Trends in der afrikanischen Steuerpolitik am Beispiel Kenia und Uganda

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veröffentlicht am 5. Dezember 2018


Afrika hat dringenden Nach­hol­bedarf in der Steuer­politik. Die ambitionierten Ent­wicklungs­pläne der afri­kanischen Wachs­tums­märkte müssen finanziert werden. Die Regierungen des Konti­nents haben erkannt, dass die Erhöhung der Steuer­einnahmen dabei eine Schlüssel­rolle spielt. Am Beispiel von Kenia und Uganda beleuchten wir die wichtigsten aktuellen Trends in der afri­kanischen Steuer­­politik.


    

Die afrikanische Steuerpolitik

Viele Regierungen in Afrika folgen dem weltweiten Trend der Entwicklungsländer zur Umsetzung von Maß­nahmen der Erhöhung der Steuereinnahmen. Nach allgemeiner Auffassung sind weitgreifende Steuer­reformen in den sich entwickelnden Wachstumsmärkten notwendig für eine Anpassung an ein dynamisches, modernes und globalisiertes Geschäftsumfeld. Im Weiteren zeigen wir die Gründe für einige neue Steuer­maßnahmen auf und analysieren den Zusammenhang dieser Maßnahmen mit den individuellen wirtschaft­lichen Bedingungen und Regierungsvorhaben der jeweiligen afrikanischen Länder.
 
Nach Einschätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) liegen die Steuereinnahmen in den Ländern des südlichen Afrikas mit weniger als einem Fünftel des BIP weit hinter den Industrieländern. Die Steuereinnahmen der Industrieländer entsprechen durchschnittlich mehr als einem Drittel des BIP. Der Internationale Währungsfonds (IWF) legt als allgemeine Richtlinie fest, dass ein Steuer-zu-BIP-Verhältnis von mind. 15 Prozent den Schwellenwert darstellt, der Bedingung für ein signifikantes Wachstum sowie für Entwicklung ist.
 
Gemäß des Berichts der Weltbank aus dem Jahr 2017 wies Kenia im Geschäftsjahr 2016/2017 den schwäch­sten Anstieg an Steuereinnahmen seit 10 Jahren aus. Die Untersuchungen der Weltbank zeigten weiter, dass das Steuer-zu-BIP-Verhältnis von 16,9  auf 15,8 Prozent gesunken ist, während die Steuer­einnahmen um 13,3 Prozent gestiegen sind. Kenia fällt mit diesem Ergebnis deutlich hinter anderen afrikanischen Ländern – wie Südafrika und Botswana – ab, die jeweils ein Steuer-zu-BIP-Verhältnis von 24,7 bzw. 30,3 Prozent aufweisen. Die OECD schätzt, dass etwa die Hälfte der Länder des südlichen Afrikas ein Steuer-zu-BIP-Verhältnis von 17 Prozent haben. Die OECD merkt außerdem an, dass Afrika ein enormes Potential an nicht ausgeschöpften Steuereinnahmen besitzt, das für die Finanzierung und erfolg­reiche Umsetzung der Entwicklungspläne der Regierungen des Kontinents von maßgeblicher Bedeutung ist.
 

Big Four Agenda

So hat auch die kenianische Regierung für ihre 2. Legislaturperiode einen ambitionierten Entwicklungsplan verabschiedet. Die sog. Big Four Agenda legt den Fokus auf die 4 wichtigsten Bereiche für die Entwicklung des Landes:

  1. Nahrungsmittelsicherheit,
  2. Bezahlbare Wohnungen,
  3. Medizinische Versorgung und
  4. Produktion.

Die Kosten für die Umsetzung der Big Four Agenda wird auf 400 Mrd. Kenia-Schilling (KES) (4 Mrd. US-Dollar) geschätzt. Konsequenterweise hat die Regierung gleichzeitig anspruchsvolle Zielwerte für die künftigen Steuereinnahmen festgelegt. Zahlreiche Steuergesetze wurden in den letzten Jahren überar­beitet, um die Steuerverwaltung zu optimieren, die Compliance zu verbessern und die Steuereinnahmen zu erhöhen.
 
