Streit um Wohnfläche – Wie verbindlich sind Exposé-Angaben?

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​veröffentlicht am 02. November 2016

 

In regelmäßigen Abständen beschäftigen Streitigkeiten über fehlerhafte Wohnflächenangaben und deren Bindungswirkung in Inseraten oder Exposés die Gerichte. Zwei aktuelle Urteile (LG München Urteil vom 21. Januar 2016 – 31 S 23070/14; BGH Urteil vom 6. November 2015 – V ZR 78/14) beleuchten die Thematik nunmehr in miet- und kaufrechtlicher Hinsicht.

 

Die zur Verfügung stehende Wohnfläche stellt vielfach ein maßgebliches  Kriterium  für die Entscheidung über die Anmietung bzw. den Kauf einer Wohnimmobilie dar.

 

Aus diesem Grund finden sich in Immobilienanzeigen und Makler- bzw.  Verkäufer-Exposés genaue Angaben zur Wohnfläche des angebotenen Objekts. Bedauerlicherweise stimmen die Inserat- oder Exposé-Angaben vielfach nicht mit der tatsächlichen, von Fachleuten berechneten Wohnfläche überein.

 

Diese Diskrepanz tritt nicht selten erst nach Abschluss des Miet- oder Kaufvertrages zutage und die im Vertrauen auf die vorvertraglichen Angaben empörten Mieter oder Käufer versuchen sodann, sich vom Vertrag zu lösen oder Ansprüche gegen den Vermieter bzw. Verkäufer herzuleiten.

 

Doch folgen aus den von der wirklichen Wohnfläche abweichenden Angaben in Exposés tatsächlich in jedem Fall Ansprüche gegen den Verkäufer? Und wie sind die Aussagen von Immobilienmaklern in diesem Kontext zu bewerten?

 

Wie verbindlich sind also Exposé-Angaben tatsächlich? Dieser Fragestellung soll im Folgenden nachgegangen werden.

 

1. Doch zunächst: Was ist eigentlich „Wohnfläche”?

Nach der dem Duden zu entnehmenden Begriffsdefinition ist „Wohnfläche” die dem Wohnen dienende Grundfläche von Wohnungen oder Wohnhäusern.

 

Die Bedeutung dieses zunächst vermeintlich so klaren Begriffs wird allerdings umso unklarer, je länger man ihn unter der juristischen Lupe betrachtet.

 

Da sich bisher kein allgemeiner, eindeutiger Sprachgebrauch zum Begriff „Wohnfläche” entwickelt hat, konnte auch aus dem allgemeinen Sprachgebrauch keine bestimmte Berechnungsart entstehen. Eine gesetzliche Bestimmung zur Berechnung der „Wohnfläche” existiert derzeit nicht. Die Verankerung einer Methode zur Berechnung der Wohnungsfläche ist im Rahmen des Mietrechtsnovellierungsgesetzes geplant.

 

Im Bereich des Mietrechts kommt zur Berechnung der Wohnfläche die Heranziehung der Wohnflächenverordnung (WohnFlV) – in der Praxis der häufigste Fall – in Betracht. Deren Anwendung ist jedoch, da es sich um eine Verordnung und kein Gesetz handelt, nicht zwingend.

 

Daneben können zur  Berechnung der Wohnfläche die Vorgaben der DIN 277 oder der DIN 283 herangezogen werden.

 

Alternativ kann jedoch auch ein ortsüblicher oder ein nach Art der Wohnung naheliegender Berechnungsmodus gewählt werden. Gleichzeitig besteht auch die Möglichkeit, dass die Parteien der Wohnfläche im Einzelfall eine abweichende Bedeutung zumessen.

 

Da für das Kaufrecht keine eigenen Grundsätze entwickelt wurden, sind die mietrechtlichen Berechnungsmethoden entsprechend heranzuziehen.

 

Die zur Verfügung stehenden vielfältigen Berechnungsmodi regeln allerdings teilweise sehr unterschiedlich, welche Flächen zur Wohnfläche gerechnet werden. Dies hat zur Folge, dass die verschiedenen Ansätze unter Umständen divergierende Ergebnisse produzieren, es also zu den eingangs erwähnten Abweichungen kommt. Aus diesem Grund wurde diskutiert, ob Vermieter, Verkäufer und Makler dazu verpflichtet sind, die einer Exposé-Angabe zugrunde liegende Berechnungsmethode offenzulegen.

 

2. Keine Aufklärungspflichten des Verkäufers

Diesem Ansinnen ist der BGH – für den Fall des Verkaufs eines Wohnhauses – in seiner Entscheidung vom 6. November 2015 –
V ZR 78/14 entschieden entgegengetreten. Den Verkäufer trifft danach keine weitergehende Aufklärungspflicht.

 

Der Kaufinteressent kann – so der BGH – nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB und der Verkehrsanschauung nicht erwarten, vom Verkäufer von sich aus darüber informiert zu werden, welche Wohnfläche das zum Verkauf stehende Haus nach den jeweils verschiedenen für eine Wohnflächenermittlung einschlägigen Normen hat. Vielfach wird ein Verkäufer, der nicht über die notwendigen Fachkenntnisse verfügt, auch nicht in der Lage sein, die gewünschte Auskunft zu erteilen.

 

Eine entsprechende Anwendung der Entscheidung auf Vermieter ist aufgrund der Vergleichbarkeit der Konstellation angezeigt.

