Bilanzierung von Marken – Wann sie aktiviert werden dürfen und was dabei zu beachten ist

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zuletzt aktualisiert am 4. Oktober 2022 | Lesedauer ca. 4 Minuten
    

Obwohl Marken einen wesentlichen Anteil der Wertschöpfung innerhalb eines Unter­nehmens generieren, dürfen sie – sofern selbst geschaffen – nicht bilanziert wer­den und gelten landläufig oft als „Sorgenkinder“ des Bilanzrechts. Lediglich erwor­bene Marken können aktiviert werden. Welche Regeln gilt es bei der Bilanzierung nach HGB und IFRS zu beachten und wo liegen die Spielräume, die bilanzpolitisch nutzbar sind und was verlangt die Berichterstattung künftig?
   

 

  

„Die ewigen „Sorgenkinder“ des Bilanzrechts – Öffentliche Diskussion zu immateriellen Werten“ – unter diesem Titel lud das Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V. (DRSC) am 4. Mai 2022 zur Diskussion. Denn die Berichterstattung über immaterielle Werte ist auch ohne relevante Änderungen des Rechtsrahmens aktueller denn je. Immaterielle Werte und dabei insbesondere Marken stellen heute häufig einen bedeutenden Anteil der Wertschöpfung eines Unternehmens dar.

 

Der Anteil von Marken am Unternehmenswert ist signifikant. Dennoch findet man in den Bilanzen eines Unternehmens häufig keine entsprechenden Vermögenswerte bzw. -gegenstände. Das liegt am strikten Verbot, selbst geschaffene Marken zu aktivieren. Zwar wurde 2009 durch das Bilanz­rechts­modernisierungs­gesetz (BilMoG) das Aktivierungsverbot für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände im HGB auf­gehoben. Allerdings betrifft das lediglich Aufwendungen für die Entwicklung eines Produkts oder einer intern genutzten Technologie.
 

Neben selbst geschaffenen Drucktiteln, Verlagsrechten, Kundenlisten und vergleichbaren immateriellen Vermögens­gegen­ständen des Anlagevermögens besteht auch für selbst geschaffene Marken nach HGB weiter ein Ansatzverbot. Sie sind i.d.R. nicht zweifelsfrei von der Entwicklung des Unternehmens in seiner Gesamtheit trennbar – gleiches gilt nach IFRS. Steuerrechtlich besteht nach wie vor ein striktes Aktivierungsverbot für alle selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter. Die positive Kehrseite der Medaille: Sämtliche marken­bezogenen Aufwendungen für Marketing, Werbung und weitere markenbildende Maßnahmen können direkt als Betriebsausgaben und damit steuermindernd verbucht werden.
 

Zulässigkeit der Aktivierung einer Marke

Nach HGB, IFRS und auch steuerrechtlich ist die Aktivierung einer Marke nur bei Erwerb von Dritten zulässig. Wird dabei eine einzelne Marke erworben, so ist das im Jahresabschluss des Erwerbers anzusetzen. Ist die Marke im Falle eines Share Deal Bestandteil des akquirierten Unternehmens, so ist für den Konzernabschluss der betreffenden Unternehmensgruppe der Kaufpreis im Nachgang zur Akquisition im Rahmen einer Kaufpreis­allokation („Purchase Price Allocation”, kurz: PPA) auf das erworbene Nettovermögen zu verteilen. Die aufzudeckenden stillen Reserven und damit auch die Marke werden dort somit zum beizulegenden Zeitwert aktiviert. Entsprechendes gilt im Falle eines Asset Deal für die Bilanzierung im Jahresabschluss des Erwerbers.
 

Ermittlung des Zeitwerts

Entscheidend für die Bilanzierung einer erworbenen Marke ist somit die verlässliche Messung ihres beizu­legenden Zeitwerts. Die Grundsätze zur Bewertung von Marken sind in einschlägigen Standards festgehalten. In der Praxis werden die Mehrgewinn-Methode und die Lizenzpreisanalogie am häufigsten angewandt (vgl. hierzu den Beitrag „Wertorientierte Markenführung”).
 

