Strategien für Stadtwerke und kommunale Unternehmen

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Das Thema Digitalisierung geht auch an Stadtwerken nicht spurlos vorbei. Immer häufiger entdecken diese den Bereich der Telekommunikationsnetze und IT-Dienstleistungen für sich. Dabei gibt es durchaus unterschiedliche Sicht- und Herangehensweisen für kommunale Unternehmen.
    

Insbesondere Stadt- und Gemeindewerke, aber auch andere kommunale Unternehmen, kommen aus verschiedenen Gründen mit dem Breitbandausbau in Berührung. Viele suchen aktiv nach neuen Geschäfts­feldern zur Abfederung eines Margen- und Ergebnisrückgangs in der Energieversorgung, andere geben dem Druck ihrer kommunalen Gesellschafter nach und nehmen sich als erster Ansprechpartner im Rahmen der Daseinsvorsorge für notwendige Infrastrukturprojekte der Thematik an. Es stellt sich die Frage, auf welchem Wege Stadtwerke das Thema konstruktiv angehen könnten.
  

Mögliche Strategien für Stadtwerke

Stadtwerke nehmen eine besondere Stellung in der Unternehmenslandschaft ein. Einerseits kommunal geprägt und der Daseinsvorsorge und den Vorgaben der Politik verpflichtet, andererseits unternehmerisch denkend und wirtschaftend, lassen sich für den Breitbandausbau 3 wesentliche Strategieansätze für Stadtwerke beobachten:
   

1. Flächendeckende Erschließung

Die flächendeckende Erschließung ist normalerweise vom Wunsch der Gesellschafter getrieben, die Attraktivität der eigenen Kommune zu steigern. Der betriebswirtschaftliche Erfolg spielt nur eine untergeordnete Rolle und die Zielsetzung ist es in der Regel, auf lange Sicht kein Kapital nachzuschießen.
 
2. Sukzessiver Ausbau und Förderung

Diese Strategie legt eine Erschließung von unterversorgten Stadt- oder Gemeindeteilen unter Rückgriff auf Fördermittel zugrunde. Dadurch wird eine strukturelle und prozessuale Grundlage (bspw. Backbone-Netz, Hauptverteilerstruktur, Dienstleister- und Kooperationsverträge) geschaffen, um zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Bestandsinfrastruktur dem steigenden Bandbreitenbedarf nicht mehr gerecht wird, auch die aus heutiger Sicht noch gut versorgten Gebiete zu erschließen. Die vorhandenen Grundlagen ermöglichen eine schnelle Reaktion auf steigende Bedarfe und das Stadtwerk kann somit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber in den Flächen aktiven und  nur langsam  reagierenden Konzernen realisieren.
  
3. Cherry-Picking (Rosinenpicken)

In dieser Strategie handelt das Stadtwerk unternehmerisch und renditeorientiert. Die Breitbander­schließung beschränkt sich ausschließlich auf diejenigen Ortsteile, die für das Stadtwerk wirtschaftlich zu erschließen sind, also in der Regel unterversorgte Gebiete. Solche Gebiete sind oft für privat­wirtschaft­liche Unternehmen nicht wirtschaftlich zu erschließen, weil diese in der Regel eine rein kapitalmarkt­getriebene Renditeforderung ihrer Gesellschafter bedienen müssen. Da Stadtwerke jedoch normalerweise nicht mit dem restlichen Kapitalmarkt um Eigenkapital konkurrieren müssen, liegen ihre Renditeforderungen teilweise deutlich darunter und so finden sich in beinahe allen Kommunen noch Gebiete, die aus Stadtwerkesicht mit akzeptabler Rendite zu erschließen wären, für die Privatwirtschaft jedoch von untergeordnetem Interesse sind.

  
Sollte sich ein Stadtwerk dazu entscheiden, nicht selbst aktiv in die Infrastruktur zu investieren, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit zur Sicherung von Zugriffsrechten auf ein von anderen Unternehmen verlegtes Netz oder auf einzelne Fasern. Die Spannweite der Möglichkeiten reicht hier von einer vertraglichen Zusicherung von Nutzungsrechten für ein Smart-Grid bis hin zu Verhandlungen über eine Kaufoptionen nach einer bestimmten Zeit für das Gesamtnetz.
    

Die optimale Wertschöpfungstiefe

Hat sich ein Stadtwerk für eine der drei genannten Strategien entschieden, stellt sich die Frage nach der optimalen Wertschöpfungstiefe. Hier wird zwischen dem reinen Halten des Eigentums (Pachtmodell), dem Netzbetreibermodell (Vermarktung von Bandbreiten an Diensteanbieter) oder dem Diensteanbietermodell (Endkundenangebote) unterschieden. Dabei ist auch die Frage der Einbindung eines möglichen Kooperationspartners in den einzelnen Projektphasen zu prüfen. Grundsätzlich sind alle Strategien mit allen Wertschöpfungsstufen kombinierbar, wobei die Sinnhaftigkeit im Einzelfall zu beurteilen ist. Daraus lässt sich die folgende Strategiematrix ableiten:

 

 

Ausgehend von der gewählten Strategie kann sich jedes Stadtwerk ein umfangreiches zukunftsfähiges Angebotsportfolio nach eigenen Präferenzen zusammenstellen, angefangen bei der Rolle als reiner Infrastrukturspezialist über den Vertrieb von Endkundenprodukten bis hin zum Betrieb von Rechenzentren und der Vermarktung von Cloud-Kapazitäten an Privat- und Gewerbekunden. Im Strategiefindungsprozess sollten die Unternehmen vorhandene Ressourcen, existierendes Know-how und Synergiepotenzial zum Kerngeschäft mit berücksichtigen. Dadurch werden sie in die Lage versetzt, ihren natürlichen Vorteil als kommunaler Dienstleister auszuspielen.
  

Stadtwerke in der Gesamtsicht

Tiefgreifende Veränderungen in der Energieversorgung erfordern eine intensive Auseinandersetzung mit der künftigen Unternehmensentwicklung von Stadtwerken. Dabei erweitern viele Stadtwerke ihr ursprünglich durch Wasser-, Strom- und Gasversorgung geprägtes Geschäft durch den Aufbau neuer Geschäftsfelder wie beispielsweise intelligente Energiesysteme, Wärme- oder eben Breitbandnetze und erzielen dadurch Verbundeffekte. Neben den einschneidenden Veränderungen im Geschäftsmodell von Stadtwerken revolutioniert sich auch das Telekommunikationsnetzgeschäft. Der Umstieg von Kupfer auf Glasfaser könnte beinahe als eine Art Neustart für die Branche betrachtet werden. Neue Marktteilnehmer drängen in den Wettbewerb und alte Größen verblassen. Wer könnte diesen Neustart besser für sich nutzen als Stadtwerke mit ihren hervorragenden Voraussetzungen? Erfahren im Tiefbau, bewährt in der Netzbewirtschaftung und mit bestem Zugang zu den Endkunden vor Ort sollten sie sich nicht ausschließlich auf Altbewährtes verlassen. Die Potenziale sind vorhanden, nun gilt es, die PS auch auf die Straße zu bringen.
    

zuletzt aktualisiert am 28.04.2016

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Anton Berger

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