 

Ob darüber hinaus fachkundige Verkäufer (insbesondere Immobilienmakler) zu weitergehenden Informationen verpflichtet sind, hat der BGH in seiner Entscheidung offen gelassen. Solange dies nicht eindeutig höchstrichterlich geklärt ist, ist es für fachkundige Verkäufer grundsätzlich der sicherste Weg, von sich aus Angaben zu konkreten Berechnungsmethoden zu machen.

 

3. Rechtsfolge bei abweichenden Angaben im Exposé

Sofern allerdings erst im laufenden Vertragsverhältnis festgestellt wird, dass die Angaben im Exposé nicht mit der in der Regel nach Vertragsschluss (beispielsweise von einem Architekten) ermittelten Wohnfläche übereinstimmen, versucht der Mieter oder Käufer in der Regel gegen den Vermieter oder Verkäufer vorzugehen – nicht immer mit dem von ihm gewünschten Ausgang.

 

3.1. Mietrecht

So hat unter anderem das LG München I im Urteil vom 21. Januar 2016 – 31 S 23070/14 festgestellt, dass die alleinige Angabe der Wohnfläche in einem Inserat bzw. Exposé nicht zur Annahme einer konkludenten Wohnflächenvereinbarung genügt.

 

Das Gleiche gilt in Bezug auf eine lediglich formlose Mitteilung durch einen Makler.

 

Sofern im Mietvertrag keine Angabe zur Größe der angemieteten Wohnung getroffen wurde, fehlt es an einer ausdrücklichen Vereinbarung. In Betracht kommt dann nur, in den Exposé-Angaben eine konkludente Vereinbarung einer bestimmten Wohnflächengröße zu sehen. Da die Beschreibung im Inserat aber vielfach lediglich dazu dient, die Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer auf die Immobilie zu lenken und diese bestmöglich anzubieten, sind Exposé-Angaben als eine bloße Beschreibung der Immobilie zu bewerten.

 

Zudem kann ein Vermieter annehmen, dass der Mieter, wenn ihm die Wohnfläche wichtig ist, auf deren Aufnahme in den Mietvertrag besteht oder entsprechende detaillierte schriftliche Angaben im Vorfeld des Vertragsschlusses verlangt. Der Mieter kann folglich gegen den Vermieter keine Ansprüche wegen fehlerhafter Exposé-Angaben herleiten.

 

Auch fehlerhafte Angaben eines beteiligten Immobilienmaklers muss sich der Vermieter nicht automatisch gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Die Zurechnung ist nur möglich, wenn der Makler als Erfüllungsgehilfe des Vermieters tätig war. Die Erteilung von Auskünften über die Beschaffenheit der Wohnung unterfällt grundsätzlich der maklerspezifischen Vermittlungstätigkeit. Die Einordnung als Erfüllungsgehilfe wäre dann anzunehmen, wenn der Makler eine vermieterspezifische Tätigkeit ausübt. Dies wäre im Rahmen einer für die Klägerin getätigten Verhandlungsführung oder unter vergleichbaren Umständen anzunehmen. Ob die Zurechnung erfolgen kann, ist von den jeweiligen fallspezifischen Einzelfallumständen abhängig und bedarf daher auch einer Abwägung im Einzelfall.

 

3.2. Kaufrecht

Im Kaufrecht gilt seit der Entscheidung des BGH im Urteil vom

6. November 2016 – V ZR 78/14, dass eine Beschreibung des Grundstücks oder Gebäudes – beispielsweise in einem Inserat – in der Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung führt, wenn die Eigenschaft keinen Niederschlag in der notariellen Kaufvertragsurkunde findet. Die Entscheidung folgt der einhelligen Auffassung im Schrifttum, wonach Beschaffenheitsvereinbarungen der für den Vertrag vorgesehenen Form bedürfen und daher in die notarielle Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden müssen.

 

Sofern sich die Wohnflächenangaben somit lediglich in einem (Makler-)Exposé oder ähnlichen Informationsquellen, nicht aber in der notariellen Kaufvertragsurkunde finden, kann der Käufer keine Mängelrechte gegen den Verkäufer geltend machen.

 

Ihm verbleibt lediglich ein Anspruch auf Schadensersatz gerichtet auf Ersatz des Vertrauensschadens wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten, für den Fall, dass dem Verkäufer vorsätzliche falsche Angaben über die Eigenschaft der Kaufsache nachzuweisen sind.

 

4. Fazit

Insofern ist festzustellen, dass die Angaben in Inseraten oder Exposés für sich genommen keinen verbindlichen Charakter haben. Daher kann es zum einen sinnvoll sein, die hinsichtlich der Wohnflächenangaben in Exposés gewählte Berechnungsmethode zu er- bzw. hinterfragen. Zum anderen sollte der Mieter bzw. Erwerber sowohl bei der Anmietung als auch beim Ankauf darauf achten, dass im Miet- oder notariellen Kaufvertrag Angaben zur Wohnfläche getroffen werden.

 

Um sich spätere Ansprüche gegen den Vertragspartner zu wahren, ist in jedem Fall die Einholung fachkundigen Rats im Vorfeld des Vertragsschlusses empfehlenswert.

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Ester Thanner LL.M.

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Wirtschaftsmediatorin (MuCDR), Zertifizierte Mediatorin

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