Facility-Management-Klassiker aus der Rechtsprechung: Sind Gebäudereinigungsverträge Dienst- oder Werkverträge?

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veröffentlicht am 04. Februar 2019

 

Fensterreiniger AußenfassadeBei der Bewirtschaftung von Gebäuden verursachen die Gebäudereinigung und -sicherung besonders hohe Kosten. Abhängig von der Nutzung und Beschaffenheit eines Gebäudes werden für die Kosten der Gebäudereinigung bis zu 50 Prozent der jährlichen Gesamtbetriebskosten veranschlagt. Aufgrund der hohen praktischen und auch finanziellen Bedeutung dieser Leistungen, rücken vermehrt Fragen der Vertragsgestaltung und der Vertragsauslegung in den Fokus. Auch in unseren Seminaren und Mandantengesprächen stellen wir immer wieder fest, dass auch bei der rechtlichen Einordnung des Vertragstyps bei Reinigungsverträgen und der damit verbundenen Vertragsgestaltung eine aus der Praxis nachvollziehbare Unsicherheit besteht, und das, obwohl das Thema „Reinigung und Vertragsrecht” auf den ersten Blick relativ banal anmuten mag. Es handelt sich insofern bei der Frage „Ist der Reinigungsvertrag ein Werk- oder Dienstleistungsvertrag?” um einen Klassiker. Viele Urteile und Veröffentlichungen zur Abgrenzung von Werk- zu Dienstleistungsvertrag bestätigen dies. Für den Reinigungsbereich zeigt das besonders anschaulich ein etwas älterer Beschluss des Oberlandesgerichts Köln (19 U 215/11) vom 12. April 2012.

 

Klassiker aus der Rechtsprechung

Das Gericht hat sich schwerpunktmäßig mit der Frage befasst, ob ein Gebäudereinigungsvertrag dem Werkvertragsrecht oder dem Dienstvertragsrecht unterliegt. Die Unterscheidung ist nicht lediglich von dogmatischer Natur, die Einordnung hat vielmehr erhebliche praktische Konsequenzen. So ist bei Dienstleistungen die Tätigkeit an sich geschuldet, bei Werkleistungen dagegen ein vereinbarter Erfolg. Ferner unterliegen Dienstleistungen einem anderen Leistungsstörungsrecht als Werkleistungen. Die Rechte und Pflichten im Fall von Mängeln oder Schlechtleistungen unterscheiden sich dabei zum Teil ganz erheblich.

 

Dem Beschluss des OLG Köln lag folgender Fall Zugrunde:

Der Auftragnehmer erbrachte für den Auftraggeber Reinigungsleistungen in einem Gebäude, deren Qualität er nicht beanstandete. Nach dem Vertrag stellte der Auftragnehmer das Personal sowie die erforderlichen Maschinen, Geräte und Reinigungsmittel. Ein Weisungsrecht des Auftraggebers war vertraglich nicht vereinbart. Die Leistungsbeschreibung enthielt neben der Beschreibung der Räumlichkeiten und Objekte die Reinigungshäufigkeit und die Art und Weise der Maßnahmen. Im Vertrag war unter der Überschrift „Preise” auch eine Anzahl von Monatsstunden festgelegt. Der Auftraggeber nahm nun Kürzungen der Vergütung vor, da die genannten Monatsarbeitsstunden bis zu teilweise 20 Prozent unterschritten worden waren. Das OLG Köln hält die Kürzungen durch den Auftraggeber für nicht berechtigt und führt zur Begründung aus:

Zu den vertragsgemäßen Hauptleistungspflichten gehört die Herstellung des Reinigungserfolges und nicht eine bestimmte Anzahl von Reinigungsstunden. Es handele sich bei dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag um einen Werkvertrag i.S.d. § 631 BGB und nicht um einen Dienstvertrag i.S.d. § 611 BGB. Gebäudereinigungsverträge unterliegen regelmäßig dem Werkvertragsrecht, sofern der Verpflichtete mit von ihm auszusuchendem Personal die Sauberkeit von Räumen schuldet, ohne dabei den Weisungen des Auftraggebers zu unterliegen.

 

Nach den Ausführungen des Gerichtes steht die Benennung der Reinigungshäufigkeit dem nicht entgegen, da sie im zu entscheidenden Fall ein Bestandteil des in der Leistungsbeschreibung definierten Reinigungserfolges war. Auch die Auslegung des Vertrags spreche dafür, dass unabhängig vom Reinigungserfolg eine bestimmte Stundenzahl nicht geschuldet sei. Als weiteres sehr überzeugendes Argument führt das Gericht an, dass die Leistung schließlich auch dann nicht vertragsgemäß sein könne, selbst wenn die Monatsarbeitsstunden nachweislich erbracht worden wären. Maßgeblich ist der Reinigungserfolg, nicht die Zahl der geleisteten Stunden.

 

Neben der Erreichung des werkvertraglichen Reinigungserfolges besteht damit keine weitere Hauptvertragspflicht.

 

Konsequenzen für die Praxis

Praktische Konsequenz: Der entschiedene Fall macht deutlich, dass bei der Gestaltung von Gebäudereinigungsverträgen ein relativ weiter Spielraum besteht. Zwar unterliegen solche Verträge typischerweise dem Werkvertragsrecht, es kann jedoch auch bei entsprechender Vertragsgestaltung oder „Vertragsdefiziten” zur nicht gewollten Anwendung des Dienstvertragsrechts kommen.

 

Fazit

Es empfiehlt sich deswegen, um Rechtsklarheit zu erhalten und Streitigkeiten vorzubeugen, ein besonderes Augenmerk auf eine rechtlich fundierte und eindeutige Vertragsgestaltung zu richten, die den Interessen der Parteien am besten gerecht wird.

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Klaus Forster, LL.M.

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