Family Offices und die Internationalisierung großer Familienvermögen

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aktualisiert am 7. Februar 2023 / Lesedauer ca. 3 Minuten
 

In Family Offices werden diejenigen Aufgaben, die mit der Verwaltung von großen Privat- bzw. Familienvermögen zusammenhängen, konsolidiert. Das Family Office ist die Schnittstelle der Familie bzw. der Vermögensträger zu Steuern, Recht sowie allen Bereichen und Aspekten der Vermögensanlage. Das Konzept „Family Office“ hat sich in den letzten 20 Jahren deutlich weiterentwickelt und international zunehmend etabliert.

Michael Staab kommentiert

Michael Staab, 60, ist Geschäftsführender Gesellschafter des 2008 gegründeten FOSTER Forschungsinstitut für Family Offices GmbH in Frankfurt am Main und verfügt über ein umfangreiches Netzwerk insbesondere bei deutschsprachigen Familienunternehmen sowie deren Family Offices und Beteiligungsgesellschaften. 2011 folgte die Gründung der FOSTER Family Office Services GmbH und 2017 die Gründung des FOSTER International Club, ausschließlich für Single Family Offices. Zudem bietet FOSTER zunehmend auch Investorenreisen für Family Offices u.a. nach Uruguay, Frankreich, England und nach Skandinavien an. Michael Staab ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Söhnen.

    

Ihren Ursprung haben Family Offices nicht etwa in Nordamerika, wenngleich die Bezeichnung „Family Office“ (Familienbüro) aus Nordamerika importiert wurde und große Familienbüros wie House of Morgan (1838) und später Bessemer Trust, Rothschild, Rockefeller oder Guggenheim immer wieder als Familien mit den ersten Family Offices überhaupt genannt werden.

Die Kaufmannsfamilie Fugger (Augsburg, 14. Jahrhundert) und die Medici (Florenz, ab Mitte des 15. Jahrhunderts) z.B. haben schon sehr viel früher ihre Familienvermögen gebündelt und u.a. über eigene Banken verwaltet bzw. gesteuert. Demnach finden sich die ersten sog. „Family Offices“ in Europa.

Da jede Familie und jeder Vermögensträger andere Anforderungen und Präferenzen bei der Verwaltung des eigenen Vermögens zugrunde legt, gibt es folglich ebenso viele unterschiedliche Organisationsformen im Kontext der Entscheidung, welche von den für die Verwaltung benötigten Leistungen in Eigenregie erbracht werden sollen und welche im Anbietermarkt zugekauft werden.

Die Struktur eines privaten Family Office folgt also zwei primären Fragestellungen bzw. zwei Dimensionen: Erstens, welche Leistungen benötige ich für die Verwaltung meines Vermögens und zweitens, wie generiere ich diese Leistungen? Oder anders formuliert:

Die oft zitierte Richtungsentscheidung für „Make or Buy“ ist nur eine Dimension im Zusammenhang mit einer individuellen Family Office-Struktur; die andere, vorgelagerte Dimension, beschreibt die objektive Bedarfssituation im Kontext der vom Vermögensinhaber vorgegebenen Erwartungshaltung bzw. Anforderungen. Im Ergebnis befinden wir uns auf einem von Heterogenität geprägten Feld unterschiedlicher Zielvorgaben – und das nicht alleine zwischen den vorgegebenen, langfristigen Zielsetzungen realer Vermögenserhalt und substanzieller Vermögensaufbau.

Und: Die zu Beginn getroffene Organisationsentscheidung ist nicht „starr“, d.h. die Struktur des eigenen Family Office muss – vor dem Hintergrund sich verändernder Rahmenbedingungen und Anlagestrategien – immer wieder überprüft und angepasst werden.

Im Beziehungsverhältnis zwischen der Familie und „ihrem“ Family Office ist Vertrauen die Conditio sine qua non; Expertise kann in nahezu allen Bereichen zugekauft werden – Vertrauen nicht! Dieses Vertrauensverhältnis und die Abwesenheit von Interessenskonflikten ist auch der primäre Vorteil eines privaten Family Office – neben der oft angeführten Kontrolle bzw. uneingeschränkten Handlungsfähigkeit über alle Vermögensbestandteile hinweg.

Was prägt die Family Office-Landschaft heute? Mehr Diversifikation, also die Fächerung von Vermögen auf verschiedene Assetklassen und in unterschiedliche Währungen, Wirtschaftsräume/Jurisdiktionen, ist nach wie vor ein Phänomen, das eine Vielzahl großer Privatvermögen betrifft. Dazu zählen wir auch die Diversifikation innerhalb einzelner Assetklassen, bspw. Immobilien.

Aufgrund der nach wie vor moderaten Finanzierungskosten bei weiter steigenden Asset-Preisen lässt sich in diesem Zusammenhang erkennen, dass illiquide Assets auch in Zukunft eine wesentliche Rolle für die Anlagestrategie von Family Offices spielen.

In Verbindung mit dem Ziel der breiteren Aufstellung der Vermögen stellt sich automatisch die Frage, wie Diversifikation umgesetzt wird. Das Single Family Office befindet sich üblicherweise am Stammsitz des Familienunternehmens – die Suche nach geeigneten Investments im Ausland und deren Bewertung und spätere Bewirtschaftung sind nicht zu unterschätzende Hürden auf dem Weg zu einem international diversifizierten Vermögen.

Daher gewinnt – neben der Auswahl und Mandatierung internationaler Investmentmanager – der Austausch von Family Offices untereinander an Bedeutung; Vermögensanlage- sowie Beratungsleistungen von anderen Family Offices werden vermehrt in Anspruch genommen. Auch spielen Club-Deals mehrerer Family Offices oder Co-Investments eine zunehmende Rolle. Neben Kostendegressionseffekten (Due Diligence) auf der einen Seite machen sich Family Offices, die in einzelnen Bereichen – z.B. Landwirtschaft, Immobilien, Schifffahrt und Unternehmensbeteiligungen – über Jahre oder Generationen hinweg Erfahrung und Expertise aufgebaut haben, den Wunsch nach mehr Diversifikation „unternehmerisch“ zunutze: Sie öffnen sich über geeignete Investitionsvehikel für die Beteiligung durch andere Familien und Family Offices.

Die steigende Diversifikation von Vermögen zeichnet sich jedoch nicht nur in der Vermögensallokation ab, sondern ist auf der Strukturebene von Family Offices ebenfalls klar ersichtlich. So stellen wir seit einigen Jahren fest, dass aufgrund stärkerer Diversifikation (und damit einhergehendem Bedarf nach Expertenwissen) Strukturanpassungen in Form von zunehmender Externalisierung erfolgen. Besonders auffällig ist diese Entwicklung im Bereich von Reporting und Controlling.

Grundsätzlich sind v.a. Rechts- und Steuerberatung externalisiert und die strategische Vermögensplanung mehrheitlich internalisiert. Gründe für die Internalisierung sind insbesondere der Wunsch nach Diskretion sowie Skaleneffekte. Externalisierung findet überwiegend aufgrund wegfallender Fixkosten und steigendem Bedarf an Expertenwissen statt, wobei der Grad der Internalisierung mit wachsendem Vermögen i.d.R. zunimmt.

Bei aller erkennbaren Öffnung für andere Familien und auch vor dem Hintergrund der Diversifikation und Internationalisierung – Family Offices repräsentieren nach wie vor den diskretesten und zugleich heterogensten Bereich der Vermögensverwaltung.

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