Ableitung einer angemessenen Nutzungsdauer

Kann für die Marke eine konkrete Nutzungsdauer bestimmt werden, ist sie nach HGB und IFRS auch für die Bestimmung der Abschreibungsdauer maßgeblich. Das ist häufig bei Produktmarken mit einer begrenzten Lebensdauer der Fall und auch Unternehmensmarken unterliegen einer begrenzten Nutzungsdauer. Ver­schiedene Studien zeigen, dass recht schnell eine sog. Vergessenswirkung eintritt. Viele einst weltbekannte und mittlerweile verblasste bis fast vergessene Marken wie Hoechst, NSU oder Horten sind ein Beleg dafür.
 

Sofern die unbestimmte (also unendliche) Nutzungsdauer einer Marke nur durch Erhaltungsaufwendungen, z.B. durch regelmäßige Werbung, erreicht werden kann, ist die Marke – im Unterschied zu IFRS – nach HGB zwingend planmäßig abzuschreiben. Gemäß DRS 24 „Immaterielle Vermögensgegenstände im Konzern­ab­schluss” muss die Abschreibungsmethode den Verlauf spiegeln, in dem der wirtschaftliche Wert des immateriellen Vermögensgegenstands für das Unternehmen abnimmt. Sollte der Verlauf des Werteverzehrs nicht verlässlich bestimmbar sein, ist linear abzuschreiben. Die Obergrenze der Nutzungsdauer für Unternehmens­marken orientiert sich in der Praxis häufig an der steuerlichen Abschreibungsdauer für den Geschäfts- oder Firmenwert von 15 Jahren.
 

Werthaltigkeit einer bilanzierten Marke

Wird nach IFRS von einer unbestimmten Nutzungsdauer einer Marke ausgegangen, so dürfen keine plan­mäßigen Abschreibungen vorgenommen werden. Vielmehr ist jährlich bzw. bei Ereignissen, die eine Wert­minderung des Vermögenswerts vermuten lassen (Triggering Events), ein sog. „Impairment Test” zur Unter­suchung der Werthaltigkeit durchzuführen. Dabei ist der Buchwert der Marke mit dem erzielbaren Betrag (sog. „recoverable amount”) zu vergleichen. Er ergibt sich aus dem höheren Wert aus einerseits beizulegendem Zeitwert, abzüglich Kosten der Veräußerung auf Basis eines Verkaufs zu Marktbedingungen, und andererseits dem subjektiven, DCF-basierten Nutzungswert. Liegt der erzielbare Betrag unterhalb des Buchwerts, ist auf diesen Wert abzuschreiben.

 

Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Immaterielle Werte haben auch eine hohe Bedeutung für die Nachhaltigkeitsberichterstattung und werden daher über die bereits bilanzierten immateriellen Vermögensgegenstände bzw. -werte hinaus berichtspflichtig sein. So bspw. mit Blick auf Arbeitnehmerbelange oder Beziehungen zu unterschiedlichen Stakeholdergruppen. Daher sieht der Entwurf der neuen CSRD auch verpflichtende Angaben zu immateriellen Werten vor, die für die Wertschöpfung und das Geschäftsmodell des Unternehmen von zentraler Bedeutung sind. Dies gilt unabhängig von deren Bilanzierung.  

 Fazit

Auch wenn eine selbst geschaffene Marke aufgrund ihrer Nähe zum selbst geschaffenen Geschäfts- oder Firmen­wert nicht bilanzierbar ist, hat die Nicht-Aktivierung zumindest den Vorteil, dass die damit verbundenen Betriebsausgaben umgehend steuermindernd in Abzug gebracht werden dürfen. Bei der Aktivierung erworbener Marken bestehen gewisse Spielräume, insbesondere bei der Kaufpreisallokation, der Schätzung angemessener Nutzungsdauern sowie eines etwaigen Impairment Tests. Nutzen Sie alle bilanzpolitischen Möglichkeiten – aber mit Bedacht; berücksichtigen Sie dabei, dass der Erstansatz bereits viele Weichen für die Folgebilanzierung stellt.

 

Wir können gespannt sein, welche Änderungen sich in der näheren Zukunft, insbesondere durch die Nach­haltigkeitsberichterstattung ergeben werden. Denn in den vergangenen Monaten wurde die Diskussion um immaterielle Werte in der Bilanz von mehreren Seiten befeuert. So hat z.B. auch das International Accounting Standards Board (IASB) erst kürzlich ein Projekt zu „Intangible Assets“ in die Forschungsvorhaben aufge­nommen, um IAS 38 Immaterielle Vermögenswerte umfassend zu überprüfen und die Berichterstattung zu optimieren.

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