließen, es gibt dabei zahlreiche Besonderheiten zu beachten. 
 
 
Die Öffnung des Einzelhandels- und Großhandelssektors in der VR China für ausländische Investitionen feierte im Jahr 2014 ihr 10-jähriges Jubiläum, 10 Jahre nach dem Beitritt der VR China zur WTO und der damit verbundenen Liberalisierung des Handels für ausländische Investoren. Der Eintritt in den Markt will jedoch gut vorbereitet sein, da verschiedenste Gestaltungen in Betracht kommen.
 

Handelsvertreter/Vertragshändler

Durch Kooperation mit einem chinesischen Handelsvertreter/Vertragshändler können Vertriebskosten bei der Investition in China eingespart werden. Mithilfe des lokalen Handelsvertreters/Vertragshändlers werden deutsche Investoren ihr Vertriebsnetz in China leicht ausbauen und an die Bedürfnisse chinesischer Kunden und die Gegebenheiten des Marktes anpassen können.
 
Allerdings sollte ein solcher chinesischer Geschäftspartner mit Bedacht ausgesucht werden.
 
Das Risiko der Entwicklung „vom Geschäftspartner zum Konkurrenten” stellt nach wie vor ein beachtliches Risiko für deutsche Investoren dar. Nach der Beendigung der Zusammenarbeit mit dem chinesischen Partner zeigt sich oft erst, wie sehr der chinesische Partner die Vertriebsstrukturen auf sich ausgerichtet hat. Außerdem bleibt in den meisten Fällen ein Wettbewerber übrig, der über ein sehr ähnliches Know-how, besseren lokalen Marktzugang und vergleichbare Produktpaletten verfügt. Aus der Sicht des deutschen Unternehmens führt das in der Übergangszeit in der Regel zu geschäftlichen Einbußen, bis hin zur Aufgabe des chinesischen Marktes.
 
Ein „klassisches” Problem ist die Verletzung von gewerblichen Schutzrechten durch Handelsvertreter oder Vertragshändler. So tendieren bspw. Vertragshändler in China dazu, die aus Deutschland importierten Produkte auf ihren eigenen Namen markenrechtlich zu registrieren. Was anfänglich als ein vernünftiger Schutzmechanismus für die gemeinsame Kooperation verstanden wurde, endet am Schluss nicht selten in markenrechtlichen Unterlassungsklagen und Streitigkeiten über die originäre Inhaberschaft des gewerblichen Schutzrechts.
 
Ein weiteres Risiko besteht im Fall von Rechtsstreitigkeiten und bei der Vollstreckung von Gerichtsurteilen und Schiedssprüchen. Nach wie vor ist es für ausländische Unternehmen nicht einfach, in China die eigenen Ansprüche durchzusetzen, wobei in der Regel nur lokale Entscheidungen zu einer effektiven Vollstreckung in China führen. Es ist festzustellen, dass auf der einen Seite deutsche Urteile in China praktisch nicht durchgesetzt werden können, auf der anderen Seite jedoch chinesische Unternehmen ihre eigenen Ansprüche in Deutschland aufgrund des deutschen Rechtssystems effektiv durchsetzen.
 
Zu beachten ist auch, dass zur Sicherung des fairen Marktwettbewerbs in China das Antimonopolgesetz (AMG) vom 30. August 2007 im Wesentlichen das Verbot von Monopolvereinbarungen und das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (z.B. Territoriumsbeschränkungen und Preisbindungsabsprachen) regelt. Sonst führt die Nichtigkeit kartellrechtswidriger Verträge zu beträchtlichen Geldstrafen, die 1 bis 10 Prozent des Gesamtumsatzes im Vorjahr betragen könnten.
 

Handelsgesellschaft innerhalb und außerhalb einer Freihandelszone

Die Öffnung des Handelssektors mit dem Beitritt der VR China zur WTO vor mehr als einem Jahrzehnt hat dazu geführt, dass bis auf wenige Ausnahmen alle weltberühmten und auch bekannten Markenartikelhersteller nunmehr zumindest mit eigenen Großhandels- wie auch Einzelhandelsunternehmen in der VR China vertreten sind.
 
Gestartet war der Handel vor 10 Jahren aus den Freihandelszonen heraus, die sich in den Küstenstädten angesiedelt hatten. Mit der Liberalisierung entstanden auch Handelsunternehmen außerhalb der Freihandelszonen. Ein ausländisch investiertes Handelsunternehmen zu gründen ist heutzutage in der Regel grundsätzlich überall in China unproblematisch möglich. Neuerdings versucht die Zentralregierung in der Shanghai Pilot Free Tradezone, wie auch in den neuen Free Trade Zonen in Tianjin, Fujian und Guangzhou den Handel, die Verzollung, den Devisenverkehr und die Firmengründung von ausländisch investierten Unternehmen weiter zu vereinfachen.
 