Nach heftigen Debatten im Parlament hat die Regierung den neuen Finance Act, 2018 verabschiedet, der eine Umsatzsteuer von 8 Prozent auf Erdölprodukte festlegt, die zuvor gänzlich von der Steuer befreit waren. Das neue Gesetz sieht ferner eine Erhöhung der Verbrauchssteuer (Excise duty) auf mobile Geldtransaktionen von 10 auf 20 Prozent vor und führt eine Verbrauchssteuer von 15 Prozent auf Mobil­funk- und Internetservices ein. Die neue präsumtive Steuer auf geschätzte Einkünfte von Kleinstunterneh­mern ersetzt ab dem 1. Januar 2019 für diese die Umsatzsteuer. Angesetzt wird ein Steuersatz von 15 Prozent der von der jeweiligen Landes­regierung erhobenen Handelslizenzgebühren. Die neue Steuer soll helfen, den immer noch wachsenden informellen Sektor steuerlich zu erfassen und gilt nur für Unternehmen oder Privatpersonen deren Jahres­umsatz aus geschäftlichen Aktivitäten unterhalb des Schwellenwerts der für die Umsatzsteuer-Registrierung erforderlichen 5 Mio. KES (500.000 US-Dollar) liegt. Alle genannten Änderungen sind ganz klar auf die Aus­weitung der Steuerbemessungsgrundlage und die Erhöhung der Steuereinnahmen ausgelegt.
 
Das Nachbarland Uganda hat im Juli neue Steuern auf die Nutzung von sozialen Netzwerken und mobile Geldtransaktionen eingeführt. Ugander müssen für den Zugang zu sozialen Netzwerken durch die Betreiber­gesellschaften eine fixe Verbrauchssteuer (0,05 US-Dollar) zahlen [1]. Das neue Gesetz sieht auch eine Ver­brauchssteuer von 1 Prozent auf den Gesamtbetrag der mobilen Geldtransaktionen vor. Die neuen Steuern haben in der Bevölkerung großen Widerspruch ausgelöst. Die Regierung argumentiert jedoch, dass die Ein­nahmen aus diesen Steuern für die Entwicklung der Infrastruktur sowie die Sicherstellung von kostenloser Bildung und medizinischer Versorgung verwendet werden. Kritische Stimmen behaupten, die Mehreinnahmen werden stattdessen für die Verringerung der ständig wachsenden ugandischen Schuldenlast aufgewendet.
 
Die Verwendung der Mehreinnahmen des Fiskus für die Finanzierung von Entwicklungsprojekten in Afrika ist der Idealfall. Es besteht jedoch das Risiko, dass die wirtschaftliche Leistung der sich entwickelnden afrikanischen Märkte reduziert wird, wenn die neuen Steuern nicht auf die geeigneten Sektoren angewendet werden.

Die zusätzlichen steuerlichen Maßnahmen, die in den letzten Jahren in Kenia eingeführt wurden, haben zu einer Erschwerung der Steuerlast für Unternehmen und natürliche Personen geführt. Das gesunkene kenianische Steuer-zu-BIP-Verhältnis ist Indiz dafür, dass die Steuereinnahmen noch nicht ausreichen bzw. nicht in die richtigen Wachstums- und Entwicklungsprojekte investiert werden.


Fazit

Kenia und andere afrikanische Wachstumsmärkte sind gehalten, eine rücksichtsvolle und durchdachte Heran­gehensweise an die Reformen ihres jeweiligen Besteuerungssystems zu entwickeln, um sicherzu­stellen, dass mehr Steuereinnahmen auch wirklich zu mehr Wachstum und größerem Wohlstand führen.


 



[1] Ugander müssen eine tägliche Verbrauchssteuer von 0,05 US-Dollar (UGX 200) zahlen, um auf Social Media Plattformen wie Facebook, Twitter, Whatsapp, Skype usw. zugreifen zu können. Die Steuer soll Over-The-Top (OTT) Dienstleistungen – wie die Nutzung von Social Media – besteuern, getrennt von der Erhebung von Steuern auf tatsächliche Internet-Datenpakete. Die Steuerbelastung liegt beim Telekommunikationsdienstleister. Die 3 großen Telekommunikationsbetreiber in Uganda – MTN, Bharti Airtel und Africell – erheben die tägliche Steuer an ihre Nutzer, die den Betrag über die mobilen Zahlungsplattformen bezahlen. Nach Zahlung der OTT-Steuer durch den Kunden erhält er dann Zugang zu den Plattformen, wenn er bereits Daten auf seinen Geräten hat.
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