Die öffentliche Finanzierung von Regionalflughäfen*

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Autor: Dr. Benjamin Linke

veröffentlicht am 27. Oktober 2014

 

Flughäfen spielen eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung von Regionen, in denen sie liegen. Diese Erkenntnis führte auch in jüngerer Vergangenheit in Deutschland zur Errichtung sogenannter Regionalflughäfen. Diese Flughäfen sind, mangels einer vollständigen Kostendeckung, zu nicht unerheblichen Teilen auf öffentliche Unterstützung angewiesen.

 

In Deutschland beendeten in jüngster Vergangenheit etwa nur sechs der 22 internationalen Verkehrsflughäfen das Wirtschaftsjahr mit einem positiven Nettoergebnis. In anderen europäischen Ländern sieht die Bilanz ähnlich aus. Die Europäische Kommission hat aus diesem Grunde vergleichsweise häufig mit der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung von Unterstützungsleistungen für Flughäfen zu tun. Diese Leistungen müssen sich am Europäischen Beihilfenrecht messen lassen. Die Anzahl der Verfahren und die Intention, den Luftverkehr effizienter zu gestalten, haben die Europäische Kommission dazu veranlasst, ihre Prüfungspraxis in Bezug auf die beihilfenrechtliche Qualifizierung derartiger Maßnahmen zugunsten von Flughäfen zu überdenken. Das Ergebnis ist in Form von Leitlinien1 für die Finanzierung von Flughäfen und die Gewährung staatlicher Anlaufbeihilfen für Luftfahrtunternehmen auf Regionalflughäfen veröffentlicht worden. Diese seit April diesen Jahres geltenden Leitlinien wird die Kommission künftig ihrer Beurteilung in Beihilfeprüfverfahren im Bereich des Luftverkehrs zugrunde legen.
 
Der neue Beurteilungsrahmen stellt Regionalflughäfen vor große Herausforderungen. Eine beihilfenrechtlich relevante Maßnahme kann in jedem mittelbar oder unmittelbar zugunsten von Flughäfen oder auch Luftverkehrsgesellschaften gewährten Vorteil zu sehen sein. Beihilfen müssen dabei den in den neuen Leitlinien niedergelegten Maßstäben genügen, um von der Kommission als zulässige Maßnahmen notifiziert zu werden. Die Vorteilsgewährung muss dabei der Kommission vor der Durchführung der Maßnahme zur Prüfung vorgelegt werden. Die Prüfung durch die Kommission kann erfahrungsgemäß zwischen zwei Monaten und mehreren Jahren beanspruchen, je nachdem, wie komplex sich die Bewertung der Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Binnenmarkt gestaltet und ob die Kommission Bedenken im Hinblick auf eine solche Vereinbarkeit anmeldet. Eine frühzeitige Planung von Unterstützungsmaßnahmen zugunsten von Flughäfen ist daher in jedem Fall empfehlenswert. Ebenso sollte frühzeitig die Einhaltung der Vorgaben aus den Leitlinien sichergestellt werden. Wird eine Beihilfe bei der Kommission nicht notifiziert, kann diese im Fall einer Aufdeckung des Sachverhalts die Rückforderung der Mittel durch den gewährenden Staat anordnen. Bei einer entsprechenden Höhe der gewährten Zahlungen kann dies das Unternehmen vor die Insolvenz stellen.
 
