Das E-Health-Gesetz: Digitales Zeitalter auch in Pflegeheimen

PrintMailRate-it

Im Zeitalter der Digitalisierung bedarf es im Gesund­heits­wesen einer effektiven digitalen Infrastruktur, sodass die Potenziale neuer Versorgungs­formen besser genutzt werden können. Zur Unterstützung dieses Digi­talisierungs­prozesses hat der Gesetz­geber das Gesetz für sichere digitale Kommunika­tion und Anwendungen im Gesundheits­wesen (E-Health-Gesetz) verabschiedet, das am 29. Dezember 2015 in Kraft getreten ist. Im Zuge dessen fördert das Bundes­mini­sterium für Gesundheit (BMG) telemedi­zinische Anwendungen. Ziel ist, die Qualität und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung zu verbessern, indem die Chancen der Digitalisierung genutzt werden.


 

Elektronische Gesundheitskarte

„Mit dem E-Health-Gesetz treiben wir den Fortschritt im Gesundheitswesen voran. Dabei stehen Patientennutzen und Datenschutz im Mittelpunkt.”, so Bundesgesundheits­minister Hermann Gröhe. Voraussetzung für die Einführung nutzbringender Anwendungen ist jedoch zunächst die Schaffung einer entsprechenden Telematik-Infrastruktur.


Ein wesentliches Element einer solchen Struktur ist die elektronische Gesundheitskarte. Sie wurde nach etlichen Verzögerungen am 1. Januar 2015 endgültig eingeführt. Jedoch wird deren vollumfängliche Nutzung, also die Bereitstellung personenbezogener medizinischer Daten, erst durch das E-Health-Gesetz möglich. Dies ist ein wesentlicher Fortschritt im Hinblick auf das aktuelle, digitale Zeitalter und zudem die Basis für die gewollte – da notwendige – Vernetzung. In diesem Sinne zielen die gesetzlichen Regelungen insbesondere auf die rasche Einführung nutzbringender Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte ab.


Demnach haben die Versicherten z.B. ab 2018 die Möglichkeit, ihre Notfalldaten auf der Versicherten­karte speichern zu lassen. Allergien, Vorerkrankungen oder Unverträglichkeiten können somit in einer Notfallsituation schneller abgerufen werden. Außerdem haben Patienten ab Oktober 2016 Anspruch auf die Erstellung eines einheitlichen Medikationsplans. Zwar besteht der Anspruch zunächst „nur” auf einen entsprechenden Plan in Papierform. Perspektivisch soll dieser jedoch zusätzlich in elektronischer Form über die elektronische Gesundheitskarte zur Verfügung gestellt werden. Die Gefahr, dass notfallrelevante medizinische Daten oder die vollumfängliche Medikation unerkannt bleiben, bestünde bei einer umfassenden Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte somit nicht, da die Mitwirkung des Patienten im Grunde kaum erforderlich ist. Aufgrund der häufig bestehenden Multimorbidität älterer Menschen und der damit oftmals verbundenen vielseitigen Medikation ist dies insbesondere für Pflegeheim-Bewohner relevant. Gefährliche Arzneimittelwechselwirkungen können durch eine vollumfängliche Kenntnis relevanter medizinischer Informationen sowie der Medikation des Bewohners vermieden werden. Dies dient insbesondere der Arzneimitteltherapiesicherheit und damit der Vermeidung vorzeitiger Sterbefälle. Einen ähnlich positiven Effekt bezüglich der medizinisch-fachlichen Information aller Beteiligten erzielt die geplante Einführung eines standardisierten elektronischen Arzt- sowie Entlassbriefes.


Um die Kontinuität der Versorgung sicherzustellen, werden medizinische Informationen somit zukünftig an den inter- sowie intrasektoralen Schnittstellen lückenlos übermittelt. Das Pflege­personal ist folglich durch die neuen Anwendungsmöglichkeiten der elektronischen Gesundheitskarte bezüglich Diagnose und Therapie vollumfänglich informiert. Dadurch kann den Heimbewohnern eine bessere Versorgung zugutekommen, da fast keine wichtigen Informationen für die individuelle Pflege und Versorgung verloren gehen. Um dies zeitnah zu erreichen, hat der Gesetzgeber Anreize und Fristen gesetzt. So erhalten beispielsweise Ärzte als Anreiz für die Erstellung eines entsprechenden Datensatzes eine Vergütung. Bei Nichteinhaltung einer gesetzten Frist wird dies durch Vergütungskürzungen sanktioniert.

 

Telemedizin

Neben einer vollumfänglichen Nutzung aller Möglichkeiten der elektronischen Gesundheitskarte sollen durch das E-Health-Gesetz auch die Strukturen der Gesellschaft für Telematik verbessert sowie ihre Kompetenzen erweitert werden. Räumliche Barrieren werden durch die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien überwunden. Die Telemedizin ermöglicht somit über räumliche Distanzen hinweg Konsultationen, die der Unterstützung bei der Diagnosestellung oder in Notfallsituationen dienen.


