Beschränkte Steuerpflicht ausländischer Gesellschaften aufgrund in Deutschland tätiger Geschäftsführer

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veröffentlicht am 3. Mai 2019 | Lesedauer ca. 3 Minuten
von Malte Geils und Philip Nürnberg, Rödl & Partner Hamburg

 

Wenn der Geschäftsführer einer ausländischen Kapitalgesellschaft regelmäßig in Deutschland tätig wird, kann das nach jüngster Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 23. Oktober 2018 – I R 54/16) zu einem Risiko für die Gesellschaft werden. Der BFH hat im Fall einer in Luxemburg ansässigen Gesellschaft entschieden, dass dadurch die Gesellschaft im Inland beschränkt steuerpflichtig werden kann. Damit einher geht die Besteuerung eines Teils des Gewinns der ausländischen Gesellschaft im Inland, auch wenn sie dort keine Betriebsstätte unterhält. Nach Ansicht des BFH kann der Geschäftsführer nämlich als ständiger Vertreter der Gesellschaft i.S.d. § 13 AO angesehen werden.

 

  

Ständiger Vertreter als Anknüpfungspunkt der Besteuerung im Inland

Eine Steuerpflicht in Deutschland kann u.a. dadurch ausgelöst werden, dass ein ausländisches Unternehmen im Inland einen sog. ständigen Vertreter nach § 13 AO hat. Ständiger Vertreter ist eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. Es sind nach dem Gesetz insbesondere Personen als ständige Vertreter anzusehen, die Verträge schließen, vermitteln oder Aufträge einholen, sowie einen Güterbestand im Inland unterhalten. Sofern ein ständiger Vertreter im Inland gegeben ist, kann das aufgrund der Regelungen in § 49 EStG dazu führen, dass die Gesellschaft mit ihren inländischen Einkünften in Deutschland der beschränkten Steuerpflicht unterliegt.

 

BFH-Urteil vom 23. Oktober 2018

Bisher war höchstrichterlich ungeklärt, ob der Geschäftsführer einer ausländischen Kapitalgesellschaft ständiger Vertreter sein kann, was dazu führt, dass die Gesellschaft im Inland der beschränkten Steuerpflicht unterliegt. Nun hat der BFH mit Urteil vom 23. Oktober 2018 zu dieser Frage Stellung genommen und sie bejaht. Im Ergebnis bedeutet das Urteil, dass bei in Deutschland regelmäßig tätig werdenden Geschäftsführern auslän­disch­er Gesellschaften, ein erhöhtes Risiko für die Gesellschaft besteht, im Inland beschränkt steuerpflichtig zu werden.

 

Der BFH hat festgestellt, dass die Geschäftsführertätigkeit und die Tätigkeit als ständiger Vertreter sich nicht ausschließen. Zwar kann ein Einzelunternehmer nicht zeitgleich ständiger Vertreter seines Unternehmens sein; bei einer Kapitalgesellschaft gilt jedoch etwas anderes, da der Geschäftsführer für die Gesellschaft handelt. Es liegt somit eine Personenverschiedenheit vor, die die ständige Vertretung ermöglicht. Insoweit ist nicht vom Zivilrecht auf das Steuerrecht zu schließen. Das Organhandeln des Geschäftsführers ist somit als Vertreter­handeln anzusehen.

 

Weiterhin hat der BFH festgestellt, dass der Geschäftsführer eine Geschäftsbesorgung für die Kapital­gesell­schaft ausüben kann. Das ist nach Ansicht des BFH bereits dadurch gegeben, dass der Geschäftsführer die Geschäfte der Gesellschaft führt. Auch die erforderliche Nachhaltigkeit und die Sachweisungen können gegeben sein. Der Geschäftsführer unterliegt zum einen den Weisungen der Gesellschafter. Zum anderen kann es durchaus sein, dass der Geschäftsführer mit einer gewissen Plan- und Regelmäßigkeit für die Gesellschaft im Inland tätig wird. Bereits eine sachliche und persönliche Inlandspräsenz von einigem Gewicht rechtfertigt daher den deutschen Besteuerungszugriff.

 
Nicht ausreichend ist es jedoch, wenn der Geschäftsführer vereinzelt, gelegentlich oder nur vorübergehend im Inland für die Gesellschaft tätig wird. Ist der Geschäftsführer allerdings über einen längeren Zeitraum wöchentlich oder mehrmals monatlich im Inland tätig, um Aufträge einzuholen oder Auslieferungen vor­zu­nehmen, kann er als ständiger Vertreter anzusehen sein. Da der BFH das nicht durch die zum Teil ab­weichen­den Anforderungen des abkommensrechtlichen Begriffs des ständigen Vertreters eingeschränkt hat, wird die beschränkte Steuerpflicht regelmäßig auch nicht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen beschränkt.

 

Folgen für die Praxis und ungeklärte Fragen

Wurde bisher überwiegend davon ausgegangen, dass der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft nicht den Begriff des ständigen Vertreters erfüllt, sollte nunmehr größere Vorsicht gelten. Welche Tätigkeiten ein Geschäftsführer einer ausländischen Kapitalgesellschaft im Inland ausführen darf, ohne dass es zu einer Besteuerung im Inland kommt, ist nach dem Urteil schwer abzugrenzen. Zwar hat der BFH den gelegentlichen Aufenthalt in Deutschland aus der Anwendung herausgenommen, dennoch wurde keine konkrete Grenze vorgegeben, an der sich ausländische Gesellschaften orientieren können.

 
Ausländische Gesellschaften müssen nun vermehrt auf die in Deutschland verrichteten Tätigkeiten ihrer Geschäftsführer achten. Unstreitig gilt das auch für alle anderen Mitarbeiter. Sollte das nicht beachtet werden, können neben nachträglichen Steuererhebungen auch etwaige Strafverfahren die Konsequenz sein. Des Weiteren ist zu erwarten, dass die Finanzverwaltung in Betriebsprüfungen die Rechtsprechung zugunsten einer Besteuerung in Deutschland weit auslegen wird.

 

Aber auch im umgekehrten Fall von inländischen Gesellschaften mit im Ausland tätigen Geschäftsführern, könnte eine Verlagerung von Gewinnanteilen ins Ausland in Betracht kommen, wenn das Ausland eine vergleichbare Vorschrift zum § 13 AO kennt. Abhängig vom ausländischen Recht würden sodann weitere Steuererklärungspflichten im Ausland bestehen, die ebenfalls beachtet werden müssen.
 

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