Die Anmeldung bei der Kommission ist lediglich dann entbehrlich, wenn die Maßnahme nicht als Beihilfe zu qualifizieren ist. Dies ist grundsätzlich nur dann der Fall, wenn die Durchführung der Maßnahme hypothetisch auch durch einen marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsteilnehmer vorgenommen worden wäre (sog. Private-Investor-Test). Die Kommission prüft im Rahmen dieses Tests, ob ein eventuell auch nur an einer längerfristigen Rentabilität interessierter privater Wirtschaftsbeteiligter in einer vergleichbaren Lage auf der Grundlage der Rentabilitätsaussichten und unabhängig von allen sozialen oder regionalpolitischen Überlegungen oder Erwägungen einer sektorbezogenen Politik die Zuwendungen gewährt hätte. Maßgeblich für die Beurteilung der Marktwirtschaftlichkeit des Handelns ist der Zeitpunkt der Gewährung der Zuwendung (ex-ante-Ansatz), während nachträgliche, unvorhersehbare Entwicklungen bei der Bewertung keine Rolle spielen. Voraussetzung für die Erfüllung des Private-Investor-Tests ist eine solide Wirtschaftlichkeitsprognose in Bezug auf die Unternehmung. Keine Beihilfe liegt sodann vor, wenn sich die Investition in den Flughafen voraussichtlich im Laufe ihrer Lebensdauer amortisiert, wobei nicht nur die Investitionskosten, sondern auch die (kalkulatorischen) Kapitalkosten und ein angemessener Gewinn  zu berücksichtigen sind. Der Private-Investor-Test geht nicht selten mit der Untersuchung komplexer wirtschaftlicher Zusammenhänge einher, weswegen es sich anbietet, für die Begutachtung Wirtschaftsprüfer oder ähnliche Sachverständige einzubinden.
 
Kommt es zu einer Anmeldung der Maßnahme bei der Kommission, ist ein ganzer Katalog von in den neuen Leitlinien niedergelegten Voraussetzungen zu erfüllen. Die Gewährung von Betriebsbeihilfen für Flughäfen ist dabei – im Gegensatz zu Investitionsbeihilfen für die Errichtung oder den Ausbau von Infrastruktur – nur noch für einen Übergangszeitraum von 10 Jahren ab dem Erlass der Leitlinien möglich. Unrentabel arbeitende Flughäfen werden von der Kommission daher unter Druck gesetzt. Sie müssen sich anschicken, neue Einnahmequellen zu erschließen oder ihre Kosten zu reduzieren, um nach Ablauf des Übergangszeitraums ohne staatliche Betriebskostenzuschüsse auskommen zu können.
 
Beihilfen zum Ausbau oder der Errichtung von Flughafeninfrastruktur werden von der Kommission grundsätzlich als nicht vereinbar mit dem Binnenmarkt angesehen, wenn im Einzugsgebiet eines bestehenden und nicht voll oder wenigstens nahezu voll ausgelasteten Flughafens ein anderer Flughafen errichtet oder ausgebaut werden soll. Es sind daher im Vorfeld Betrachtungen anzustellen, ob neue (Aus-) Bauten im Hinblick auf bereits bestehende Infrastrukturen tatsächlich notwendig sind. Überdies dürfen auch regelmäßig nicht alle Kosten einer Infrastrukturmaßnahme ausgeglichen werden. Vielmehr hat die Kommission in ihren Leitlinien unterschiedliche Beihilfehöchstintensitäten festgelegt, die nicht überschritten werden dürfen. Deren Höhe bemisst sich nach der Größe des jeweiligen Flughafens.
 
Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Kommission durchaus ernst macht mit der Überlegung, künftig unwirtschaftliche Unternehmungen im Flughafenbereich zugunsten eines stabileren Gesamtmarktes untergehen zu lassen. Flughäfen, die derzeit noch auf staatliche Unterstützung angewiesen sind – und dies sind nicht wenige – sollten daher frühzeitig anfangen, sich auf die neue Entscheidungspraxis der Kommission einzustellen.
 
 
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* Siehe zum Thema auch einen in Kürze in der Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) erscheinenden Artikel des Autors mit dem Titel „Die Leitlinien der Kommission zu staatlichen Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften – Wie steht es um die rechtskonforme staatliche Unterstützung von Flughäfen?”.
1 Mitteilung der Kommission – Leitlinien für staatliche Beihilfe für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften, ABlEU C 99/3 v. 04. April 2014.  
 
 

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