Mietvertrag über Wohnung bei unwirksamer Befristung unkündbar

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veröffentlicht am 02. September 2013
Von Manja Schwien
 

​BGH legt unwirksame Befristung als Kündigungsverzicht aus

 

Einen befristeten Mietvertrag über eine Wohnung kann der Vermieter vor Ablauf der Befristung nicht ordentlich kündigen. Nach dem Urteil des BGH vom 10. Juli 2013 gilt dies sogar dann, wenn die Befristung unwirksam ist. Während der Dauer der Befristung ist danach eine Kündigung wegen Eigenbedarf ausgeschlossen.

 

 

​Urteil des BGH vom 10. Juli 2013 – Az.: VIII ZR 388/12

In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatten Vermieter und Mieter im Mietvertrag vereinbart, dass das Mietverhältnis „auf Verlangen des Mieters auf bestimmte Zeit abgeschlossen”
werde. Dementsprechend sollte das Mietverhältnis für eine bestimmte Dauer gelten. Noch vor Ablauf der im Vertrag vereinbarten Befristung kündigte der Vermieter das Mietverhältnis unter Berufung auf Eigenbedarf. Gegen diese Kündigung setzte sich der Mieter letztlich erfolgreich zur Wehr. 
 
Die Befristung war nicht wirksam, weil die Voraussetzungen des § 575 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht erfüllt waren. Infolgedessen war der Mietvertrag nach § 575 Abs. 1 Satz 2 BGB als unbefristeter Vertrag anzusehen. Ein unbefristetes Wohnraummietverhältnis kann vom Vermieter fristgerecht gekündigt werden, wenn er hieran ein berechtigtes Interesse hat. Ein solcher Kündigungsgrund liegt zum Beispiel vor, wenn der Vermieter – wie hier – Eigenbedarf geltend machen kann. 
 
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat jedoch nunmehr entschieden, dass während der Dauer der Befristung ein beiderseitiger Kündigungsverzicht anzunehmen sei. Dies begründeten die Richter damit, dass die Parteien sich durch die vereinbarte Befristung jeweils langfristig binden wollten. Wegen der Unwirksamkeit der Befristung könne dieses gemeinsame Ziel nur dadurch erreicht werden, dass im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein Kündigungsverzicht beider Vertragsparteien anzunehmen sei. Um dem gemeinsamen Interesse beider Parteien Rechnung zu tragen, sei während der Dauer der Befristung anzunehmen, dass die ordentliche Kündigung sowohl für den Vermieter als auch den Mieter ausgeschlossen ist
 

Folgen für Vermieter

In der Regel bedeutet der Abschluss unbefristeter Wohnraummietverträge für den Vermieter, dass er hieran langfristig gebunden ist. Denn im Gegensatz zum Mieter kann ein Vermieter den Mietvertrag nur unter engen Voraussetzungen ordentlich kündigen. Hierdurch werden Mieter weitgehend vor einer einseitigen Beendigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter geschützt.
 
Vermieter versuchen deshalb nicht selten, durch Vereinbarung einer Befristung sicherzustellen, dass sie die Wohnung spätestens zu einem bestimmten, bei Vertragsschluss festgelegten Zeitpunkt zurückerhalten. Intention des Vermieters mag es hierbei häufig auch sein, die Wohnung anschließend zu besseren Konditionen erneut zu vermieten. Befristungen sind nach dem neueren Recht jedoch nur noch unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. Sind diese nicht erfüllt, gilt das Mietverhältnis als unbefristet. Das allein wäre für den Vermieter nicht weiter schlimm, stünde er dadurch doch nicht schlechter, als wenn er von vornherein keine Befristung vereinbart hätte.
 
Nach dem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs bringt sich der Vermieter hierdurch jedoch in eine missliche Lage: Folge der unwirksamen Befristung ist nach dieser Entscheidung nämlich, dass den Parteien für die Dauer der Befristung die Möglichkeit genommen ist, das Mietverhältnis durch ordentliche Kündigung vorzeitig zu beenden. Der Vermieter hat also – anders als bei einem von vornherein unbefristeten Mietvertrag – nicht einmal mehr die Möglichkeit, das Mietverhältnis unter Berufung auf ein berechtigtes Interesse (zum Beispiel Eigenbedarf) vor Ablauf der Befristung ordentlich zu kündigen. Es bleibt ihm lediglich die fristlose Kündigung, jedoch nur bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen.
 

Empfehlung für Vermieter

Jedem Vermieter kann daher nur geraten werden, dass er vor Vereinbarung einer Befristung sorgfältig prüft, ob diese überhaupt zulässig ist. Lässt sich dies bejahen, sollten Vermieter besonderes Augenmerk auf die Formulierung der Befristung legen. So muss dem Mieter der Grund der Befristung (spätestens) bei Vertragsschluss schriftlich mitgeteilt werden. Deshalb ist dringend zu empfehlen, den Befristungsgrund in den Mietvertrag selbst aufzunehmen. 
 
Wegen der nur sehr eingeschränkten Möglichkeiten, Wohnraummietverträge zu befristen, versuchen Vermieter häufig, die gesetzlichen Anforderungen zu umgehen. In Mietverträgen findet sich dann etwa eine Klausel, wonach die Befristung auf Wunsch des Mieters erfolge. Hiervon kann nach der hier besprochenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs nur abgeraten werden. Mieter können Mietverträge über Wohnungen ohnehin jederzeit mit einer nur dreimonatigen Frist ordentlich kündigen. Aus Mietersicht ist deshalb allenfalls ein Kündigungsausschluss für begrenzte Zeit interessant, wenn er damit verhindern will, dass der Vermieter das Mietverhältnis etwa im Falle von Eigenbedarf vorzeitig kündigt. Umgekehrt kommt ein befristeter Kündigungsausschluss für einen Vermieter nur dann in Frage, wenn es ihm gerade darauf ankommt, dass der Mieter nicht vor Ablauf einer bestimmten Dauer das Mietverhältnis kündigt. Dies kann insbesondere in schwachen Wohnungsmärkten der Fall sein, wenn der Vermieter Schwierigkeiten bei der Vermietung im Anschluss befürchtet.
 
Selbst im Massengeschäft „Vermietung von Wohnraum” treten immer wieder komplexe Fragestellungen auf. Fehler bei der Vertragsgestaltung können – vor allem für Vermieter – mitunter gravierende wirtschaftliche Folgen haben.

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Andreas Griebel

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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