Zum einen kann damit die Versorgung (nicht nur im ländlichen Raum) verbessert werden. So ist etwa die Konsultation eines Facharztes in nur wenigen Sekunden möglich. Besteht beispielsweise bei einem Heimbewohner der Verdacht auf einen Schlaganfall, kann durch die Zuschaltung eines Spezialisten per Videokonferenz kostbare Zeit eingespart werden. Der medizinische Nutzen ist für den Heimbewohner jedoch in jedem Fall hoch, da auch Strapazen durch letzten Endes unnötige Transporte vermieden werden. Bestätigt sich der Verdacht nicht, wurden zudem unnötige Kosten für Transporte oder Krankenhausaufenthalte vermieden.


Zum anderen kann die Nutzung von telemedizinischen Anwendungen mobil eingeschränkte Menschen unterstützen. So wird beispielsweise ab dem 1. Juli 2017 die Online-Videosprech­stunde in die vertragsärztliche Versorgung aufgenommen. Räumliche Distanzen können somit ohne teure und mühselige Transporte überwunden, die Kontaktaufnahme mit dem Arzt – auch wegen Nachsorge- oder Kontroll­terminen – deutlich erleichtert werden. Gerade Pflegeheim­bewohner sind oftmals in ihrer Mobilität eingeschränkt, weshalb insbesondere für sie eine bessere Versorgung durch telemedizinische Leistungen erreicht werden kann. Geistig fitte Bewohner könnten darüber hinaus altersgerechte Assistenzsysteme im Zuge eines Monitorings nutzen. Vitalwerte wie Blutdruck oder Gewicht könnten selbständig gemessen und die Daten über kleinere Computer an den Arzt übertragen werden.

 

Datenschutz

Der Gesetzgeber betont, dass der Datenschutz bei den Implikationen des E-Health-Gesetzes höchste Priorität hat. Er steht damit an oberster Stelle und wird durch gesetzliche Maßnahmen sichergestellt. So werden die Daten des Versicherten zunächst verschlüsselt auf der elektro­nischen Gesundheits­karte gespeichert. Der Patient bestimmt im Weiteren selbst, wem er die Informationen zugänglich macht. Denn für den Zugriff auf die Gesundheitskarte ist zum einen eine PIN-Eingabe durch den Versicherten erforderlich. Einzig die Notfalldaten und (nach erteilter Zustimmung) der Medikationsplan sind sinniger­weise nicht durch die PIN geschützt. Um nun auf die gespeicherten Daten zugreifen zu können, ist zum anderen zeitgleich der elektronische Heilberufeausweis des jeweiligen Arztes erforderlich. Erst dann können die gespeicherten Infor­mationen eingesehen werden. Die sensiblen medizinischen Versicher­tendaten sind demnach durch ein „Zwei-Schlüssel-Prinzip” bzw. durch eine „Ende-zu-Ende-Verschlüsselung” geschützt.


Darüber hinaus werden die letzten 50 Zugriffe auf die Karte gespeichert, sodass jederzeit nachvollziehbar ist, wer sich Zugang zu den Daten verschafft hat. Zu den Berechtigten zählen neben dem Karteninhaber selbst nur berechtigte Leistungserbringer wie beispielsweise Ärzte. Versicherungen haben hingegen keine Berechtigung die Daten der Gesundheitskarte einzusehen. Eine Zuwiderhandlung bzw. entsprechender Missbrauch ist strafbar.

 

Fazit

Die Digitalisierung ändert in vielen Bereichen unser aller Leben. Natürlich findet sie auch im Gesund­heitswesen statt. Durch das E-Health-Gesetz wurde die Gesellschaft für Telematik (gematik) dazu verpflichtet, die notwendige Infrastruktur bzw. die notwendigen Rahmen­bedingungen zu schaffen. Hierzu zählt z.B. die Einführung nutzbringender Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte. Neben der Speicherung von Notfalldaten, dem Medikations­plan, dem elektronischen Arzt- und Entlassbrief und der Stärkung telemedizinischer Anwen­dungen sollen bis 2018 u.a. ein modernes Stammdatenmanagement und ein Patientenfach implementiert werden.


Die Akteure des Gesundheitswesens profitieren von den Neuregelungen des E-Health-Gesetzes durch eine höhere Qualität und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung. Auch wenn die Bewohner eines Pflegeheimes vielleicht nicht zur primären Zielgruppe der Digitalisierung zählen, befinden doch auch sie sich zwangsläufig im digitalen Zeitalter. Insbesondere den geistig und körperlich noch verhältnismäßig fitten Heimbewohnern mit niedrigen Pflegestufen (bzw. bald Pflegegraden) ist eine aktive Nutzung von telemedizinischen Anwendungen möglich und damit auch zugänglich zu machen.


zuletzt aktualisiert am 15.02.2017

Kontakt

Contact Person Picture

Norman Lenger-Bauchowitz, LL.M.

Mediator & Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachberater für Restrukturierung & Unternehmensplanung (DStV e.V.)

Partner

+49 911 9193 3713

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Anja Bauchowitz

M.A. Gesundheitsökonomie

Senior Associate

+49 221 9499 094 28

Anfrage senden

Deutschland Weltweit Search Menu