Bundesregierung schließt Lücken im grauen Kapitalmarkt

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Am 28. Juli 2014 hat die Bundesregierung den mit Spannung erwarteten Referentenentwurf zum Kleinanlegerschutzgesetz vorgelegt, der das im Mai von den Bundesministern für Finanzen und Justiz vorgestellte Maßnahmenpaket umsetzen soll.
 
Damit reagiert die Bundesregierung auf die jüngsten Entwicklungen insbesondere am sog. „Grauen Kapitalmarkt”, bei dem Anleger in Vermögensanlagen hohe Einbußen erlitten haben bzw. wie im Fall der Insolvenz der Gesellschaften der PROKON-Gruppe, solche Einbußen drohen. Diese Vermögensanlagen unterlagen nicht oder nur in begrenztem Umfang einer Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistung (BaFin). Als Beispiele für solche Anlagen sind vor allem die Begebung und der Vertrieb von Nachrangdarlehen und partiarischen Darlehen zu nennen.
 
Bei Nachrangdarlehen stellen die Anleger dem Unternehmen (Kreditnehmer) darlehensweise Geld zur Verfügung. Die Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs ist hier jedoch ausgeschlossen, soweit diese einen Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens herbeiführt. Die Forderungen der übrigen, klassischen Gläubiger der Unternehmen (z.B. Lieferanten, Banken) gehen den Anlegern somit vor. Partiarische Darlehen sind strukturell einer stillen Beteiligung am Unternehmen vergleichbar und vermitteln eine Beteiligung am Gewinn des Unternehmens. Auch hier wird in der Praxis meist ein Nachrang vereinbart. Dieses nahezu unternehmerische Risiko wird den Anlegern durch hohe Zinsen vergütet. Sicherheiten werden zumeist nicht gestellt. Richtig ausgestaltet unterfallen diese Anlageinstrumente bislang weder den bankaufsichtsrechtlichen Regelungen noch dem Wertpapierprospektrecht. Sie können daher ohne einen durch die BaFin gebilligten Prospekt angeboten und vertrieben werden. Dies senkt natürlich die Emissionskosten der Unternehmen.
 
Solche Instrumente können durchaus sinnvolle und wünschenswerte Ergänzungen des Finanzierungsmix von Unternehmen sein. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich Nachrangdarlehen bei der Finanzierung von Immobilien sowie im Bereich der Projektfinanzierung bei erneuerbaren Energien. Auch der Start-up- und Venture-Capital-Bereich hat die Vorzüge dieser Finanzierungsform entdeckt. Crowdfunding-Plattformen wie z.B. Seedmatch und Companisto bieten jungen Unternehmen auf Investorensuche die Möglichkeit, von einem breiten Publikum über standardisierte Nachrangdarlehen und stillen Beteiligungen Finanzmittel zum weiteren Wachstum einzuwerben.
 
Die Zunahme von Fällen mangelnder Transparenz hinsichtlich der mit der Anlage verbundenen Risiken, gepaart mit oftmals plakativen Werbeaussagen zu den Chancen hat nunmehr die Politik auf den Plan gerufen.
 
Künftig sollen Nachrangdarlehen, partiarische Darlehen und sämtliche wirtschaftlich damit vergleichbare Vermögensanlagen den Vorschriften des Vermögensanlagegesetzes unterfallen. Das öffentliche Angebot dieser Vermögensanlagen erfordert dann einen durch die BaFin gebilligten Verkaufsprospekt sowie die Erstellung eines Vermögensanlagen-Informationsblattes. Damit einher geht das Risiko der Prospekthaftung der für den Inhalt verantwortlichen Personen. Ausnahmen von der Prospektpflicht ergeben sich etwa, wenn sich das Angebot nur an einem begrenzten Personenkreis oder ausschließlich an institutionelle Investoren richtet.
 
Jedoch hat auch der Gesetzgeber die zunehmende Bedeutung der Finanzierungsformen für Start-up-Unternehmen erkannt und eine im Grundsatz wünschenswerte Ausnahme vorgesehen. So sind Erleichterungen enthalten, wenn die Vermögensanlagen über bestimmte regulierte Internet-Dienstleistungsplattform angeboten werden, der Verkaufspreis maximal 1 Million Euro beträgt und der einzelne Anleger nicht mehr als 10.000 Euro zeichnen kann.
 
Auf Vertriebsseite ist zu beachten, dass die Vermittlung von Geschäften in diesen Anlagen eine erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung darstellen kann, mithin einer Erlaubnis der BaFin nach den Vorschriften des Kreditwesengesetzes bedarf.
 
Damit sich die Praxis auf die Änderungen vorbereiten kann, sieht der Referentenentwurf eine Übergangsfrist bis zum 1. Juli 2015 vor. Bis zu diesem Zeitpunkt können Nachrangdarlehen und partiarische Darlehen noch ohne einen durch die BaFin gebilligten Prospekt öffentlich angeboten werden.
 
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die vorgeschlagenen Regelungen Finanzierungen erschweren und für den Emittenten verteuern können. Im Interesse des Anlegerschutzes war eine Reaktion des Gesetzgebers aber zu erwarten. Emittenten der betroffenen Vermögensanlagen sollten bereits jetzt prüfen, ob eine Finanzierung auf dieser Basis künftig weiterhin sinnvoll erscheint oder etwa ein Ausweichen auf klassische regulierte Eigen- und Fremdkapitalinstrumente (z.B. Schuldverschreibungen) in Betracht kommt.
 

 zuletzt aktualisiert am 04.08.2014

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