Weiterhin gibt es zahlreiche Zonen wie z.B. Freihäfen oder Export Processing Zones, in denen keine Einfuhrzölle und -steuern anfallen, und sich daher auch als Hub anbieten können, um sogenanntes „Entrepot-Trading” zu betreiben und Handelsprodukte von dort in andere Länder zu exportieren.
 
Die wesentlichste Herausforderung bei der Gründung einer solchen Handelsgesellschaft liegt deshalb heutzutage in der Frage der Strukturierung des chinesischen Handelsgeschäfts. Soll z.B. der chinesische Binnenmarkt mit dieser Handelsgesellschaft bedient werden oder liegt der Schwerpunkt darauf, ein „Hub” in Asien zu bilden, um dann aus der Freihandelszone heraus die Handelsprodukte in Länder wie Republik Korea, Japan, Australien usw. zu liefern und sogenannte „Entrepot-Trading”-Geschäfte abzuwickeln?
 

Produktionsgesellschaft mit Handelslizenz (sog. Mischgesellschaft)

Im Zuge weiterer „Lokalisierung” investieren ausländische Unternehmen, die zunächst über einen chinesischen Vertragshändler oder eine eigene Handelsgesellschaft in den chinesischen Markt eingetreten sind, nicht selten in den Aufbau einer eigenen Produktionsgesellschaft in China. Es stellt sich dann zumeist die Frage, ob die Handelsgesellschaft liquidiert und der Unternehmensgegenstand der Produktionsgesellschaft auf Großhandel bzw. Einzelhandel mit importierten oder in China gesourcten Produkten erweitert werden soll.
 
Eine Produktionsgesellschaft mit Handelslizenz kann eine reine Handelsgesellschaft jedoch möglicherweise nicht komplett ersetzen, insbesondere wenn das Exportgeschäft einen wesentlichen Teil des gesamten Umsatzes ausmacht, da Unterschiede bei der Handhabung von Umsatzsteuerrückerstattungen (VAT-Refunds) beim Export der selbst hergestellten oder selbst verarbeiteten Produkte sowie des Zubehörs zu beachten sind. Hier gilt es im Einzelfall genau zu prüfen, welche zukünftige Struktur in China für das Unternehmen Sinn macht.
 

Repräsentanz

Nicht ausgelassen werden soll die „Repräsentanz” (Representative Office), als die „einfachste” erlaubte Form für ausländische Unternehmen, in China präsent zu sein. Ursprünglich war ein Representative Office eine gute Möglichkeit, den chinesischen Markt zu testen. Über ein Representative Office kann der ausländische Unternehmer eine erste Infrastruktur aufbauen, z.B. Büroräume anmieten, chinesische Mitarbeiter (über eine staatliche Personalvermittlungsstelle) beschäftigen, Bankkonten eröffnen und Arbeitserlaubnisse für Mitarbeiter des Stammhauses beantragen.
 
Allerdings ist ein Representative Office (Vertretungsbüro) keine Zweigniederlassung im handelsrechtlichen Sinn und darf deshalb keine selbstständige operative Tätigkeit aufnehmen. Es ist ihm außerdem untersagt, Gewinne zu erzielen, weshalb Representative Offices auf eine „indirekte” geschäftliche Tätigkeit beschränkt sind, also auch nur im Namen ihres Stammhauses Verträge abschließen dürfen. Dennoch werden Representative Offices in China nach einem komplizierten Berechnungsverfahren auf Basis Ihrer Ausgaben in China grundsätzlich besteuert. Ihre Gründung, Verwaltung und Abmeldung erfordert mittlerweile kaum weniger Aufwand für das ausländische Unternehmen als eine chinesische Handelsgesellschaft, weshalb heutzutage nur noch in speziellen Fällen die Gründung einer Repräsentanz empfohlen werden kann.
 

Fazit

Seit Jahrzehnten haben viele deutsche Unternehmen vom wirtschaftlichen Aufschwung in China profitiert. Auch die aktuelle wirtschaftliche Lage in China ändert nichts daran, dass China mittelfristig einer der bedeutendsten Absatzmärkte bleiben wird. Zwar sind viele Probleme in den letzten Jahren mit den weiterführenden Reformen entschärft worden, China bleibt dennoch ein Markt der für ausländische Unternehmen mit spezifischen Problemen und Risiken verbunden ist. Deutsche Investoren sollten sich deshalb nach wie vor rechtzeitig informiert und den Markteintritt in China gut planen, damit aus dem Traum des guten Geschäfts mit China kein Alptraum wird.

 Aus dem Themenspecial

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Sebastian Wiendieck

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